Wer denkt schon, wenn er das Wort "Spanien" hört, an Arbeit? Viele Menschen denken sicherlich zuerst an Urlaub, schließlich ist Spanien eines der beliebtesten Urlaubsländer der Deutschen. An Arbeit werden spontan die wenigsten denken. Dabei ist der spanische Markt durchaus interessant für deutsche Unternehmen. Das gilt auch besonders für deutsche Handwerksbetriebe aus dem Bau- und Ausbaugewerbe – große Teile der Bausubstanz sind sanierungsbedürftig. Für solche Betriebe gehören aber weniger spanische Kunden oder Unternehmen zur Zielgruppe als vielmehr deutsche Immobilienbesitzer.
"In Spanien leben viele Deutsche, die dort auch ein Haus besitzen", erklärt Gabriele Röder-Wolff. "Sie schätzen die Qualität deutscher Handwerksbetriebe, die spanische Unternehmen oft nicht bieten können", so die Außenwirtschaftsberaterin der Handwerkskammer Dortmund. Die Ausbildung der Handwerker ist in Spanien anders aufgebaut als in Deutschland und rein schulisch. Schon allein deswegen hätten deutsche Handwerker zunächst einen Vorteil gegenüber ihren spanischen Kollegen.
Registrierung für deutsche Handwerker nötig
Da das Land auf der iberischen Halbinsel Mitglied der Europäischen Union ist, genügt zur Einreise ein Personalausweis oder Reisepass, solange der Aufenthalt nicht über drei Monate dauert. Deutsche Handwerker, die dort Dienstleitungen erbringen wollen, müssen aber einige Dinge beachten. "Wenn sich ausländische Unternehmen länger als acht Tage in Spanien aufhalten, sind sie verpflichtet, sich vor Arbeitsbeginn online bei der zuständigen Provinzverwaltung zu registrieren", teilt die Außenwirtschaftsberaterin mit. Dazu muss sich der Betrieb bei der Arbeitsbehörde (Departamento de Trabajo) in das Verzeichnis "Registro de Empresas Acreditadas" (REA) eintragen lassen. Diese Meldung bleibt für drei Jahre gültig.
Betriebe reglementierter Berufe können ihre Berufsbefähigung mit der EU-Bescheinigung nachweisen. Die zuständige Handwerkskammer kann sie ausstellen. Unternehmen gefahrengeneigter Berufe sollten sich informieren, ob zusätzlich Genehmigungen erforderlich sind und ob ihre Mitarbeiter besondere Schulungen absolvieren müssen, um in Spanien arbeiten zu dürfen. Hinzu kommt die Anmeldung aller entsandten Mitarbeiter bei der zuständigen Arbeitsbehörde der Provinz am Arbeitsort (Subdirección General de Trabajo).
Arbeitsrechtliche Vorgaben einhalten
Die in Spanien geltenden arbeitsrechtlichen Vorgaben sind auch für ausländische Unternehmen obligatorisch. Das betrifft sowohl tariflich vereinbarte Mindestlöhne (diese liegen oft unter dem Lohn deutscher Handwerker) als auch die Arbeitszeit (40 Stunden in der Woche, höchstens neun Stunden am Tag, 1,5 Tage Ruhezeit in der Woche). Pro Jahr und Mitarbeiter dürfen bis zu 80 Überstunden geleistet werden. Im Hinblick auf die Sozialversicherungspflicht gelten für deutsche Mitarbeiter in Spanien auch weiterhin die deutschen Rechtsvorschriften, solange die Entsendung nicht länger als 24 Monate dauert. Für den Nachweis der Sozialversicherung dient das Formular A1, das die gesetzliche Krankenkasse des Arbeitnehmers ausstellt.
Achtung bei Betriebsstätten. Ein deutsches Unternehmen errichtet automatisch und rückwirkend eine Betriebsstätte, wenn es länger als ein Jahr auf einer Baustelle in Spanien tätig ist. Wichtig: Arbeitsverzögerungen oder -unterbrechungen bewirken keine Fristunterbrechung. Besteht eine Betriebsstätte, sind die dort erwirtschafteten Gewinne in Spanien zu versteuern. Alle Mitarbeiter werden dann auch einkommensteuerpflichtig.
Ist das deutsche Handwerksunternehmen der Hauptauftragnehmer, muss es die Baustelle vor Beginn der Bautätigkeit bei der zuständigen Stadtverwaltung (Delegación Provincial de Trabajo y Empleo) anmelden. Röder-Wolff: "Deutsche Subunternehmer sollten vor Arbeitsaufnahme mit dem Auftraggeber klären, welche Nachweise vorliegen müssen und welche Vorschriften zu beachten sind. Größere Umbauten müssen von einem spanischen Archtiketen betreut werden."
Steuerrechtliche Pflichten beachten
Deutsche Handwerksunternehmen, die in Spanien Dienstleistungen ausüben, sollten sich außerdem vor ihrem Auslandseinsatz über die steuerrechtlichen Pflichten informieren. Für die Mehrwertsteuer gilt: "Bei Dienstleistungen gegenüber gewerblichen Kunden greift das Reverse-Charge-Verfahren", erklärt Röder-Wolff. Das heißt, hier muss nicht der Leistungserbringer die Mehrwertsteuer abführen, sondern der spanische Leistungsempfänger. Das deutsche Unternehmen muss sich in diesem Fall nicht umsatzsteuerlich registrieren. "Das müssen sie aber tun, wenn sie für Privatpersonen arbeiten."
Dazu muss der Unternehmer zunächst eine Ausländeridentitätsnummer (Número de Identificación de Extranjeros – NIE) beantragen, das geht bei spanischen Konsulaten in Deutschland oder der Ausländerpolizei in Spanien. Erst danach kann er bei der spanischen Finanzverwaltung eine Steuernummer beantragen (Código de Identificación Fiscal – CIF). Der volle Umsatzsteuersatz (Impuesto sobre el valor añadido – IVA) beträgt 21 Prozent. Das spanische Finanzamt erwartet eine monatliche oder vierteljährliche Umsatzsteuermeldung.
Ob Kundenanfrage oder ein zweites Standbein im Ausland – die Außenwirtschaftsberater des Handwerks stellen für Spanien und eine Reihe weiterer Länder kostenlose Merkblätter und weitergehende Informationen zur Dienstleistungserbringung bereit und geben individuelle praktische Hinweise, auf Wunsch auch vor Ort im Betrieb, bei der Auftragsabwicklung und Hilfestellung bei der Markterschließung. Grundsätzlich ist es ratsam, sich an die Außenwirtschaftsberater der Handwerkammern zu wenden, bevor man den Auslandseinsatz startet, sei es in Spanien oder in anderen Ländern
Zielgruppe deutsche Immobilienbesitzer
Annette und Arnold Kath aus Bochum haben eine Schwäche für Spanien – seit vielen Jahren schon. Sie machen in dem Land gerne Urlaub, sind aber jetzt auch immer öfter geschäftlich dorthin unterwegs und wollen sich dort ein zweites Standbein aufbauen. Gemeinsam mit dem Architekten Wilhelm Lux wollen sie in der Nähe von Cala Ratjada auf Mallorca ein Null-Energie-Wohngebäude errichten, es als Ferienwohnung vermieten, vor allem aber auch als Musterhaus nutzen, um ihre Dienstleistungen künftig auch in Spanien an den Mann zu bringen. Zur Zielgruppe sollen dabei vor allem deutsche Immobilienbesitzer gehören.
Annette Kath ist Geschäftsführerin der Kath, Wolff & Partner GmbH. Arnold Kath ist Inhaber der BKM-Energieberater-Bochum. Gemeinsam bieten sie Leistungen rund ums Haus an. Dazu gehören Reparaturen, Wartung, Sanierung, aber auch Neu- und Anbauten höchsten energetischen Standards, von der Planung bis hin zur Ausführung. "Die Idee, in Spanien geschäftlich aktiv zu werden, kam uns, als eine Freundin uns von ihrer defekten Solarthermieanlage erzählt hatte. Sie besitzt dort ein Hotel und hatte Probleme, jemanden zu finden, der den Schaden reparieren konnte", berichtet Annette Kath. In der Tat sind spanische Fachkräfte in diesem Bereich rar, was die Chancen für deutsche Handwerker erhöht.
Um ihr Engagement in Spanien vorzubereiten, haben Annette und Arnold Kath an einer Markterkundungsreise der NRW-Handwerkskammern teilgenommen und dabei auf der Messe "Business de Baleares" in Palma de Mallorca ausgestellt. Das ist eine deutschsprachige Ein-Tages-Messe, die den Charakter einer Verbraucherausstellung mit vielen Informationen rund um das Bauen hat. "Dort konnten wir potenzielle Kunden ansprechen und ein Gefühl für den Markt entwickeln. Außerdem konnten wir Kontakte zu Bausachverständigen aufbauen und verschiedene Unternehmen besuchen", erklärt Arnold Kath. So sei schon ein kleines Netzwerk entstanden, das für den geplanten Auslandseinsatz sehr nützlich werden kann.
Den Winter in Deutschland überbrücken
Aktuell befindet sich das Projekt in der fortgeschrittenen Planung. Für den Grundstückskauf liegt bereits ein Vorvertrag vor und die Baugenehmigung ist beantragt. Langfristiges Ziel ist es, das Geschäft in Spanien so weit auszubauen, dass sie den Winter in Deutschland, in dem das Bauen schwierig ist, überbrücken können. "Wenn das Geschäft gut läuft, wäre es auch denkbar, dass wir hier in Deutschland einen Ingenieur ausbilden, und mit ihm in Spanien eine Filiale eröffnen."
Die Schreinerei Jürgen Delmes aus Köln hat bereits einen Auftrag in Spanien ausgeführt. Einer ihrer Kölner Kunden hatte dort eine Finca gekauft, das Haus komplett saniert und neu möbliert. "Für ihn haben wir in Deutschland die kompletten Möbel angefertigt, Küche, Bad-, Wohnzimmer-, Schlafzimmermöbel, Regale und Einbauschränke", sagt Martina Delmes. "Die Möbel haben wir dann per Spedition nach Spanien geschickt und vor Ort montiert", so die Unternehmerfrau. Dazu war Geschäftsführer Jürgen Delmes gemeinsam mit drei seiner Mitarbeiter 14 Tage in Spanien.
Absolutes Neuland betreten
"Dieser Auslandseinsatz war absolutes Neuland für uns. Für die Formalitäten brauchten wir unbedingt Hilfe", sagt Martina Delmes. Die haben sie bekommen, und zwar von der Exportfördergesellschaft Bayern Handwerk International. "Ein Berater hat uns durch alle nötigen Genehmigungsverfahren geleitet." Bei der Übersetzung von Dokumenten und der umsatzsteuerlichen Registrierung war die Auslandshandelskammer Spanien eine Unterstützung. Trotz des vergleichsweise hohen Aufwands bei dem Auftrag habe sich das Engagement in Spanien gelohnt.
Mit dieser positiven Erfahrung ist die Schreinerei Jürgen Delmes nun offen, weitere Aufträge im spanischen Ausland anzunehmen. "Die Grundlagen haben wir ja jetzt mit dem ersten absolvierten Auftrag gelegt, vor allem im Hinblick auf den bürokratischen Aufwand, der zu leisten ist, wenn man noch gar nicht in Spanien gearbeitet hat", erklärt Martina Delmes. "Wir haben auch schon an einer Unternehmerreise teilgenommen." Hier haben sie ebenfalls auf der "Business de Baleares" ausgestellt. "Jetzt lassen wir mögliche Aufträge auf uns zukommen. Aktive Akquise betreiben wir aber noch nicht." Was sich allerdings ändern kann. Auf jeden Fall hat die Schreinerei noch ein As im Ärmel, falls das Geschäft in Deutschland mal abflauen sollte.
Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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