Entschädigung, weil Kfz-Ersatzteil Lieferengpass hatte
Verzögert sich die Reparatur eines Unfallwagens wegen Lieferproblemen bei einem Ersatzteil, muss die Kfz-Versicherung dem Unfallopfer eine Entschädigung für den gesamten Zeitraum zahlen.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Autowerkstatt und Kunde: Eine besondere Beziehung
Unfallgeschädigte müssen nicht bei Werkstätten oder Autoherstellern nachforschen, ob dort Ersatzteile verfügbar sind. Verspätet sich eine Lieferung und verzögert sich daher die Reparatur, muss die Versicherung des Unfallverursachers auch die ausgefallene Nutzung des Wagens erstatten – und zwar komplett.
Der Fall
Weil ein Autofahrer eine rote Ampel ignorierte hatte, stieß er mit einem anderen Wagen zusammen. Dass die Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers die Reparaturkosten des angefahrenen Wagens übernehmen musste, stand also fest. Die beiden stritten sich aber anschließend darüber, wie hoch die Entschädigung für den Nutzungsausfall des Autos während der Reparatur sein sollte. Denn die Reparatur zog sich ziemlich lange hin – 104 Tage –, weil das neue Airbag-Modul nicht geliefert werden konnte.
Die Kfz-Versicherung weigerte sich, für den gesamten Zeitraum zu zahlen. Sie argumentierte, dass das Unfallopfer trotz eines komplizierten Reparaturschadens mit Eingriff in die Fahrzeugelektronik nicht an eine markengebundene Fachwerkstatt gewandt habe, sondern an eine günstige Spezialfirma, sei es zu einer Vielzahl an Fehlern und Verzögerungen gekommen. Damit habe der Autofahrer seine Schadensminderungspflicht verletzt..
Der Unfallgeschädigte klagte daher, er scheiterte aber zunächst am Landgericht. Die Richter dort waren der Ansicht, der Betroffene hätte für "eine zeitnahe Reparatur sorgen müssen", in jedem Fall aber der Versicherung die Gelegenheit geben müssen, einen anderen Reparaturbetrieb einzuschalten.
Das Urteil
Das Oberlandesgericht (OLG) sah das anders. Verzögere sich die Reparatur wegen unvorhersehbaren Lieferschwierigkeiten bei einem Ersatzteil, könne das Unfallopfer eine Entschädigung für den Nutzungsausfall über die gesamte Reparaturdauer verlangen, urteilte das OLG. Der geschädigte Autofahrer sei für die Lieferprobleme nicht verantwortlich.
Auch wenn er eine kostengünstige Werkstatt ausgewählt habe: Es gebe keinen Grund für die Annahme, dass die Werkstatt die Reparatur nicht effizient und schnell ausführen könnte. Unfallgeschädigte müssten auch nicht selbständig bei anderen Werkstätten oder beim Autohersteller nachforschen, ob dort Ersatzteile verfügbar seien. Lieferschwierigkeiten seien in der Regel nicht auf eine Werkstatt beschränkt. Dafür habe es auch im konkreten Fall keine Anhaltspunkte gegeben. Der Unfallgeschädigte müsse sich auch nicht mit einer Teilreparatur ohne das Airbag-Modul abfinden. Die damit verbundenen Nachteile müsse man nicht in Kauf nehmen.
Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 9. März 2021, Az. 1 U 77/20
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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