Erbschaftsteuer: Das sind die neuen Regeln
Das Erbschaftsteuerrecht ist unter Dach und Fach. Das müssen Firmenerben jetzt beachten.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Betrieb übergeben? Betrieb übernehmen?
Das neue Gesetz betrifft alle Erb- und Schenkungsvorgänge rückwirkend zum 1. Juli 2016. Erben von Handwerksbetrieben werden in der Regel im Bereich des begünstigten Unternehmensvermögens liegen (Grenzwert: 26 Millionen Euro) und weiterhin den Verschonungsabschlag nutzen können.
Für sie gibt es entweder die Möglichkeit der "Regelverschonung" oder der "Optionsverschonung" von der Erbschaftsteuer:
Bei der Regelverschonung gibt es für die Erben einen Abschlag von 85 Prozent auf das begünstigte Vermögen. Vorausgesetzt, der Erwerber führt den Betrieb fünf Jahre lang weiter und behält die Gesamtsumme der jährlichen Lohnzahlungen bei. Dies ist die sogenannte Lohnsummenklausel.
Die Optionsverschonung ermöglicht Firmenerwerbern einen Abschlag von 100 Prozent auf das begünstigte Vermögen. Sie müssen den Betrieb dann aber sieben Jahre bei gleicher Lohnsumme fortführen.
"Um die Steuervorteile nicht zu gefährden, sollten Firmen jährlich prüfen, ob die Lohnsumme der gesetzlichen Vorgabe entspricht," rät Dr. Stephanie Thomas, Rechtsanwältin und Steuerberaterin der Wirtschaftskanzlei WWS in Mönchengladbach.
Zur Lohnsumme gehören alle Geld- und Sachleistungen, also insbesondere auch einmalige Zahlungen wie Weihnachtsgeld, Prämien, Provisionen und geldwerte Vorteile wie die verbilligte Vermietung einer Betriebswohnung oder das verbilligte Kantinenessen. Erhöhungen des entsprechenden Tariflohnes werden ebenfalls berücksichtigt (Quelle: ZDH). Beschäftigte in Mutterschutz oder Elternzeit, Azubis, Saisonarbeiter und Langzeiterkrankte werden weder bei der Beschäftigtenzahl noch bei der Lohnsumme mitgerechnet.
Ausnahmen für kleinere Betriebe
Firmen mit bis zu fünf Mitarbeitern sind von der Lohnsummenklausel ganz befreit.
Ab sechs bis 15 Mitarbeitern gelten bei der Lohnsumme reduzierte Anforderungen:
- Wer zwischen sechs und zehn Beschäftigte hat, muss eine geringere Mindestlohnsumme nachweisen. Bei der Regelverschonung sind das 250 statt 400 Prozent nach fünf Jahren. Bei der Optionsverschonung beträgt die Lohnsumme 500 Prozent innerhalb von sieben Jahren.
- Firmen mit mehr als zehn, aber nicht mehr als 15 Beschäftigten sollen eine Lohnsumme von 300 Prozent nachweisen (beziehungsweise 565 Prozent bei der Optionsverschonung).
Stellt sich heraus, dass ein Betrieb die Lohnsumme nicht einhalten kann, verringert sich der Verschonungsabschlag prozentual.
Nicht begünstigt ist das Verwaltungsvermögen
Steuerlich nicht begünstigt ist das Verwaltungsvermögen. Dazu gehören vermietete Immobilien, Wertpapiere oder Kunstgegenstände. Neuerdings zählen dazu auch Briefmarkensammlungen, Oldtimer, Yachten oder Segelflugzeuge.Zudem ist die Optionsverschonung nur bis zu einem Verwaltungsvermögensanteil von 20 Prozent am Unternehmensvermögen vorgesehen. Bei einer Quote von 90 Prozent ist gar keine Verschonung mehr möglich.
"Damit gewinnt der Anteil des Verwaltungsvermögens am Betriebsvermögen erheblich an Bedeutung", sagt Stephanie Thomas. Da das Gesetz für die Einstufung etlicher materieller Vermögenswerte keine Standardverfahren vorsieht, sei das Thema besonders streitanfällig.
"Unternehmen sollten frühzeitig ihr Verwaltungsvermögen auf den Prüfstand stellen und nach Möglichkeit minimieren. Besonderes Augenmerk sollten Firmen dabei auf ihre Finanzmittel legen, da diese oft unterschätzt werden," so die Steuerberaterin.
Wenn das Betriebsvermögen mehr als 26 Millionen Euro beträgt
Eine Steuerbegünstigung ist auch möglich, wenn das begünstigte Betriebsvermögen mehr als 26 Millionen Euro beträgt, sagt Steuerberaterin Stephanie Thomas. In diesem Fall haben Firmenerwerber zwei Möglichkeiten:
- Entweder sie wählen den Verschonungsabschlag, der sich je 750.000 Euro über dem Betrag von 26 Millionen Euro um jeweils einen Prozentpunkt verringert. Ab 90 Millionen Euro begünstigtem Vermögen ist dann kein Verschonungsabschlag mehr möglich.
- Alternativ können sie sich für die sogenannte "Verschonungsbedarfsprüfung" entscheiden. Dann wird die Steuer erlassen, allerdings müssen die Nachfolger nachweisen, dass eine Erbschaft- oder Schenkungsteuerzahlung für sie nicht möglich ist. "Bei der Bedarfsprüfung wird neben dem Unternehmensvermögen das gesamte Privatvermögen offengelegt und bewertet", gibt Stephanie Thomas zu bedenken. "Firmeninhaber sollten diese Option nicht vorschnell zugunsten des Verschonungsabschlags verwerfen, sondern die Chancen und Risiken einer Bedürfnisprüfung sorgfältig abwägen."
Der Gesetzgeber biete Familienunternehmen eine zusätzliche Gestaltungsoption, so Thomas. Firmen können einen Vorweg-Abschlag von bis zu 30 Prozent in Anspruch nehmen. Der Abschlag reduziere noch vor Anwendung der Regel- oder Optionsverschonung das steuerbegünstigte Vermögen. Bedingung: Der Gesellschaftsvertrag ist mit Verfügungs-, Entnahme- und Abfindungsbeschränkungen ausgestattet. Zudem müssen die Regelungen zwei Jahre vor und 20 Jahre nach der Unternehmensübertragung gelten.
Wann wird die Steuer fällig?
Erben müssen ihre Steuerschuld nicht sofort begleichen. Steuern auf das begünstigte Vermögen können bis zu sieben Jahre lang gestundet werden. Die Steuer muss dann in sieben Jahresraten gezahlt werden. Zinsfrei bleibt die Stundung allerdings nur im ersten Jahr, danach werden jährlich satte sechs Prozent Zinsen fällig.
Voraussetzung ist, dass Unternehmen die Behaltensfrist und die Lohnsummenklausel einhalten. "Vorsichtshalber sollten Firmen etwa eineinhalb Jahre vor Ablauf der Frist die Lohnsumme genau prüfen", rät WWS-ExpertinThomas. "So bleibt noch Zeit, um im Bedarfsfall gegenzusteuern."
Die Reform erhöhe übrigens nicht unbedingt die Rechtssicherheit, sind die Experten der Wirtschaftskanzlei WWS aus Mönchengladbach überzeugt. Aufgrund einiger unklarer Vorgaben seien Auseinandersetzungen vor den Finanzgerichten programmiert.
Bewertung des Unternehmens
Die Handwerkskammern und Fachverbände des Handwerks bieten im Rahmen ihrer Betriebsberatung einen in der Regel kostenfreien Bewertungsservice nach dem einheitlichen Standard der Arbeitsgemeinschaft der Wert ermittelnden Betriebsberater im Handwerk (AWH) an.
Foto: © stylephotographs/123RF.com
Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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