Nachfolge im Mittelstand: Übergeben oder schließen?
Bis Ende 2020 suchen 227.000 Unternehmen einen Nachfolger. Der Generationenwechsel bleibt ein Dauerthema. Gerade im Baugewerbe fehlen die Juniorchefs. Vor allem, wenn keiner aus der Familie möchte.
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Die gute Nachricht vorweg: In Deutschland wächst das Bewusstsein der Unternehmer für die Herausforderungen des Generationenwechsels. Noch nie haben sich mehr Firmenchefs frühzeitig mit ihrem altersbedingten Rückzug aus der Firma beschäftigt. Aktuell sind das 59 Prozent, so das KfW-Mittelstandspanel zum Thema Nachfolge.
Weitere gute Nachricht: Die Zahl der gesicherten Übergaben steigt. Fast zwei Drittel der Mittelständler, die bis 2020 eine Übergabe anstreben, haben die Nachfolge entweder bereits unter Dach und Fach gebracht oder führen konkrete Verhandlungen mit dem Nachfolger. Für etwa 141.000 kleine und mittlere Unternehmen ist absehbar, wer die Firma nach dem Rückzug des aktuellen Inhabers weiterführen wird. Im Vorjahr waren das 137.000.
Die vollständige Analyse finden Sie unter: www.kfw.de/fokus"Dass das Nachfolgemanagement auf der Agenda der aktuellen Inhabergeneration ein ordentliches Stück nach vorne gerückt ist, freut mich", sagt Dr. Jörg Zeuner, Chefvolkswirt der KfW Bankengruppe.
Denn das Thema drängt mehr denn je. Vier von zehn Chefs mittelständischer Betriebe sind älter als 55 Jahre. Zeuner: "Wenn man das wirtschaftliche Gewicht dieser Unternehmen beleuchtet, wird klar, dass vom Gelingen des Generationenwechsels viel abhängt."
Zwei Millionen Arbeitnehmer und 76.000 Azubis betroffen
Allein die bis 2020 zur Übergabe anstehenden 227.000 Mittelständler sind Arbeitgeber für fast zwei Millionen Erwerbstätige und 76.000 Auszubildende. "Sie investieren mit 9,3 Milliarden Euro etwa 2,4 Prozent aller Unternehmensinvestitionen hierzulande und zeichnen mit 283 Milliarden Euro für sechs Prozent der Gesamtumsätze des Mittelstands eines Jahres verantwortlich."
Trotzdem: 16 Prozent der Mittelständler, bei denen in Kürze die Nachfolge ansteht, haben sich noch gar nicht oder nur wenig vorbereitet. Auch wenn das im Vorjahr noch 26 Prozent waren, sind es immerhin noch 36.000 Firmeninhaber, für die die Zeit knapp wird.
Eine geordnete Übergabe dauert mehrere Jahre
Zeuner: "Eine geordnete Übergabe erfordert in der Regel mehrere Jahre Planung, erst recht, wenn der Nachfolger nicht aus der Familie stammt. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Unternehmenslenker nicht an ihren bisherigen Ruhestands- und Übergabeplänen werden festhalten können, ist groß."
Interessante Entwicklung: Bislang haben die meisten Firmenchefs eine Nachfolgelösung innerhalb der Familie vorgezogen. Jetzt liegt der Anteil mit 45 Prozent genau gleichauf mit dem Verkauf des Unternehmens an einen externen Käufer, also einen Existenzgründer, Finanzinvestor oder ein anderes Unternehmen.
Nachfolgebörsen wie etwa die Online-Börse www.nexxt-change.org oder die Betriebsbörsen der Handwerkskammern können eine hilfreiche Anlaufstelle sein.Im Vergleich zur Lösung innerhalb der Familie bringt die externe Nachfolgesuche jedoch einige Herausforderungen mit sich: Das Zusammenfinden von Verkäufer und Nachfolger ist schwieriger und mit höheren Transaktionskosten verbunden.
"Zentraler Enpassfaktor für das Finden externer Nachfolger ist die dünn besetzte nachrückende Unternehmergeneration. Die Gründerzahlen sinken seit Jahren aufgrund der guten Lage am Arbeitsmarkt. 2017 machten sich nur noch 557.000 Menschen selbständig. Insbesondere die übernahmewilligen Gründer werden seltener, ihre Zahl lag zuletzt bei 57.500 im Jahr", sagt KfW-Chefvolkswirt Zeuner. "Das sind deutlich zu wenige, um den in den nächsten Jahren hohen Bedarf an Unternehmensnachfolgern zu decken. Unternehmerische Kompetenzen zu vermitteln einer- und die Attraktivität des Unternehmertums weiter zu steigern andererseits sind daher eine zentrale Aufgaben einer zukunftsorientierten Bildungs- und Wirtschaftspolitik."
Viele Betriebe aus dem Baugewerbe werden geschlossen
Geplante Geschäftsaufgaben sind für viele die Alternative. Aktuell ist für 16 Prozent aller Inhaber eine Stilllegung der einzig denkbare Weg. Besonders Inhaber von Kleinstunternehmen mit weniger als fünf Mitarbeitern ziehen diese Variante häufig in Betracht (41 Prozent), für große Mittelständler ist eine Stilllegung nahezu keine Option (zwei Prozent). Im Verarbeitenden Gewerbe spielen Stilllegungsgedanken eine unterdurchschnittliche Rolle – wohingegen bei kleinen und mittleren Unternehmen aus dem Baugewerbe nahezu die Hälfte der Inhaber eine Geschäftsaufgabe in der Zukunft vorsieht.
Quelle: KfW
Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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