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HWK des Saarlandes | Oktober 2024
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Wie Handwerker den Widerruf des Kunden abwehrenl, lesen Sie hier. (Foto: © auremar/123RF.com)
Vorlesen:
Das wissen viele Unternehmer nicht: Privatkunden können seit 2014 unter bestimmten Umständen Verträge mit Handwerkern widerrufen. Mit weitreichenden Folgen für den Arbeitsalltag.
Der Fall kommt täglich vor: Ein Handwerker fährt zum Kunden, nimmt Aufmaß und macht noch vor Ort ein Angebot. Akzeptiert der Kunde dies, ist das Geschäft besiegelt. Diese Situation beschreibt das Gesetz als "außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag" (AGV).
Für solche Verträge gilt: Betriebe müssen ihre Verbraucher-Kunden rechtzeitig und umfassend über ihr Widerrufsrecht und die Wertersatzansprüche belehren! Grund ist das neue Verbraucherrecht, das den Widerruf nicht nur bei Fernabsatzgeschäften – wie zum Beispiel Internet-Bestellungen –, sondern auch bei Verträgen ermöglicht, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden.
Wertersatzanspruch bedeutet: Für solche Leistungen des Handwerkers, die von der Natur der Sache her nicht zurückgegeben werden können – also alle erledigten Arbeiten und verwendetes Material – schuldet der Verbraucher den Ersatz des Wertes, falls er den Vertrag widerruft. Allerdings nur dann, wenn der Unternehmer ihn vorher korrekt informiert hat.
Fehlt die Belehrung und beginnt der Handwerker vor Ablauf der Widerrufsfrist mit seiner Arbeit, geht er bei einem Widerruf leer aus! Ein Beispiel: Der Kunde widerruft den Vertrag über den Einbau einer Treppe, nachdem 75 Prozent der Arbeiten erledigt sind. Eine Belehrung gab es nicht, der Kunde verlangt Rückzahlung des Vorschusses. Der Handwerker muss dann den Vorschuss zurückzahlen, kann aber kein Geld für seine bisherige Arbeit verlangen. Außerdem ist das Material durch den Einbau Eigentum des Kunden geworden. Zu allem Überfluss kann ihn ein Konkurrent auch noch kostenpflichtig wegen verletzter Informationspflichten abmahnen.
Merke also: Nur eine ordnungsgemäße, schriftliche Belehrung der Kunden und die Einholung ebenfalls schriftlicher Bestätigungen können die bösen Folgen des Widerrufs verhindern. Praxistipp: Auf Nummer sicher geht, wer künftig auf Verträge vor Ort beim Kunden und auch auf Vereinbarungen per Handschlag verzichtet!
Vorsichtig sollte auch sein, wer zur Erstellung eines Kostenvoranschlags zum Kunden fährt und bereits dort den Vertrag bespricht: Unterbreitet der Handwerker dem Verbraucher noch vor Ort ein verbindliches Angebot oder wird der Auftrag gar erteilt, handelt es sich um einen AGV – mit der Folge der Belehrungspflicht. Kein AGV liegt dagegen vor, wenn der Vertrag erst im Anschluss zum Besuch beim Verbraucher per Telefon, Fax oder Mail geschlossen wird und die Kontaktaufnahme vom Verbraucher ausging. Achtung: Hat jedoch der Unternehmer den Verbraucher angesprochen, ist das ein AGV mit der Folge, dass belehrt werden muss!
Es gibt zum Glück allerdings auch Fälle, in denen der Kunde kein Widerrufsrecht hat: Bei Verträgen etwa über einen Neubau sowie über erhebliche Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude. Außerdem bei dringenden Reparaturen und Instandhaltungsarbeiten, zu die der Verbraucher den Handwerker ausdrücklich angefordert hat. Beispiele: Rohrbruch, Heizung ausgefallen, Beseitigung von Sturm- oder Hagelschäden. Ein Widerrufsrecht gibt es auch nicht, wenn die Ware untrennbar mit anderen Gütern vermischt wird, beispielsweise Wandfarbe.
Der Kunde kann ebenfalls nicht widerrufen bei Ware, die nach individuellen Vorgaben gefertigt wurde. Erforderlich ist hierfür allerdings, dass die Ware eindeutig nach Kundenwünschen angefertigt wurde, sozusagen einzigartig ist. Und nicht zuletzt: Sobald die Leistung vollständig erbracht wurde, erlischt das Widerrufsrecht. Das gilt aber nur, wenn der Verbraucher vorab belehrt wurde und ausdrücklich bestätigt hat, dass der Handwerker mit den Arbeiten vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnen soll.
Das Gesetz verlangt aber noch mehr: Unternehmer müssen Verbraucher nicht nur über ihr Widerrufsrecht belehren, sondern auch allgemeine Informationen zu dem Produkt oder der Dienstleistung, zu den Kosten und den Lieferbedingungen geben (Details siehe Infokasten). Diese Pflicht besteht unabhängig von der Vertragsform, also auch für Verträge, die in den eigenen Geschäftsräumen geschlossen werden.
Erleichterungen gibt es für kleinere Sofort-Reparaturen: Die Informationspflicht beschränkt sich in diesen Fällen auf die Kontaktdaten, auf Angaben zu den wesentlichen Eigenschaften, den Gesamtpreis und zum Widerrufsrecht. Die Voraussetzungen hierfür sind, dass der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich angefordert hat, die Arbeiten sofort erfüllt werden und die Vergütung nicht mehr als 200 Euro beträgt. Praxistipp: Der Kunde sollte den Erhalt der Informationen mit Unterschrift bestätigen.
Was passiert, wenn der Handwerker sich nicht an seine Pflichten hält? Ohne Belehrung kann der Kunde ein Jahr und 14 Tage lang den Vertrag widerrufen, mit der oben erwähnten Folge, dass der Handwerker unter Umständen kein Geld sieht. Auch Schadensersatzansprüche und Wettbewerbsverstöße mit kostenpflichtigen Abmahnungen drohen, wie dem Treppenbauer aus unserem Beispiel oben.
Ein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag (AGV) liegt vor, wenn:
• ein Unternehmer mit einem Verbraucher außerhalb der Geschäftsräume einen Vertrag schließt, auch mündlich und nicht zwingend beim Kunden zu Hause. Also auch im Vereinsheim, auf der Baustelle etc.
• der Verbraucher dem Unternehmer gegenüber ein Angebot außerhalb von dessen Geschäftsräume unterbreitet,
• der Verbraucher vom Unternehmer außerhalb seiner Geschäftsräume persönlich und individuell angesprochen wird (Messe) und er den Vertrag unmittelbar danach entweder in den Geschäftsräumen des Unternehmers oder per Telefon, Fax oder E-Mail schließt.
Folgende Angaben müssen sein:
• Wesentliche Eigenschaften der Leistung und Waren (z.B. Leistungsbeschreibung)
• Identität des Unternehmens (Name, Telefon, Fax, E-Mail)
• Gesamtpreis der Leistung inklusive Steuern und Abgaben bzw. Art der Preisberechnung, wenn der Preis nicht im Voraus berechnet werden kann (Einheitspreise, Stundenlohnsätze). Dazu gehören auch mögliche Fracht-, Liefer- und Versandkosten oder die Anmerkung, dass solche zusätzlichen Kosten anfallen können.
• Zahlungs-, Liefer-, und Leistungsbedingungen, vereinbarter Termin der Leistungserbringung und der Umgang mit Beschwerden
• Hinweis auf Mängelhaftung und etwaige Garantien
Anna Rehfeldt, Rechtsanwältin und LL.M.
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