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Gewerbetreibenden, die Verträge bei ihrer unternehmerischen Tätigkeit abschließen, steht kein gesetzliches Widerrufsrecht zu.

Gewerbetreibenden, die Verträge bei ihrer unternehmerischen Tätigkeit abschließen, steht kein gesetzliches Widerrufsrecht zu. (Foto: © hafakot/123RF.com)

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Haben Gewerbetreibende ein Widerrufsrecht?

Ein Widerrufsrecht hilft, wenn man Entscheidungen nachträglich rückgängig machen möchte. Häufig schätzen Gewerbetreibende aber falsch ein, ob ihnen ein solches Recht zusteht. Eine Expertin erklärt die Rechtslage.

"Ein Widerrufsrecht kann dann von Relevanz und Nutzen sein, wenn man gegebenenfalls übereilte Entscheidungen nachträglich noch einmal überdenken und innerhalb einer bestimmten Frist ohne Angabe von Gründen den Vertragsschluss rückgängig machen möchte", erklärt Juristin Sabine Schönewald, Hauptabteilungsleiterin bei der Handwerkskammer zu Köln: "Man muss zwischen vertraglich vereinbarten und gesetzlich normierten Widerrufsrechten unterscheiden. Ersteres kann jeder mit seinem Vertragspartner aushandeln; ein gesetzliches Widerrufsrecht hat der Gesetzgeber für bestimmte Personen und Situationen normiert und es gilt grundsätzlich unabhängig davon, was die Parteien miteinander vereinbart haben."

Den Schutz vor übereilten Entscheidungen oder Vertragsschlüssen, die lediglich am Telefon, per E-Mail oder außerhalb der eigenen Geschäftsräume geschlossen werden und die Vorteile, die mit einem Widerrrufsrecht verbunden sind, habe der Gesetzgeber ausschließlich für Verbraucher vorgesehen.

"Gewerbetreibenden, die Verträge im Rahmen ihrer beruflichen oder unternehmerischen Tätigkeit abschließen, steht hingegen kein gesetzliches Widerrufsrecht zu, weiß die Rechtsexpertin. "Sie gelten – unabhängig von der Unternehmensgröße und der Beschäftigtenanzahl – im Sinne des Verbraucherrechts nicht als schutzbedürftig."

Ausnahme: Als Privatperson gehandelt

Nur in bestimmten Ausnahmefällen, in denen Gewerbetreibende nachweislich nicht als Unternehmer, sondern als Privatperson handeln, kann ihnen auch ein gesetzliches Widerrufsrecht zustehen. "So zum Beispiel dann, wenn er sich ein TV-Gerät für den Privatgebrauch kauft. Wer geschäftlich tätig ist, sollte sich daher vor dem Vertragsschluss genauer über seine Rechte und Pflichten informieren – denn ein ›Rückzieher‹ wie bei Privatpersonen ist im Geschäftsleben meist nicht vorgesehen", warnt Kammerjuristin Schönewald.

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Widerrufsrecht

Seit 2014 haben Privatkunden ein 14-tägiges Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen und bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen wurden (AGV).
Beispiel für einen AGV: Der Handwerker nimmt Aufmaß vor Ort und schließt anschließend beim Kunden direkt einen mündlichen ­Vertrag. In solchen Situationen müssen Betriebe ­Verbraucher rechtzeitig und umfassend über ihr Widerrufsrecht belehren. Ab diesem Zeitpunkt kann der Kunde 14 Tage lang den Vertrag widerrufen, ohne Angaben von Gründen.

Achtung: Falls die Belehrung über das Widerrufsrecht fehlt, falsch oder unvollständig ist, verlängert sich das Recht auf 12  Monate und 14 Tage! Beginnt der Handwerker mit seiner Arbeit auf ausdrücklichen Wunsch des Kunden vor Ablauf der 14-tägigen Frist, sollte er auf keinen Fall die Belehrung vergessen! Denn nur dann muss der Kunde bei einem Widerruf die bereits erbrachten Leistungen bezahlen. Ohne ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung geht der Handwerker in solchen Fällen leer aus! 

Neue Regeln für die Widerrufsbelehrung seit 2022:
- Seit dem 28. Mai 2002 muss keine Faxnummer mehr genannt werden – weder in der Widerrufsbelehrung noch im -formular! Eine freiwillige Angabe ist weiterhin möglich.
- Die Telefonnummer muss ab dem 28. Mai 2022 in der Widerrufsbelehrung stehen (Achtung: nicht im Widerrufsformular!).
- Die E-Mail-Adresse muss in beiden angegeben sein, also auch im Widerrufsformular.
- Die Widerrufsbelehrung muss die Verbraucher auch über die Umstände, unter denen sie ein zunächst bestehendes Widerrufsrecht verlieren, informieren.
- Neu ist auch, dass dem Verbraucher eine Bestätigung zur Verfügung gestellt werden muss. Dazu muss der Unternehmer dem Verbraucher ein Dokument (als Papier, Mail, SMS etc.) zukommen lassen, in dem bestätigt wird, dass der Kunde ausdrücklich der Ausführung des Vertrags vor Ablauf der Widerrufsfrist zugestimmt und seine Kenntnis vom damit einhergehenden Verlust des Widerrufsrechts mit Vertragsausführung bestätigt hat. Auch über diesen Umstand ist der Kunde zu informieren.

KEIN Widerrufsrecht bei Notfalleinsätzen

In Einzelfällen hat der Kunde kein Wider­rufsrecht, selbst wenn der Vertrag außerhalb der Geschäftsräume geschlossen wurde. Solche Ausnahmen sind zum Beispiel "Notfalleinsätze" wie dringende Reparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen, zu denen der Verbraucher den Handwerker ausdrücklich angefordert hat. Das kann etwa ein Rohrbruch sein oder die Beseitigung von Sturm- oder Hagelschäden. Achtung: Die Ausnahmen gelten nicht automatisch. Vielmehr muss der Handwerker den Verbraucher darüber belehren, dass ihm hier kein Widerrufsrecht zusteht.
Widerrufsrecht Kunde widerruft Haustürgeschäft, Handwerker guckt in die Röhre. > Hier mehr lesen!Informationen zum WiderrufsrechtDer Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) hat aktuelle Musterformulare für Handwerker erstellt, unter anderem eine Widerrufsbelehrung für Verbraucher. Alle Muster und einen Ratgeber zum Thema Verbraucher-Widerrufsrecht finden Sie ­kostenlos zum Herunterladen > hier auf zdh.de Die Berater in den Handwerkskammern helfen Ihnen bei Rechtsfragen gerne weiter!

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Text: / handwerksblatt.de

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