Der Leuchtturm am Cabo Vilán: Er ist der erste elektrische Leuchtturm Spaniens.

Der Leuchtturm am Cabo Vilán: Er ist der erste elektrische Leuchtturm Spaniens. (Foto: © Susanne Freitag)

Vorlesen:

Galicien: Mehr als das Ziel einer Pilgerreise

Panorama - Reise

Am Ende des Jakobswegs beginnt das Abenteuer: Galicien bietet stille Klöster, wilde Küsten und lebendige Traditionen.

Galicien ist vor allem bekannt für die Pilgerrouten des Jakobswegs, an dessen offiziellen Ende die Hauptstadt Santiago de Compostela rund 500.000 Wallfahrer im Jahr empfängt. Ziel ist das Grab des Jakobus in der majestätischen romanischen Kathedrale im Herzen der historischen Altstadt. Schon von weitem lockt das melodiöse Glockenspiel und wer möchte, blickt von den Dächern der Kathedrale aus weit über die Stadt hinaus. Von der Plaza del Obradoiro an der Westfassade der Kathedrale führt die Rúa do Franco aus der Altstadt hinaus. Sie ist nicht nur eine belebte Einkaufsstraße, sondern auch Kulisse für eine spezielle Version des bekannten Off-Road-Rennens "Rallye Paris-Dakar". Diese beginnt an der Bar Paris am oberen und endet im Restaurant Dakar am unteren Ende der Straße – zu Fuß, versteht sich. Die Herausforderung besteht darin, in den dazwischenliegenden, rund 30 Bars ein Glas Ribeiro-Wein und eine Portion Tapas zu genießen, ohne abzukürzen oder umzukippen.

Blick auf die Klippen während der Bootsfahrt. Foto: © Susanne FreitagBlick auf die Klippen während der Bootsfahrt. Foto: © Susanne Freitag

Wer die Rallye erfolgreich hinter sich bringt, den schreckt so schnell nichts mehr ab – schon gar nicht der tosende Atlantik an der wilden Nordküste Galiciens. Etwa anderthalb Stunden Fahrt von der Hauptstadt entfernt, liegt das charmante Fischerdorf Cariño am westlichen Eingang der Bucht Ría de Ortigueira. Darüber erhebt sich die Gebirgskette Serra da Capelada, die zum Meer hin in einer dramatischen Steilküste abfällt. Von dort aus bieten Carmen und ihr Mann mit ihrem Unternehmen MardOrtegal verschiedene Bootstouren an. "Wir verkaufen Erlebnisse, Momente und Erinnerungen, begleitet von einer idyllischen Landschaft", erklärt sie. Je nach Wetterlage kann die Fahrt zu einem echten Abenteuer werden: Das Boot schaukelt gewaltig und gegen das mulmige Gefühl im Magen hilft oft nur der Blick auf den Horizont. Dennoch lohnt sich der Ausflug zu den höchsten Klippen Westeuropas und zum Kap Ortegal, an dem das Kantabrische Meer und der Atlantische Ozean zusammentreffen. Die Aguillones, drei Felsen, die wie Zähne aussehen und nur wenige Meter vom Kap entfernt liegen, und der Strand von Teixidelo, der einzige schwarze, nichtvulkanische Sandstrand der Welt, machen den starken Seegang ebenfalls wett. Begleitschutz bieten mit etwas Glück Delfine, die hin und wieder vor und neben dem Boot auftauchen.

Über die Serra da Capelada in die Wildnis Galiciens

Wildpferde in der Serra da Capelada. Foto: © Susanne FreitagWildpferde in der Serra da Capelada. Foto: © Susanne Freitag

Der Weg von Cariño zum Wallfahrtsort Santo André de Teixido führt über das eindrucksvolle Gebirgsmassiv der Serra da Capelada. Langsam Fahren ist hier das oberste Gebot. An manchen Tagen behindert dichter Nebel die Sicht, so dass die umherstreifenden Galaicos-Pferde auf beiden Seiten der Straße kaum zu erkennen sind. Obwohl die Tiere nach Lust und Laune herumstreifen, sind es keine Wildpferde, sondern gehören den Bewohnern der umliegenden Dörfer. Einmal im Jahr findet die Rapa das Bestas statt, ein jahrhundertealter, aber kontroverser Brauch. Dabei treiben die Dorfbewohner die Pferde in eine Arena, scheren ihnen Mähnen und Schweife und markieren sie. Tierschützer kritisieren den Brauch massiv. Denn das Einfangen verursacht den Pferden großen Stress, besonders wenn Stuten und Fohlen getrennt werden. Zudem werden viele junge Hengste später für den Fleischmarkt verkauft.

Das könnte Sie auch interessieren:

Unterwegs im Naturpark Fragas do Eume. Foto: © Susanne FreitagUnterwegs im Naturpark Fragas do Eume. Foto: © Susanne Freitag

Von der Serra da Capelada führt der Weg in den Naturpark Fragas do Eume, östlich von Pontedeume. Der Park ist ein eines der besten Beispiele für den Erhalt des einheimischen Waldes und mit 103 Vogelarten und 41 Säugetierarten eine der artenreichsten Regionen Spaniens. Durch die dichten Eichenwälder gibt es acht ausgewiesene Wanderwege, darunter eine Tour entlang des Eume-Flusses zu den Ruinen des Klosters Caaveiro tief im Wald. Ursprünglich von Benediktinermönchen gegründet, später von Augustinermönchen übernommen, hat das Kloster über zehn Jahrhunderte hinweg die spirituelle Geschichte der Region geprägt. Heute ist es ein faszinierender Ort der Ruhe, Geschichte und Natur. Nach einem kurzen Abstieg gelangt man zu den gurgelnden Becken des Flusses, wo die Quellen des Eume in moosbedeckten Felsen sprudeln. Es lohnt sich, an diesem Punkt innezuhalten und die Ruhe und Schönheit des Waldes zu genießen – ein echter Geheimtipp für Naturfreunde und Wanderer.

Von der Stadt aus Glas zur Todesküste

Unterwegs auf der Avenida Marina. Foto: © Susanne FreitagUnterwegs auf der Avenida Marina. Foto: © Susanne Freitag

Zurück an der Küste in A Coruña zieht die markante weiße Häuserfront mit den verglasten Balkonen auf der Avenida Marina die Besucher in den Bann. Ihretwegen trägt die Stadt den Beinamen "La Ciudad de Cristal" (die Stadt aus Glas). Die bemerkenswerte Architektur im Fischerviertel "La Pescadería" stammt aus den 70er- und 80er Jahren des 19. Jahrhunderts. Die Glasbalkone dienten ursprünglich als Regenschutz und sorgten für Licht, Lüftung und klimatische Ausgewogenheit. Heute ist die Avenida Teil der 13 Kilometer langen Strandpromenade und erste Anlaufstelle von Touristen, die an den gegenüberliegenden Kreuzfahrtterminals von Bord gehen. Irgendwo an der Promenade hat auch Amancio Ortega, einer der reichsten Männer der Welt und Gründer des Modelabels Zara, ein Domizil.

Die Costa da Morte. Foto: © Susanne FreitagDie Costa da Morte. Foto: © Susanne Freitag

Ihren Namen trägt die "Costa da Morte" (Todesküste) nicht ohne Grund: Gewaltige Wellen, tückische Strömungen und unberechenbares Wetter machen sie zu einem der gefährlichsten Küstenabschnitte Europas. Rund tausend Schiffe sollen hier in den letzten Jahrhunderten gesunken sein. Die Küste erstreckt sich von Malpica bis zum Kap Fisterra, von dem die Menschen im Mittelalter glaubten, es sei das Ende der Welt. Der Leuchtturm Faro de Fisterra weist noch immer den Weg durch die gefährlichen Gewässer und markiert das tatsächliche Ende des Jakobswegs. Ein düsteres Kapitel schrieb sich 2002 in die Geschichte dieser Region, als der Tanker "Prestige" vor der Küste havarierte. Die darauffolgende Ölpest kostete 115.000 Seevögeln das Leben. Ein Mahnmal bei der Wallfahrtskirche A Virxe da Barca in Muxía erinnert an das Unglück. Die Kirche selbst zieht nicht nur Pilger an – den drei großen Steinplatten vor dem Gotteshaus werden heilende Kräfte und eine besondere Energie nachgesagt. Nur wenige Schritte entfernt fügt sich der 2020 eröffnete Parador de Muxía terrassenförmig in die Küstenlandschaft ein – Teil der Wiedergutmachung nach der Katastrophe und Symbol für nachhaltige Regionalentwicklung.

Castro de Baroña und Strand. Foto: © Susanne FreitagCastro de Baroña und Strand. Foto: © Susanne Freitag

Wo die Brandung auf schroffe Felsen trifft, arbeiten die "Percebeiros", Sammler der Entenmuscheln, die bis zu 200 Euro pro Kilo kosten. Doch der Preis ist im doppelten Sinne hoch: Die Arbeit ist lebensgefährlich und nur bei Ebbe überhaupt möglich. Ein Abstecher lohnt auch die gegenüberliegende Seite der Bucht zum ersten elektrischen Leuchtturm Spaniens am Cabo Vilán. Der Weg dorthin führt vom Fischerstädtchen Camariñas durch Kiefernwälder und bietet spektakuläre Ausblicke auf die wilde Küste. Der Leuchtturm selbst scheint fast organisch aus dem Granitfelsen zu wachsen. Vor dem Kap sank 1890 der britische Torpedokreuzer Serpent auf dem Weg nach Sierra Leone. Die Seeleute, die dabei ums Leben kamen, wurden auf dem Friedhof Cementerio de los Ingleses (Friedhof der Engländer) ein paar Kilometer entfernt, beigesetzt.

Auf halbem Weg von Muxia nach Carnota hält die Costa da Morte einen weiteren Höhepunkt bereit. Der schmale Pfad am Ortseingang von Baroña führt zum Castro de Baroña – einer Siedlung aus dem 1. Jahrhundert vor Christus, die als eine der besterhaltenen prähistorischen Anlagen der Iberischen Halbinsel gilt. Die Grundmauern der Rundhäuser sind noch heute gut erkennbar. Direkt an der felsigen Küste gelegen, diente der Ort einst als Rückzugsraum für gallische Stämme in Zeiten der Auseinandersetzung mit anderen Völkern und den Römern. Nur wenige Schritte entfernt lädt der weiße Sandstrand von Baroña zur Badepause ein.DHB jetzt auch digital!Einfach hier klicken und für das digitale Deutsche Handwerksblatt (DHB) registrieren!

Text: / handwerksblatt.de

Das könnte Sie auch interessieren: