Meistergründungsprämie: Mit wenig Geld viel erreicht
In NRW gibt es den Zuschuss für Handwerksmeister seit 17 Jahren. Etwa 15.000 Neugründungen oder Übernahmen wurden unterstützt und über 70.000 Arbeitsplätze geschaffen oder gesichert.
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Die Zahl der erwerbsfähigen Personen in Südbrandenburg wird sich in den nächsten Jahren stark reduzieren. Der demografische Wandel wird den Lausitzer Arbeitsmarkt mit voller Wucht treffen. "Umso notwendiger ist es, bereits heute dem drohenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken", sagt Peter Dreißig, Präsident der Handwerkskammer Cottbus.
Eine Maßnahme wäre die Einführung einer Meistergründungs- oder Hochqualifiziertenprämie in Brandenburg. "Damit würden wir qualifizierte Fachkräfte motivieren, sich im Handwerk selbstständig zu machen", so der Bäckermeister. "Sie könnten zum Beispiel ein am Markt bestehendes Unternehmen übernehmen und so für das Land wichtige Arbeitsplätze und damit Einkommen und Kaufkraft sichern."
An Bedeutung enorm zugenommen hat das Thema, seitdem der Gründungszuschuss neu geregelt wurde. Die Bundesagentur für Arbeit hat sich 2012 aus der Existenzgründer-Förderung immer stärker zurückgezogen, die Zahl der Existenzgründungen ist stark rückläufig. Hier würde die Meistergründungsprämie helfen, Beispiele dafür gibt es, wie die Hauptstadt Berlin zeigt.
In Berlin hat alles angefangen
Dort hat alles angefangen. Im Jahr 1986 entschloss sich das Bundesland, Handwerksmeistern, die einen Betrieb gründen, übernehmen oder sich an einem bestehenden Unternehmen beteiligen wollen, unter die Arme zu greifen. Die Meistergründungsprämie war geboren. Zielsetzung: Handwerksmeister sollten sich möglichst schnell in ihrem Gewerk selbstständig machen und Arbeitsplätze schaffen. Und so fördert die Hauptstadt den Unternehmernachwuchs (mit kurzer Unterbrechung 1988/89) seit 26 Jahren.
Mitte der neunziger Jahre lag die Besetzung mit Handwerksbetrieben in NRW um 15,5 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt – das NRW-Handwerk nannte das eine Selbstständigenlücke. Die Erleichterung von mittelständischen Existenzgründungen war aus Sicht des Nordrhein-Westfälischen Handwerkstages der Königsweg zur Schließung der Lücke.
Gute Erfahrungen mit der Meistergründungsprämie
Berlin hatte es mit der Meistergründungsprämie ja vorgemacht. Die Erfahrungen dort seien positiv gewesen. Denn: Der Schritt in die Selbstständigkeit wurde beschleunigt, Investitionen wurden gefördert, die Kreditwürdigkeit der Existenzgründer bei Banken wurde erhöht, und Arbeitsplätze wurden geschaffen. Nun sollte auch in NRW ein ähnliches Förderprogramm her.
Kurzerhand reisten Repräsentanten des NRW-Landtags und -Handwerks in die Hauptstadt, um eine mögliche Übertragbarkeit der Meistergründungsprämie auf Nordrhein-Westfalen zu untersuchen. Nach den Gesprächen in der Handwerkskammer Berlin war man sich einig: Der Kosten-Nutzen-Vergleich spreche für eine Übertragung auf NRW.
15.000 Neugründungen oder Übernahmen – über 70.000 Arbeitsplätze geschaffen oder gesichert
Nur zehn Tage später debattierten die Abgeordneten im Landesparlament über die Meistergründungsprämie. Schließlich gab es ein einstimmiges Votum aller im nordrhein-westfälischen Landtag vertretenen Fraktionen zur Einführung der Förderung zum 31. März 1995. Seitdem wurden in rund 17 Jahren etwa 15.000 Neugründungen oder Übernahmen unterstützt und weit über 70.000 Arbeitsplätze geschaffen oder gesichert. Weitere Effekte: Die Gründer stellen schneller zusätzliches Personal ein und beginnen eher, Lehrlinge auszubilden. Außerdem liegt die Marktaustrittsrate bei geförderten Handwerksbetrieben besonders niedrig.
In der Politik wurde die Meistergründungsprämie oft als das erfolgreichste und kostengünstigste Existenzgründungsprogramm aller Zeiten bezeichnet. "Die Meistergründungsprämie ist ein völlig unbestrittenes Programm und wird von allen Seiten gelobt", bestätigt Dieter Schlimmer von der Landes-Gewerbeförderungsstelle des nordrhein-westfälischen Handwerks (LGH). Die LGH ist als Bewilligungsbehörde die verwaltende Institution für die Prämie.
Die Meistergründungsprämie wurde nie infrage gestellt
Als das Parlament das Förderprogramm beschloss, regierte die SPD mit absoluter Mehrheit. Wenig später musste sie die Grünen mit ins Boot holen. Gemeinsam wurden sie zehn Jahre später von der CDU und der FDP abgelöst. Wiederum fünf Jahre später regierten wieder SPD und Grüne – zunächst als Minderheitsregierung und nach vorzeitiger Auflösung des Landtags mit einer Mehrheit im Parlament. Die Meistergründungsprämie wurde in dieser Zeit nie infrage gestellt.
"Ich hoffe, dass es gelingt, möglichst schnell eine gemeinsame Initiative zu entwickeln, so dass auch in Nordrhein-Westfalen ergänzend zu den Maßnahmen der Förderung eine solche [Meistergründungs-] Prämie möglich wird. Dass sie wirksam ist, kann als bewiesen gelten. Dass sie Arbeitsplätze schafft, ist nachgewiesen." So warb der damalige wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Bodo Hombach, Ende 1994 im Parlament für die Unterstützung der Handwerksmeister. Mit dem Förderprogramm hätte die Landesregierung einen wesentlichen Beitrag zu Gründungsoffensive geleistet, lobte 2002 Ernst Schwanhold (SPD) – seinerzeit NRW-Wirtschaftsminister.
Bis heute kein Ende der Erfolgsgeschichte in Sicht
"Die Meistergründungsprämie ist ein hervorragendes Beispiel dafür, dass mit vergleichsweise wenig Geld sehr viel erreicht werden kann", betonte Christa Thoben (CDU) als Landeswirtschaftsministerin zum 15-jährigen Bestehen der Förderung 2010. Ihr Nachfolger Harry K. Voigtsberger (SPD) hatte wenig später ebenfalls nur Lob übrig: "Die Meistergründungsprämie ist nicht nur eine äußerst effektive Förderung für Existenzgründer im Handwerk. Sie schafft auch die Grundlagen für langfristig erfolgreiche Unternehmen und neue Arbeitsplätze."
Und auch der aktuelle Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) setzt weiter auf die Gründungshilfe: "Mit Maßnahmen wie der Meistergründungsprämie wollen wir dem unternehmerischen Nachwuchs im Handwerk den Weg in das eigene Unternehmen ebnen." Damit ist bis heute noch kein Ende der Erfolgsgeschichte in Sicht.
Aktuell werden Handwerksmeister in Berlin, die ein Unternehmen gründen, übernehmen oder sich an einem bestehenden Betrieb beteiligen wollen, mit bis zu 12.000 Euro gefördert. In einem zweistufigen Verfahren beträgt die Basisförderung 7.000 Euro. Nach drei Jahren kann eine Arbeitsplatzförderung von 5.000 Euro beantragt werden. In Nordrhein-Westfalen beträgt die Förderhöhe 7.500 Euro. Sowohl in Berlin als auch in NRW ist der Erhalt der Prämie an bestimmte Bedingungen geknüpft.
Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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