Unternehmen, Händler und Handwerksbetriebe in Rheinland-Pfalz behaupten sich trotz der vielen Krisen am Markt. Soweit die gute Nachricht. Allerdings fassen immer weniger Menschen im Land Mut, sich selbstständig zu machen.
Im vergangenen Jahr haben 31.493 Menschen ein Gewerbe in Rheinland-Pfalz angemeldet - knapp sechs Prozent weniger als 2021. Weil es aber nach wie vor mehr Gründungen als Betriebsaufgaben (2022 lag die Zahl der abgemeldeten Unternehmen bei 27.381) gibt, verzeichnet Rheinland-Pfalz zum vierten Mal in Folge insgesamt einen Zuwachs an Unternehmen. 2022 lag das Plus bei 4.112 Betrieben.
Zur Entwicklung im Handwerk
"Die Pandemie, der Krieg in der Ukraine, Energiekrise, Inflation und Zinssprünge haben auch in der Gründungslandschaft in Rheinland-Pfalz Spuren hinterlassen", kommentierte Arne Rössel, Hauptgeschäftsführer der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz den gemeinsamen Gründungsreport Rheinland-Pfalz 2023 der Industrie- und Handelskammern und der Handwerkskammern des Landes.
Vor allem im Handwerk und Handel seien gravierende Änderungen zu verzeichnen und zu erwarten, so Rössel weiter. "Besonders in diesen unsicheren Zeiten erfordern die ersten Schritte in die Selbständigkeit Mut und Engagement."
Aufgrund der vielfältigen Krisen sei es wenig verwunderlich, dass die Gründungszahlen etwas zurückgegangen sind, stellt Arne Rössel fest. "Für mehr Gründungen bedarf es Vertrauen in die Verbesserung der Rahmenbedingungen sowie Wertschätzung für das Unternehmertum in der Gesellschaft."
Starterzentren begleiten die Gründerinnen und Gründer Die Starterzentren begleiten Gründerinnen und Gründer auf dem Weg in die Selbständigkeit. Sie sind ein Zusammenschluss der acht Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammern in Rheinland-Pfalz. Sie verzeichnen jedes Jahr etwa 13.000 Auskünfte, 3.000 Beratungen, 2.500 Starterpakete sowie mehrere hundert Teilnehmende an Sprechtagen und Stellungnahmen für Förderprogramme allein in RLP. Das Angebot ist kostenfrei.
Damit sich bestehende Betriebe in Rheinland-Pfalz weiter so stark am Markt behaupten und wieder mehr neue Unternehmen gegründet werden, brauche es die richtigen Rahmenbedingungen und Entwicklungsmöglichkeiten, so die Verbände: "Ideale Voraussetzungen dafür sind die vielfältige Wirtschaftsstruktur, attraktive Fördermöglichkeiten sowie der Zugang zu Bildungseinrichtungen und Netzwerken", erklärt HWK-Geschäftsführer Axel Bettendorf, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern in Rheinland-Pfalz
Seit über 20 Jahren sind die Starterzentren erste Anlaufstelle für Gründerinnen und Gründer. "Wir freuen uns, dass wir gemeinsam mit der Landesregierung, den Wirtschaftskammern und den Starterzentren die Erfolgschancen bei der Existenzgründung steigern können – durch maßgeschneiderte Dienstleistungen und Unterstützungsmöglichkeiten", so Bettendorf weiter.
Steigende Nachfrage nach Beratungs- und Seminarangebot der Starterzentren
In Zeiten von neuen Technologien und schnellen Geschäftsentwicklungen würden den Starterzentren zufolge auch Kooperationen, Austausch und Netzwerke immer wichtiger für einen erfolgreichen Unternehmensstart.
Und die individuelle Beratung spiele eine immer größere Rolle. Die Zahl der Anmeldungen an Netzwerkveranstaltungen und Seminaren sei im vergangenen Jahr um ein Fünftel gestiegen, die kostenfreien Steuer- oder Rechtsanwaltssprechtage verzeichneten ein Viertel mehr Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Gründungen von Frauen tendieren Richtung Haupterwerb
Ebenfalls erfreulich: Das Gründungsinteresse von Frauen ist stabil und geht wieder mehr Richtung Haupterwerb. Laut Gründungsreport zählen für sie vor allem Flexibilität und bessere finanzielle Anreize sowie, dass sie einen gesellschaftlichen Beitrag leisten können.
Auch bei etablierten Betrieben stehen Veränderungen an: In Rheinland-Pfalz stehen bis 2028 bis zu 9.000 Unternehmen zur Übernahme an.
Aufgrund der demographischen Entwicklung übersteigt diese Zahl voraussichtlich deutlich den Anteil der jungen Menschen, die den Schritt in die Selbstständigkeit wagen. "Deshalb ist es entscheidend, dass wir Gründerinnen und Gründer in unserem Bundesland gemeinsam nach vorne bringen", sagt Günter Jertz, Hauptgeschäftsführer der IHK für Rheinhessen.
"Es muss unkompliziert möglich sein, hier in Rheinland-Pfalz ein Unternehmen zu gründen – die Politik ist gefragt, bürokratische und steuerliche Hürden zu senken und durch passgenaue Finanzierungshilfen beim Schritt in die Selbstständigkeit zu unterstützen."
Entwicklung im Handwerk
Im Jahr 2022 hat sich der Bestand der Handwerksunternehmen in Rheinland-Pfalz mit 54.825 Betrieben (2021: 54.077) wieder leicht erhöht. Die Bewegung und Verteilung der Gewerke auf die Anlagen A, B1 und B2 verlief ähnlich wie im Jahr zuvor.
Die Anzahl der zulassungspflichtigen Handwerke verringerte sich leicht zugunsten der zulassungsfreien Gewerke. Dennoch stellen die zulassungspflichtigen Betriebe mit 65 Prozent an der Gesamtzahl der Handwerksunternehmen weiterhin den größten Anteil.
Im Vergleich zum Jahr davor gab es 2022 bei den Zugängen innerhalb der zulassungspflichtigen Handwerke jetzt einen Aufwärtstrend mit einer leicht gestiegenen Anzahl von 1.772 auf 1.790. Unter diesen Zugängen waren das Friseurhandwerk, Elektrotechnik, Kfz-Technik, Installation und Heizungsbau, Maler, Lackierer- sowie Maurerhandwerk und Betonbau führend.
In den zulassungsfreien Gewerken wurden mit 2.438 Zugängen absolut die meisten Gründungen gemeldet. Die höchste Gründungsquote weist die Gebäudereinigung auf. Danach folgen Kosmetik und Fotografie.
Ein Einbruch erfolgte bei den 956 Zugängen der handwerksähnlichen Gewerke. Unverändert hoch verhält sich die Anzahl der gegründeten Betriebe, die den Einbau von genormten Baufertigteilen anbieten. Daneben verzeichneten auch die Bodenleger eine rege Gründungsaktivität.
Quelle: IHK Rheinhessen
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Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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