Jörn Holtmeier, Geschäftsführer des AUMA - Verband der Deutschen Messewirtschaft.

Jörn Holtmeier, Geschäftsführer des AUMA - Verband der Deutschen Messewirtschaft. (Foto: © AUMA)

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Messen können ihre alte Stärke wiedergewinnen

Im Interview: Jörn Holtmeier, Geschäftsführer des AUMA - Verband der Deutschen Messewirtschaft – über die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Branche.

Mit Messe-Absagen aufgrund der Ausbreitung des Corona-Virus fing es an. Danach kam schon sehr bald der große Lockdown. Messeveranstaltungen sind bis auf weiteres untersagt, Ende offen. Das Deutsche Handwerksblatt (DHB) sprach mit Jörn Holtmeier, Geschäftsführer des AUMA – Verband der deutschen Messewirtschaft – über die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Branche.

DHB: Die Corona-Krise hat viele Messen hart getroffen. Allein im ersten Messehalbjahr gab es zahlreiche Absagen und Messeverschiebungen. Wie sehen Sie die weitere Entwicklung?
Holtmeier: In der Tat ist ein großer Teil der geplanten Messen von März bis August abgesagt oder verschoben worden. Über die weitere Entwicklung kann man gegenwärtig nur spekulieren. Wir hoffen natürlich, dass der Messebetrieb im Laufe des Herbstes wieder voll in Gang kommt. 

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DHB: Haben Sie eine Übersicht, inwieweit Absagen und Verschiebungen zu Regressansprüchen von Ausstellern führen?
Holtmeier: Ob Aussteller Ansprüche auf Schadenersatz oder Ersatz ihrer Aufwendungen zum Beispiel für Hotelzimmer, Standbau etc. haben, hängt maßgeblich davon ab, ob der Veranstalter die Absage der Messe zu vertreten hat. Bei einem offiziellen Veranstaltungsverbot, beispielsweise durch eine Landes-Rechtsverordnung, bestehen bei einer Messeabsage regelmäßig keine Schadenersatzansprüche der Aussteller gegenüber den Veranstaltern.

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DHB: Wie ist es um die Bilanzen der Gesellschaften im Jahr 2020 bestellt, sehen Sie Messegesellschaften in ihrer Existenz bedroht?
Holtmeier: Fast alle großen und mittleren Messegesellschaften haben erhebliche Umsatzausfälle. Existenzgefährdungen sehen wir in diesem Bereich noch nicht. Bei Veranstaltern mit kleinem Messeprogramm ist die Lage sehr unterschiedlich: Einige haben Glück, weil sie gegenwärtig keine Messen haben. Andere, deren Messen gerade in diesen Zeitraum fallen, sind stark betroffen. 

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DHB: Welchen Schaden hat die Corona-Krise für Messebaugesellschaften – denen sind die Auftraggeber weggebrochen und die schon mehrmonatig andauernde Zwangspause dürfte doch etliche Häuser in die Insolvenz treiben? 
Holtmeier: Messebauunternehmen sind sehr stark betroffen. Oft sind es eher kleine Unternehmen, die relativ wenige Auftraggeber haben. Wenn deren Messebeteiligungen ausfallen, herrscht dann in den Unternehmen wochenlang oder länger Stillstand. Erste Insolvenzen hat es bereits gegeben.

DHB: Für viele Handwerker sind Messen eine feste und wichtige Plattform, auf der sie sich über neue Produkte und Trends in ihrer Branche bzw. ihrem Gewerk informieren können. Aussteller arbeiten auf die Messetermine hin, um ihre neuesten Produkte einer Weltöffentlichkeit präsentieren zu können. Wie wird diese Lücke aktuell geschlossen?
Holtmeier: Hier gibt es wirklich ein Problem, denn auch der Einsatz des Außendienstes zur Produktpräsentation ist gegenwärtig schwierig, denn der beruht auch auf persönlichen Kontakten. In begrenztem Umfang kann man Neuheiten per Video oder durch andere digitale Instrumente präsentieren und ergänzend kann man natürlich die Kontakte der letzten Messe nutzen, um wieder ins Gespräch zu kommen. Aber die gesamten Qualitätsmerkmale einer Messe ersetzt das natürlich nicht.

DHB: Gerade erleben wir, dass durch die Digitalisierung viele analoge Formen der Kommunikation abgelöst werden. Sehen Sie darin eine Gefahr für das Messegeschäft?
Holtmeier: Ein Verschwinden der analogen Kommunikation, der Begegnung von Menschen untereinander, sehe ich nicht. Eher habe ich den Eindruck, dass viele schon jetzt den persönlichen Kontakt auf der Messe vermissen. Ich sehe gute Chancen, dass Messen ihre alte Stärke wiedergewinnen.

DHB: Wie sieht die Planung für die Sicherstellung der Gesundheit der Besucher auch für die Zukunft aus?
Holtmeier: Um konkrete Planungen zu nennen, ist es noch zu früh. Dazu muss es erst eine Zeit- und Maßnahmen-Perspektive seitens der Behörden geben. In der Branche werden aber schon entsprechende Szenarien durchgespielt. Auch der AUMA beteiligt sich daran. Bereits zu Anfang des Jahres haben deutsche Veranstalter von verstärkter Reinigung bis hin zu Handdesinfektion bestmöglich zum Gesundheitsschutz aller Messe-Beteiligten beigetragen.

DHB: Worauf dürfen sich Besucher freuen, wenn die Messen aus dem ersten Halbjahr nachgeholt werden?
Holtmeier: Besucher und Aussteller werden sich vor allem darauf freuen, wieder persönliche Kontakte aufzubauen und zu pflegen sowie über reale Produkte von Handwerkern oder für Handwerker zu diskutieren.

Die Fragen stellte Claudia Stemick.

Text: / handwerksblatt.de

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