Eine gute Unternehmenskultur hat nicht nur Auswirkungen auf die Gesundheit. Sie sorgt auch dafür, dass die Mitarbeiter erhalten bleiben – in Zeiten des Fachkräftemangels ein wichtiges Argument.

Eine gute Unternehmenskultur hat nicht nur Auswirkungen auf die Gesundheit. Sie sorgt auch dafür, dass die Mitarbeiter erhalten bleiben – in Zeiten des Fachkräftemangels ein wichtiges Argument. (Foto: © Dmitriy Shironosov/123RF.com)

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Gutes Betriebsklima: Kostet ­wenig, bringt viel!

Gesunde Unternehmenskultur schafft gesündere und zufriedenere Mitarbeiter und sorgt für geringere Fehlzeiten. Und: gutes Betriebsklima kostet wenig – im Gegenteil: Der finanzielle Mehrwert überwiegt.

Was gute Chefs schon lange wissen, belegt nun eine aktuelle Studie des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) mit Zahlen: Eine gesunde Unternehmenskultur sorgt für gesündere und zufriedenere Mitarbeiter und verringert die Fehlzeiten. Gehen Mitarbeiter ungern zur Arbeit, weil die Unternehmenskultur nicht stimmt, hat das messbare Folgen: Sie sind dreimal häufiger unzufrieden mit ihrer körperlichen und psychischen Gesundheit als ihre Kollegen, die mit ihrem Arbeitsplatz zufrieden sind. Auch die Fehlzeiten schnellen nach oben: Fast jeder dritte unzufriedene Arbeitnehmer hat 2015 mehr als zwei Wochen im Unternehmen gefehlt. Bei den Mitarbeitern, die gern in ihrem Betrieb arbeiten, war es nur etwas mehr als jeder sechste.

Foto: © Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Foto: © Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO)

Eine gute Unternehmenskultur hat nicht nur Auswirkungen auf die Gesundheit. Sie sorgt auch dafür, dass die Mitarbeiter erhalten bleiben – in Zeiten des Fachkräftemangels ein wichtiges Argument. Doch vielen Unternehmern fällt außer finanziellen Anreizen nichts ein, um das Klima in ihrer Firma zu verbessern. Tastsächlich gibt es allerdings viele Stellschrauben für eine gute Unternehmens­kultur. "Und viele Maßnahmen kosten nicht einmal etwas. Ein menschliches Grundbedürfnis ist Aufmerksamkeit und Anerkennung. Wichtig ist es deshalb, die Mitarbeiter regelmäßig zu loben", weiß Silke Eichten, Leiterin des Projekts "Handwerk attraktiv Rheinland-Pfalz" der Handwerkskammer der Pfalz. Es unterstützt Betriebe dabei, sich im Markt als attraktive Arbeitgeber zu etablieren.

Nicht geschimpft ist genug gelobt?

Gutes Betriebsklima bedeutet nicht: Nicht geschimpft ist genug gelobt. (Foto: © gmast3r/123RF.com) Gutes Betriebsklima bedeutet nicht: Nicht geschimpft ist genug gelobt. (Foto: © gmast3r/123RF.com)

Das bestätigt auch die WIdO-Studie: Für etwas mehr als 69 Prozent der rund 2.000 befragten Arbeitnehmer zwischen 16 und 65 Jahren spielt die Anerkennung des Chefs eine große Rolle. Gelobt werden jedoch nur 50 Prozent. "Viele Chefs meinen, wenn nicht geschimpft wird, ist das Lob genug. Aber das stimmt nicht", bestätigt Sabine Köbel, Inhaberin der SK Hörakustik in Frankenthal. "Ein respektvoller Umgang, ein respektvoller Ton und persönliche Anerkennung sind nicht zu unterschätzen." Ihr Betrieb ist einer von acht Unternehmen, die jetzt mit dem Titel "Attraktiver Arbeitgeber Rheinland-Pfalz" geehrt wurden. 

Foto: © Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO)Foto: © Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO)

Was trägt noch zu einer guten Unternehmenskultur bei? "Chefs sollten die Stärken des einzelnen Mitarbeiters berücksichtigen, seine Ziele, seine persönliche und berufliche Weiterentwicklung. Sie sollten auch wissen, was den einzelnen Arbeitnehmer eventuell gerade privat belastet – etwa, ob ein Familienmitglied schwer erkrankt oder verstorben ist", erklärt Christian Engelhardt, Inhaber von Engelhardt-Konzepte in Ludwigshafen.

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Bei Neueinstellungen haben Mitarbeiter ein Mitspracherecht

Ein Betriebsklima, das Arbeitnehmer positiv bewerten, ist offen und ansprechend, so Eichten. Die Mitarbeiter werden aktiv einbezogen, beispielsweise in Entscheidungsprozesse eingebunden oder an der Gestaltung der Produkte beteiligt. "Ein Schreinermeister, der seinen Kunden von dem Mitarbeiter beliefern lässt, der das Möbelstück auch produziert hat, sorgt dafür, dass dieser Mitarbeiter das Lob direkt von dem Kunden bekommt – einfacher lassen sich Menschen nicht motivieren", betont Eichten.

"Arbeitnehmer sollten bei Neuanschaffungen und Umgestaltungen dringend mit einbezogen werden", rät Handwerksunternehmerin Sabine Köbel. "Als wir eines unserer Geschäftslokale umgestaltet haben, hat jeder Mitarbeiter seine Vorstellungen mit einbringen können. Bei Neueinstellungen haben unsere Beschäftigten ein Mitspracherecht, denn es ist ganz wichtig, dass die Kollegen im Team sich verstehen." Zu einer guten Unternehmenskultur gehört laut Köbel auch, Mütter und Väter in der Elternzeit einzubinden – mit Einladungen zu Besprechungen, Ausflügen, Treffen oder Fortbildungen. "Das Gefühl, trotz Kind immer noch Teil des Teams zu sein, wissen meine Mitarbeiter sehr zu schätzen. Damit kann ich Fachkräfte halten!"

Fazit

Eine gesunde Unternehmenskultur erhält und fördert die Gesundheit der Beschäftigten, sorgt für eine engere Bindung an den Betrieb und lässt die Mitarbeiter bei guter Gesundheit hohe Leistungen erbringen – unerlässlich für den erfolgreichen Bestand im Markt.

Tipps für ein gutes Betriebsklima

Checkliste 

Der WIdO-Fehlzeiten-Report mit dem Schwerpunkt Unternehmenskultur und Gesundheit nennt einige ­Stellschrauben, mit denen der Chef die Unternehmenskultur positiv ­beeinflussen kann.

Führung

  • Wie viele Mitarbeiter haben in den vergangenen zehn Jahren Ihren Betrieb verlassen? Was waren die Gründe dafür?
  • Führen Sie regelmäßig Mitarbeitergespräche und wissen Sie, was Ihre Mitarbeiter privat belastet?
  • Berücksichtigen Sie die ­persönlichen Stärken und Ziele Ihrer Arbeit­nehmer und bieten ihnen entsprechende Weiterbildungs- und ­Aufstiegsmöglichkeiten?
  • Äußern Sie regelmäßig Lob und Anerkennung und herrscht in Ihrem Betrieb ein respektvoller Umgang?
  • Fragen Sie Ihre Belegschaft ­regelmäßig, wie zufrieden sie mit dem Unternehmen ist?

Arbeitsorganisation

  • Weisen Sie Mitarbeiter optimal in ihre jeweilige Aufgabe ein? Und wie intensiv ist die Einarbeitung neuer Arbeitnehmer?
  • Wie stellen Sie sicher, dass die Arbeitsabläufe reibungslos funktionieren?
  • Prüfen Sie die Prozesse regelmäßig auf einen möglichen Optimierungsbedarf?
  • Nehmen Sie die Beschwerden Ihrer Belegschaft wahr? Und wie ­reagieren Sie darauf?
  • Wissen Sie, ob sich die Mitarbeiter bestehender Teams gut miteinander verstehen?

Arbeitsumfeld

  • Sind Ihre Mitarbeiter mit der ­Betriebsausstattung, ihrem Arbeitsmaterial und ihrer Arbeitskleidung zufrieden?
  • Gibt es einen Sozialraum? Wird er auch genutzt? Falls nicht, was ­würden Ihre Mitarbeiter gern an diesem Raum verändern?
  • Stellen Sie kostenlose Getränke zur Verfügung?

Arbeitszeiten

  • Gibt es in Ihrem Betrieb ­individu­elle Arbeitszeitmodelle? Und ­haben ­Mitarbeiter die Möglichkeit, ­un­bezahlten Urlaub zu nehmen?

Gesundheit

  • Werden in Ihrem Unternehmen die Vorschriften für Arbeits- und ­Gesundheitsschutz eingehalten?
  • Bieten Sie Gesundheitskurse an oder kooperieren Sie mit lokalen Anbietern wie Fitnessstudios?
  • Bieten Sie Maßnahmen wie ­Grippeschutzimpfungen an?

Arbeitsatmosphäre

  • Besteht in Ihrem Betrieb unter den Mitarbeitern ein "Wir-Gefühl"?
  • Identifizieren sich Ihre Mitarbeiter mit dem Betrieb?
  • Feiern Sie gemeinsam Jubiläen oder Betriebserfolge?
  • Präsentieren Sie all Ihre Mitarbeiter auf Ihrer Website?

Finanzielles

  • Bieten Sie zinsgünstige Darlehen für Mitarbeiter?
  • Erhalten Ihre Beschäftigten Jobtickets oder Parktickets?
  • Bekommen Ihre Mitarbeiter einen Personalrabatt bei Dienstleistungen?
  • Kooperieren Sie mit Anbietern in der Region, damit Ihre Belegschaft Leistungen und Produkte günstiger bekommen kann?
  • Gibt es in Ihrem Betrieb Sonder­zahlungen für besondere Leistungen, Prämien, Urlaubs- und / oder Weihnachtsgeld?

WIdO-Studie: Badura/Ducki/Schröder/Klose/Meyer (Hrsg.): Fehlzeiten-Report 2016. Schwerpunkt: Unternehmenskultur und Gesundheit - Herausforderungen und Chancen.
Berlin 2016, 512 Seiten, broschiert, 54,99 Euro, ISBN: 978-3-662-49412-7.

Eine Informationsmappe zur Studie gibt es im Internet zum Download.

Text: / handwerksblatt.de