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HWK des Saarlandes | Oktober 2024
htw saar lädt ein zum Technologietag
Die Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes lädt alle Interessierten am 24. Oktober herzlich zum Technologietag "Additive Fertigung" ein.
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Vorlesen:
Gute Leute sind schwer zu bekommen – und als Mitarbeiter zu halten. Handwerksbetriebe können zwar mit ihrem familiären Betriebsklima punkten. Aber es gibt Strategien, die noch mehr Erfolg versprechen.
Bis zu 18.500 Euro kann es einen Handwerksbetrieb kosten, einen bewährten Mitarbeiter gegen eine neue Kraft austauschen zu müssen. Auf diese Summe kommt das Bundesfamilienministerium in einer Broschüre. Zu Buche schlagen nicht nur Kosten für das Einstellungsverfahren, sondern auch für das Anlernen, eventuelle Fortbildungen oder Fehleinstellungen. Selbst wenn man Glück mit dem neuen Mitarbeiter hat, bringt er im ersten Jahr nur etwa 80 Prozent der Leistung eines "alten Hasen".
Da Fachkräfte zudem immer schwerer zu finden sind, ist es umso wichtiger, an guten Mitarbeitern festzuhalten. Das Unternehmen Tenbrink Ladeneinrichtung GmbH aus Stadtlohn hat in eine Unternehmensberatung beim SchmidColleg investiert, um bei steigender Mitarbeiterzahl weiterhin die Zufriedenheit des Einzelnen zu sichern. Seitdem werden die Führungskräfte regelmäßig in Seminaren für ihre Aufgabe gestärkt. Schließlich sind sie das Bindeglied zwischen Geschäftsleitung und Belegschaft.
Das Unternehmen investiert viel in die Zufriedenheit seiner 110 Mitarbeiter. "Wir räumen unseren Beschäftigten Freiräume ein, innerhalb derer sie ihre Arbeit frei organisieren können. Vertrauen schenken und loben können ist die Grundlage für unsere gute Zusammenarbeit", erklärt Annabell Tenbrink den Führungsstil de Firma.
Zusammen mit dem SchmidColleg und der Sporthochschule Köln hat Tenbrink außerdem vor einiger Zeit ein Gesundheitskonzept eingeführt. Ein Sportstudent aus Köln hat es federführend umgesetzt und seine Diplomarbeit darüber geschrieben. Anhand der Ergebnisse von Gesundheitschecks hat er für jeden Mitarbeiter einen individuellen Trainingsplan entwickelt – auch für die Geschäftsführer.
"Das ist gleichzeitig ein tolles Kommunikationsprojekt", sagt Tenbrink. "Denn beim Badminton tauscht sich der Tischler-Azubi mit dem Technikleiter aus." Seminare zur gesunden Ernährung und ergonomische Arbeitsplätze runden das Konzept ab, das 2011 vom Fachverband des Tischlerhandwerks NRW mit dem Alfred-Jacobi-Preis ausgezeichnet wurde.
Die Fluktuation ist gering. Allein im letzten Jahr gab es 13 Jubilare, die seit über 20 Jahren im Unternehmen tätig sind. Das liegt sicher auch an der familiären Atmosphäre: Jubilare werden gemeinsam gefeiert, alle zwei Jahre gibt es ein großes Familienfest. Einmal im Jahr können die Mitarbeiter in einer Umfrage angeben, wie zufrieden sie sind. Die Ergebnisse nutzen Team- und Geschäftsleitung, um die Ziele für das kommende Geschäftsjahr festzulegen. In regelmäßigen Gesprächen mit der Teamleitung kann jeder Mitarbeiter zudem seine Ziele im Unternehmen vereinbaren, über Weiterbildungen, Gehalt oder mögliche Verbesserungen reden.
Auf solche Mitarbeitergespräche setzt auch die Firma Busemeier Haustechnik GmbH & Co. KG aus Recke. Bei ihrem Vater habe es die noch nicht gegeben, erzählt Susanne Lührmann. Ihr Mann hat den Bereich Haustechnik 1989 von ihren Eltern übernommen. Die Jahresgespräche haben sie eingeführt, um die Mitarbeiter stärker ins Boot zu holen, sie in Entscheidungen, die sie selbst betreffen, mehr einzubeziehen.
Überhaupt setzen die Lührmanns auf Kommunikation. Sie gehen individuell auf Bedürfnisse der Mitarbeiter ein, leistungsgerechte Entlohnung ist ein Muss. "Wer gute Arbeit leistet, muss auch gut bezahlt werden", sagt Lührmann. Besonderes Engagement der Mitarbeiter wird darüber hinaus mit Tank- oder Essensgutscheinen honoriert.
Viel Wert legt der Betrieb auf interne und externe Schulungen für die Mitarbeiter. Lührmann hat vor fünf Jahren die Ausbildung zur Kommunikationstrainerin abgeschlossen und übernimmt die internen Schulungen zum Konfliktmanagement, Telefontraining oder Handwerker-Knigge selbst. Dafür sucht sie besondere Schulungsräume in schöner Umgebung aus. Der Tag beginnt mit einem gemeinsamen Frühstück, bei dem man sich austauschen kann, bevor es an die Themen und Übungen geht.
Die Seminare kommen bei den Mitarbeitern ebenso gut an wie die Betriebsausflüge, zu denen stets die gesamte Belegschaft von 22 Leuten mitkommt. Es ist keine Seltenheit, dass Mitarbeiter über 40 Jahre bei Busemeier beschäftigt sind. Drei Angestellte, die gewechselt haben, sind mittlerweile zurückgekommen. Das stimmt die Lührmanns zuversichtlich, dass sie im Umgang mit ihren Leuten einiges richtig machen.
Der Leitfaden "Mitarbeiter im Handwerk langfristig binden" der Handwerkskammer Münster nennt bewährte Methoden für Handwerksunternehmer:
Immer mehr Betriebsinhaber lassen sich in puncto Mitarbeiterbindung beraten. Denn in immer mehr Handwerksbranchen macht sich der Fachkräftemangel bemerkbar – so die Beobachtung von Britta Schulz, Unternehmensberaterin bei der Handwerkskammer Münster. Sie ist davon überzeugt: Handwerksbetriebe können durchaus gegenüber Großkonzernen als attraktive Arbeitgeber punkten.
DHB: Sie haben einen Leitfaden zur Mitarbeiterbindung veröffentlicht. Was ist der Hintergrund?
Schulz: Fachkräftemangel ist immer mehr in aller Munde. Auch Handwerksunternehmer merken ihn in manchen Branchen schon. Es ist wichtig, gute Mitarbeiter lange zu halten, gerade wenn sie Kundenkontakt haben. Ich brauche Personal, um überhaupt handwerklich tätig sein zu können, denn das Handwerk ist arbeitsintensiv. Deshalb bin ich abhängig vom Faktor Personal. Mitarbeiter sind zudem das Aushängeschild des Betriebs, deshalb ist es wichtig, motivierte und qualifizierte Mitarbeiter zu haben, die mein Unternehmen gut nach außen repräsentieren.
Das Thema "Personal" wird immer häufiger in der Beratung behandelt. Betriebe sind da noch lernfähig.
Da Fluktuation teuer ist für Unternehmer, wollen wir mit unserem Leitfaden neue Ideen und Anregungen liefern, um sich als Arbeitgeber attraktiv zu machen und Mitarbeiter zu halten. Die Broschüre ist als Basiswerk gedacht, dazu gibt es mehrere Ratgeber und Checklisten, die immer wieder aktualisiert und ergänzt werden können. So kann man sich die Punkte, die man braucht, wie in einem Baukastensystem zusammenstellen. Das ist aus unserer praktischen Arbeit heraus entstanden. Wir nutzen Checklisten und Ratgeber auch bei der betrieblichen Beratung und bekommen positive Rückmeldungen. Als Nächstes wird in unserer Schriftenreihe ein Leitfaden zur Mitarbeitergewinnung folgen. Weitere zu den Themen "Investition und Finanzierung", "Kooperation" oder "Export" sind geplant.
DHB: Was machen Handwerksunternehmer bereits gut in Sachen Mitarbeiterführung?
Schulz: Das Handwerk bietet oft direkte Kommunikation, flache Hierarchien und ein gutes Betriebsklima. Vielen Arbeitnehmern sind eine familiäre Atmosphäre wichtig, ein einfacher Austausch und kurze Reaktionswege. Die Tätigkeit ist abwechslungsreich, und die Mitarbeiter sind häufig in den gesamten Arbeitsablauf eingebunden, haben einen Bezug zur Tätigkeit, oft auch Kontakt zum Kunden und sehen, was sie geleistet haben. Es gibt Vorteile, die Handwerksunternehmen im Vergleich mit großen Industriekonzernen haben, dazu gehört auch der sichere Arbeitsplatz, die Verankerung in der Region oder die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Auch kleine Betriebe können gegenüber großen Konzernen punkten: Als Mitarbeiter nehme ich beispielsweise viel stärker wahr, in welchem Umfang ich zum Unternehmenserfolg beitrage und kriege eher ein Feedback vom Kunden. Das habe ich in einem großen Konzern nicht unbedingt.
DHB: Woran hakt es vielleicht noch?
Schulz: Manchmal ist die Professionalität im Umgang noch entwicklungsfähig. Wenn ein Unternehmen zum Beispiel auf eingehende Bewerbungen gar nicht reagiert. Manche Arbeitgeber sind sich zudem nicht bewusst, was sie alles Tolles haben und tun. Sie sollten sich stärker als Arbeitgebermarke präsentieren, mehr Personal- und Eigenmarketing betreiben, herausstellen, was sie für die Mitarbeiter tun, weshalb es interessant ist, für sie zu arbeiten, und was sie von anderen Betrieben unterscheidet. Man sollte die Eigeninitiative in einer Betriebsversammlung oder im feierlichen Rahmen herausstellen, um den Mitarbeitern die Vorteile klarzumachen. Auch in einer Broschüre für neue Mitarbeiter kann man sie formulieren.
Manchmal muss man auch Anreize für Mitarbeiter schaffen. Potenzial dafür gibt es immer, aber das ist je nach Betrieb und Branche unterschiedlich. Einige Betriebe sind zum Beispiel schon sehr gut aufgestellt, was die Vereinbarkeit von Beruf und Familie betrifft, andere haben noch Nachholbedarf. Manche setzen auf Mitarbeiterbeteiligung. In der Beratung oder aus dem Leitfaden kann man sich Inspiration holen, was es noch gibt und wie man das konkret umsetzen kann.
Die Fragen stellte Melanie Dorda
Nach einer Umfrage des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) konnten im 1. Halbjahr 2013 nur 40 Prozent der offenen Stellen für Gesellen besetzt werden. Darüber hinaus sind im aktuellen Ausbildungsjahr 15.000 Lehrstellen unbesetzt geblieben. Vor allem im verarbeitenden Gewerbe – mit 20 Prozent – und im Baugewerbe – mit 50 Prozent – sind die Stellengesuche deutlich gestiegen. Die Lage wird sich aufgrund des demografischen Wandels weiter zuspitzen. Schon heute scheiden 100.000 Arbeitnehmer mehr aus dem Arbeitsmarkt aus als nachrücken. Waren im Jahr 2001 von 100 Personen noch 44 älter als 60 Jahre, werden es 2020 bereits 57 und 2030 sogar etwa 75 sein, so die Zahlen des Statistischen Bundesamtes.
Wer nicht genau weiß, mit welcher Strategie er seine Mitarbeiter am besten langfristig an den Betrieb bindet, kann eine Unternehmensberatung nutzen. Die Kosten liegen im Durchschnitt zwischen 900 und bis zu 2.200 Euro pro Tag, so der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater. Bei den Handwerkskammern ist eine solche Beratung für Mitglieder kostenfrei. Oft muss der Unternehmer gar nicht tief in die Tasche greifen, um Anreize für die Mitarbeiter zu schaffen, da es viele staatliche Förderungen gibt, etwa zur betrieblichen Altersvorsorge, für Waren- oder Tankgutscheine, Weihnachtsgratifikationen oder Jubiläumsgelder. Während einer individuellen Beratung werden die Kosten im Einzelfall berechnet und Fördermöglichkeiten vorgeschlagen.
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