Inventur: Checkliste für Firmenchefs
Sie ist ein lästiges Übel in der dunklen Jahreszeit: Die Inventur. In vielen Handwerks- und Handelsbetrieben wird noch mit Stift und Zettel gezählt. Viel Arbeit, aber am Ende wird man mit einem guten Überblick über den eigenen Betrieb belohnt.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Was Sie als Chef im Handwerk wissen müssen
Der Aufwand rund um die Inventur, das stundenlange Zählen, Messen und Wiegen, löst nicht unbedingt Begeisterung aus. Doch die Inventur bringt eben auch wichtige Erkenntnisse. Unternehmer bekommen einen guten Überblick über Vorräte, Firmenwerte und ihre finanzielle Situation.
Die Inventur hilft, mögliche Fehler bei der Bestandserfassung in der Buchhaltung oder auch Diebstähle aufzudecken, und nicht zuletzt hat das Finanzamt ein Auge darauf.
Foto: © Daniel Kaesler/123RF.com"Grundsätzlich ist jeder bilanzierende Kaufmann zu einer Aufstellung des Inventars verpflichtet", erklärt Andreas Tischler, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei der Kanzlei Ecovis in Rastatt. Das schreibt das Handelsgesetzbuch (HGB) vor. Und zwar jedes Jahr!
Die Unternehmer müssen bei der Inventur alle Vermögensgegenstände, Forderungen und Schulden berücksichtigen. Der Warenbestand selbst wird getrennt nach Vorprodukten, teilfertigen sowie fertigen Produkten erfasst. Auch Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe gehören zum Inventar.
In vielen Handwerks- und Handelsbetrieben ist dabei das Zählen von Hand mit Stift und Zettel noch die Regel. Im Schreibwarenladen oder online gibt es dafür Inventurlisten.
"Je nach Branche oder Betriebsgröße arbeiten Firmen heute aber auch mit Scannern, die den Bestand per Barcode aufnehmen und direkt elektronisch in die Inventarliste übertragen", berichtet Daniel Ehlke, ebenfalls Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei Ecovis. Inzwischen gibt es auch Inventur-Apps.
Die Inventur hat Steuerwirkung
Weicht der bei der Inventur ermittelte Bestand von dem der Buchhaltung ab, muss die Differenz unbedingt korrigiert werden. "Sind also etwa zehn für den Kauf bestimmte Geräte weniger im Bestand, erfolgt zur Berichtigung eine Aufwandsbuchung", erläutert Ehlke. Die Aufwandsbuchung mindert dann das Jahresergebnis und damit die Steuerlast.
Ermittelt die Inventur dagegen höhere Bestände, wirkt die Korrekturbuchung umgekehrt.
Nach der reinen Bestandsaufnahme wird jeder einzelne Vermögensgegenstand bewertet. Eingekaufte Wirtschaftsgüter werden mit ihren Anschaffungskosten, selbst gefertigte mit ihren Herstellungskosten bewertet.
Fertigungslöhne und Materialkosten müssen je nach Fertigungsgrad ebenso berücksichtigt werden wie die anteiligen Gemeinkosten, etwa für Werkzeuge oder Energie.
"Firmen, die über einen Betriebsabrechnungsbogen für die interne Kalkulation verfügen, können daraus Gemeinkostensätze ableiten und diese prozentual bei der Ermittlung der Herstellungskosten hinzurechnen", erläutert Tischler.
Erleichternde Bewertungsverfahren
Betriebe, die über keine systematische interne Kalkulation verfügen, nutzen als Alternative oft die retrograde Bewertung. Sie ziehen dazu vom Verkaufspreis der Produkte ihre Gewinnspanne ab und ermitteln so die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, wobei diese je nach Fertigungsgrad prozentual anzusetzen sind.
Der lässt auch Erleichterungen zu. So ist es möglich, Vermögensgegenstände oder Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, deren Bestand nur geringen Wertveränderungen unterliegt und die regelmäßig ersetzt werden, für drei Jahre mit einem Festwert anzusetzen.
Das kommt etwa bei Tellern in der Gastronomie oder bei Maschinenölen infrage, deren Gesamtwert nicht so bedeutsam ist.
Wann macht man die Inventur?
Foto: © andreypopov/123RF.comDie meisten Unternehmen setzen die Inventur rund um den Bilanzstichtag an (sogenannte Stichtagsinventur). Oft endet auch das Wirtschaftsjahr des Unternehmens am 31. Dezember (Bilanzstichtag). Diese Inventur muss innerhalb von zehn Tagen vor oder nach dem Bilanzstichtag durchgeführt werden. Die meisten kleineren Unternehmen werden die Stichtagsinventur wählen, denn hier ist der Aufwand am geringsten.
Zulässig ist die Inventur aber auch innerhalb der letzten drei Monate vor oder innerhalb der ersten beiden Monate nach dem Ende des Geschäftsjahres (verlegte Inventur).
"Bei einer Inventur vor dem Bilanzstichtag sind die danach bis zum Geschäftsjahresende angefallenen Zugänge den Inventurwerten hinzuzurechnen und Abgänge abzuziehen", erklärt Steuerberater Andreas Tischler.
Im Fall einer Inventur nach dem Bilanzstichtag werde entsprechend zurückgerechnet.
"Gut vorbereitete Betriebsprüfer werfen ein kritisches Auge auf das Inventurergebnis", weiß der Experte. "Sie schauen sich etwa mit Blick auf Ungereimtheiten die Umsatzerlöse des Folgejahres an oder haben abweichende Auffassungen bei den Bewertungen." Bei Fehlern drohen Gewinnzuschätzungen und Steuernachzahlungen.
Unternehmer sollten daher ihren Steuerberater mindestens ein bis zwei Stunden in die Inventur einbinden. Daniel Ehlke: "Der den Jahresabschluss testierende Wirtschaftsprüfer muss sogar zwingend bei der Inventur vor Ort anwesend sein und auf die korrekte Bestandsaufnahme achten."
Checkliste Inventur
- Inventurtermin rechtzeitig festlegen
- Zeitplan aufstellen
- Mögliche Geschäftsschließung rechtzeitig ankündigen
- Mitarbeiterteams einteilen
- Festlegen, was zu zählen, zu messen oder zu wiegen ist
- Inventuranweisung, wie zu zählen und zu bewerten ist, anfertigen
- Bestimmen, was geschätzt werden darf
- Bestand nach Art der Waren und Materialien sortieren
- Steuerberater einbinden
Quelle: Ecovis
Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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