Unwissenheit schützt vor Strafe nicht!
Viele Handwerksbetriebe wissen schlicht nicht, dass sie Künstlersozialabgaben zahlen müssen. Verständlich. Denn es zu überprüfen, kostet Zeit und Nerven.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Was Sie als Chef im Handwerk wissen müssen
Künstlersozialabgabe? Bei diesem Stichwort schwillt manchem Handwerksunternehmer der Kamm. Eine Abgabe zahlen – im schlimmsten Fall vier Jahre nachdem man einen Webdesigner beauftragt hat, einen Internetauftritt zu gestalten? Oder zum jährlichen Betriebsfest einen DJ oder eine Musikkapelle engagiert hat? Das sehen viele Handwerker nicht ein. Sie haben die Rechnung bezahlt und damit basta.
Doch ärgern hilft nicht und auch Unwissenheit schützt nicht vor Strafe, in Zukunft weniger denn je. Denn die Bundesregierung hat gerade ein Gesetz verabschiedet, das den komplizierten Namen "Künstlersozialabgabestabilisierungsgesetz" trägt. Und das bringt für Handwerksunternehmer eine gute und eine schlechte Neuerung.
Finanzielle Belastung sinkt – Bürokratie bleibt
Die schlechte zuerst: Es wird schwieriger, die Künstlersozialabgabe – sagen wir einmal – zu ignorieren. Denn während die Träger der Rentenversicherung bisher etwa 70.000 Betriebe im Jahr angeschrieben und einige Unternehmen auch vor Ort überprüft haben, sollen es ab 2015 rund 400.000 Firmen sein. Auch die kleinen Betriebe sind davon betroffen. Unternehmen, die im Moment keine Beiträge zahlen müssen, werden über ihre möglichen Zahlungspflichten informiert. Der Chef muss dann bestätigen, dass er die Information bekommen hat und sich melden wird, sobald er eine Abgabe zahlen muss.
Die gute Nachricht ist besonders für die kleinen Handwerksbetriebe interessant. Denn das neue Gesetz mit dem unaussprechlichen Namen enthält eine Geringfügigkeitsgrenze, die ab kommendem Jahr greift: Aufträge mit einem (abgabepflichtigen) Umfang unter 450 Euro pro Jahr sind von der Künstlersozialabgabe befreit. Klingt gut, bedeutet aber: "Die finanzielle Belastung sinkt, die bürokratische Belastung bleibt bestehen", kritisiert Dr. Marlene Schubert, Expertin des Zentralverbands des deutschen Handwerks (ZDH).
Verfahren ist "sehr komplex und aufwändig"
Denn auch wenn ein Betrieb einen Auftrag oder mehrere Aufträge vergibt, für die ein Honorar unter der Geringfügigkeitsgrenze von 450 Euro anfällt, muss er alle abgabepflichtigen Tatbestände prüfen und dokumentieren also reichlich Zeit und Nerven investieren.
Der wichtigste Kritikpunkt an dem Verfahren zur Künstlersozialabgabe ist die Bürokratie, so Marlene Schubert: "Es ist sehr komplex und aufwändig. Die finanzielle Belastung sinkt zwar aufgrund der Bagatellgrenze, die bürokratische Belastung kann aber aufgrund der Ausweitung der Prüfung steigen." So muss sich jeder Betrieb, der die Voraussetzung für die Abgabepflicht erfüllt, ohne Aufforderung melden. Jedes Unternehmen muss also jedes Jahr neu überlegen, ob es Beiträge zahlen muss.
"Höchst ineffizientes System!"
Dabei müssen nur wenige Firmen tatsächlich Abgaben zahlen. Der ZDH weist in einem Positionspapier zur Künstlersozialabgabe darauf hin, dass von den Firmen, die die Rentenversicherung 2008 angeschrieben hat, 80 Prozent nichts zahlen mussten – obwohl die Rentenversicherung von vorneherein nur die Betriebe angeschrieben hat, die wahrscheinlich betroffen sein könnten. So würden also, so der ZDH, "weit über 80 Prozent der Unternehmen in Deutschland mit einer Bürokratie überzogen, der keinerlei Einnahmen der Künstlersozialkasse gegenüberstehen". Wer Künstler sozial absichern und damit einen Beitrag zur Kulturförderung leisten will, müsse zugeben: Die Verwerterabgabe für Unternehmen, die für ihren Betrieb werben, sei dafür ein "höchst ineffizientes System".
Der ZDH hat das System der Künstlersozialabgabe stets kritisiert. Denn das Handwerk kann nicht verstehen, warum diese Selbstständigen im Vergleich zu anderen Unternehmern finanziell bessergestellt werden, also nicht alleine für ihre Renten- und Krankenversicherung zahlen müssen. Besonders ärgerlich ist nach Ansicht des Handwerksverbandes das System der Künstlersozialabgabe für die kreativen Handwerksberufe wie zum Beispiel die selbstständigen Berufsfotografen: Ihre Auftraggeber können je nach Auftrag zur Zahlung der Künstlersozialabgabe verpflichtet sein (z. B. für Fotos für die Internetseite oder eine Werbebroschüre). Die Berufsfotografen selbst haben aber nichts davon, sie können sich in der Regel nicht in der Künstlersozialkasse versichern.
Zwei Pflichten müssen Handwerksunternehmen normalerweise bei der Künstlersozialabgabe beachten: die Melde- und die Aufzeichnungspflicht.
Meldepflicht
Es gilt grundsätzlich, dass sich abgabepflichtige Unternehmen bei der Künstlersozialkasse (KSK) selbst melden müssen. Dann prüft die Künstlersozialkasse zunächst die Abgabepflicht. Bis zum 31. März eines jeden Jahres muss das abgabepflichtige Unternehmen der Künstlersozialkasse einen ausgefüllten Meldebogen über die Höhe der abgabepflichtigen Entgelte zusenden. Den Meldebogen versendet die Künstlersozialkasse; er kann auch auf der Internetseite der KSK heruntergeladen werden (kuenstlersozialkasse.de). Im Anschluss erhält das Unternehmen einen Bescheid über die Höhe der Abgabe.
Aufzeichnungspflicht
Abgabepflichtige Unternehmen müssen Aufzeichnungen über die Entgelte führen, die sie an selbstständige Künstler und Publizisten gezahlt haben. Aus den Aufzeichnungen für den Betriebsprüfer der Rentenversicherung muss erkenntlich sein, was an die KSK gemeldet wurde.
Die Liste sollte Aufschluss über den Zeitpunkt der Entgeltzahlung geben und den Namen des Künstlers und seine Tätigkeit geben. Eine Zuordnung zum Ablageort der Vorgänge und Rechnungen muss jederzeit möglich sein.
Quelle: ZDH
Text:
Ulrike Lotze /
handwerksblatt.de
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