Konflikt

Manchmal muss der Chef auch Mediator sein. (Foto: © pixelery/123RF.com)

Vorlesen:

Wie man Zoff unter Kollegen vermeiden kann

Pöbeleien und Handgreiflichkeiten am Arbeitsplatz kommen auch im Handwerk vor. Wie Chefs Übergriffe ihrer Mitarbeiter bestrafen und vor allem verhindern können.

Der Arbeitsplatz wird manchmal zum Tatort. Dies zeigen viele Gerichtsfälle der jüngeren Vergangenheit. Kontrahenten attackieren sich mit Motorradhelmen, Knallkörpern oder kochendem Wasser. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Fälle, in denen Arbeitnehmer ihren Kollegen oder Vorgesetzten drohen, sie schwer zu verletzen oder sogar zu töten. In der modernen Arbeitswelt reagieren viele Mitarbeiter offenbar zunehmend gereizter. Immer mehr Konflikte entladen sich in verbaler oder körperlicher Gewalt. Die Gründe für diese Entwicklung sind vielschichtig. Dazu gehören natürlich auch die wachsende Arbeitsbelastung und der zunehmende Termindruck.

Wichtige Aufgabe für den Chef

Der Umgang mit Gewalt am Arbeitsplatz wird deshalb zu einer wichtigen Aufgabe für den Chef. Mit den richtigen Maßnahmen lassen sich viele Gewaltausbrüche verhindern oder eindämmen. Ungelöste Konflikte zwischen Kollegen oder mit Vorgesetzten kommen Unternehmen teuer zu stehen. Betroffene reagieren oft mit einer "inneren Kündigung" und stecken mit ihrer Unlust noch die Kollegen an.

Entladen sich schwelende Konflikte in Gewalt, ist der Schaden noch viel größer. Schnell sind das soziale Miteinander und die Produktivität des ganzen Unternehmens beschädigt. Kommt es zu Gewalt am Arbeitsplatz, sollte der Unternehmer zügig und konsequent, aber nicht überstürzt reagieren. Alle arbeitsrechtlichen Sanktionen wollen gut überlegt sein. Der Arbeitgeber trägt in einem Kündigungsschutzprozess die Beweislast und muss seine Entscheidung rechtfertigen. Wer unbedacht eine Kündigung ausspricht, riskiert langwierige Kündigungsschutzprozesse mit ungewissem Ausgang. Das Problem: Zwar können Gewaltausbrüche an sich eine Kündigung rechtfertigen, doch entscheiden letztlich immer die individuellen Umstände. Deshalb empfiehlt sich bei Eskalationen ein systematisches Vorgehen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Am besten systematisch vorgehen 

Bevor Arbeitgeber eine Kündigung aussprechen, müssen sie auch über weniger einschneidende Bestrafungen nachdenken. Die mildeste Maßnahme ist die Ermahnung als Vorstufe zur Abmahnung. Damit missbilligen Arbeitgeber vertragswidriges Verhalten, verzichten aber auf arbeitsrechtliche Konsequenzen. Eine Ermahnung kommt bei einem einmaligen leichten Fehlverhalten von verdienten Mitarbeitern in Betracht. Bei wiederholten oder schweren Übergriffen sollten Arbeitgeber eine Abmahnung aussprechen. Damit dokumentieren sie den Sachverhalt und sprechen eine klare Warnung aus. Im Wiederholungsfall müssen Täter mit einer Kündigung rechnen. Bei erneuten Übergriffen nach einer vorausgegangenen Abmahnung ist eine ordentliche Kündigung möglich. Bei sehr gravierenden Übergriffen, die den Betriebsfrieden gefährden, dürfen Chefs auch zum stärksten aller Sanktionsmittel greifen und sofort eine fristlose Kündigung aussprechen.

Viele Aggressionen lassen sich vermeiden oder deutlich entschärfen, wenn Vorgesetzte ein Gespür für drohende Konflikte entwickeln. Der Chef sollte Kontrahenten frühzeitig zu einer Aussprache mit einem neutralen Dritten zusammenführen. Ansonsten entwickeln Konflikte schnell eine Eigendynamik, die kaum mehr zu kontrollieren ist. Vorgesetzte sollten ein respektvolles Miteinander vorleben und fördern. Hilfreich sind allgemeine Regeln für die kollegiale Zusammenarbeit in Form einer Arbeitsordnung oder eines Verhaltenskodex. Idealerweise entwickeln Geschäftsführung, Betriebsrat und Belegschaft die Leitlinien gemeinsam. So finden die Regeln breite Akzeptanz und helfen, Konflikte zu entschärfen, bevor sie eskalieren.

Praxistipp: Wie Chefs bei Gewaltausbrüchen richtig vorgehen

  1. Vorgang aufklären: Nicht immer ist die Schuldfrage eindeutig. Klarheit verschafft eine sorgfältige Aufklärung. Wer hat was genau gesagt oder getan? Gibt es eine "Vorgeschichte" oder ging dem Übergriff eine Provokation voraus? Hat der Täter sich im Nachhinein entschuldigt?
  2. Beweise sammeln: Beteiligte schildern den Hergang oft unterschiedlich. Der Arbeitgeber sollte Beweise einholen und protokollieren. Decken oder widersprechen sich die Aussagen von Zeugen? Sind die Schilderungen realistisch? Gibt es Videoaufnahmen und können diese vor Gericht als Beweismittel dienen?
  3. Sanktionen abwägen: Arbeitgeber sollte nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen, sondern Sanktionsmittel mit Bedacht auswählen. Bei einer Kündigungsschutzklage müssen sie sich vor Gericht rechtfertigen. Richter hinterfragen, ob die Sanktionen angemessen und nicht überzogen sind. Sicherheitshalber sollten Firmen vorab rechtlichen Rat einholen. (Quelle: Hogan Lovells)

Die Autorin Dr. Kerstin Neighbour ist Rechtsanwältin, Spezialistin im Bereich Arbeitsrecht und Partnerin der Frankfurter Wirtschaftskanzlei Hogan Lovells.

Text: / handwerksblatt.de

Das könnte Sie auch interessieren: