HandwerkMit BIM wird ein Gebäude zweimal errichtet – zunächst virtuell und anschließend physisch. Am virtuellen Modell können ­Architekten, Planer und Handwerker gemeinsam arbeiten, sich leicht ­abstimmen oder Veränderungen koordinieren. Große Unternehmen wie ­Siemens haben bereits viele Produkte mit Bauteil-Attributen ­versehen, so dass sie sich in einem BIM-Modell verwenden lassen.

Mit BIM wird ein Gebäude zweimal errichtet – zunächst virtuell und anschließend physisch. Am virtuellen Modell können ­Architekten, Planer und Handwerker gemeinsam arbeiten, sich leicht ­abstimmen oder Veränderungen koordinieren. Große Unternehmen wie ­Siemens haben bereits viele Produkte mit Bauteil-Attributen ­versehen, so dass sie sich in einem BIM-Modell verwenden lassen. (Foto: © Siemens AG)

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Der virtuelle Zwilling

Betriebsführung

Das Building Information Modeling (BIM) – zu Deutsch Bauwerksdatenmodellierung – greift um sich. Das Handwerk sollte sich damit schleunigst ­auseinandersetzen, sind Experten überzeugt.

Handwerkern sind BIM-Projekte zuweilen noch ein Buch mit sieben Siegeln. So hat es jedenfalls Rudolf Müller, Beauftragter für Innovation und Technologie an der HWK Koblenz, erfahren. "Bei einer Veranstaltung für Fliesenleger kannte der überwiegende Teil der Handwerker BIM überhaupt nicht", bedauert er. Auf der anderen Seite gibt es Baubetriebe, die damit sehr erfolgreich arbeiten. "Gut tun sie daran", betont Matthias Hess, Architekt und BIM-Projektmanager bei Arcadis, einem internationalen Anbieter von Beratungs-, Projektmanagement- und Ingenieurleistungen. "Denn BIM – Building Information Modeling, zu Deutsch Bauwerksdatenmodellierung – wird bei Bauprojekten über kurz oder lang zum Management-Standard werden", ist er überzeugt.

Mit dem digitalen Managementsystem BIM lassen sich Bauprojekte von der Ausschreibung bis zur Wartung und Instandhaltung begleiten und durchführen. Kern des Geschehens ist ein dreidimensionales BIM-Modell des Baus, eine Art digitaler Architektenplan in drei Dimensionen. In diesem Modell sind alle Daten enthalten, die ein Handwerker braucht, um ein Angebot zu erstellen. Also etwa die Größe, Zahl und Art der Fenster, die das Haus bekommen soll. Oder die exakten Maße sowie die statischen und bauphysikalischen Anforderungen an die Mauern. Damit kann ein Handwerker sehr leicht das Material ermitteln, das er braucht, auch das Kalkulieren wird ihm weitgehend abgenommen. "Ebenso sind Nachträge leicht zu integrieren", so Hess, "normalerweise ist es kompliziert, die Ausführungen nachträglich zu variieren." Für die Abrechnung war bislang eine Begehung des fertigen Gebäudes notwendig, "mit BIM könnte es nur ein Knopfdruck sein". Im Grunde kann BIM also bis zu sieben Dimensionen haben, nämlich auch solche für eine Ablauf- und Finanzplanung, für das Planen von Nachhaltigkeit und für das spätere Facilitymanagement des Gebäudes.

Kern ist das BIM-Modell

Das alles will aber gelernt sein. "Um das BIM-Modell auf dem Bildschirm bloß von allen Seiten anzuschauen, gibt es kostenlos herunterladbare, selbsterklärende BIM-Viewer", erklärt Hess. Für Kollisionsprüfung oder Mengenauswertung können erweiterte Versionen der Viewer verwendet werden, für Kalkulation oder Modellierung und weiteres Arbeiten mit dem Modell müssten aber Programme angeschafft und Softwareschulungen besucht werden. "Es ist sehr schwierig, Handwerksunternehmer für das Thema BIM zu begeistern", hat Rudolf Müller lernen müssen. Mit ihrem Smartphone, einer Homepage und einer E-Mail-Adresse, selbst mit einer spezifischen Branchensoftware seien zwar die meisten Handwerker Teil der digitalen Welt. Aber die Vorstellung, einen gesamten Prozess von Anfang an vollständig digital zu gestalten, mache eher Angst als Lust. "Kenntnisse und Vorbereitungen, die den Betrieb in die Lage versetzen, über BIM mit größeren Partnern zu arbeiten, stellen im Handwerk den absoluten Ausnahmefall dar und dürften bislang auf wenige, besonders leistungsfähige Handwerksunternehmen beschränkt sein", vermutet auch Dr. Volker Becker, Leiter der Unternehmensberatung Technik der HWK Düsseldorf.

"Dennoch, die Bauunternehmen sollten sich einen Masterplan für den Ablauf ihrer Projekte mit BIM zurechtlegen", empfiehlt Müller. Zum Beispiel könne man sich in zehn ersten Projekten an eine BIM-gerechte Arbeitsweise und Komplexität gewöhnen. Dabei sollte von Projekt zu Projekt der Umfang der Arbeiten erhöht und ergänzt werden. Nicht zu unterschätzende Probleme seien aber die Unklarheit über entstehende Kosten, fehlende Normen und die Angst vor mangelndem Datenschutz. Große Unternehmen wie Automobilhersteller, die Deutsche Bahn oder Technologiekonzerne wie Siemens schreiben immer häufiger ihre Bauprojekte mit BIM aus, wie Hess aus eigener Erfahrung mit Projekten dieser Bauherren weiß, bei öffentlichen Ausschreibungen des Bundes soll BIM ab etwa 2020 Pflicht werden. "Ohne das Handwerk als einer der wichtigsten Partner beim Bauen kann aber BIM nicht flächendeckend umgesetzt werden", ist Müller überzeugt. So beginnen die Handwerkskammern allmählich, BIM-Seminare in Gesellen- und Meisterausbildung zu integrieren, für die Weiterbildung gibt es hier und da Spezialkurse. "Einzelaspekte stehen da im Vordergrund", weiß Volker Becker, "auch hier geht es meist noch nicht um den ganzen komplexen BIM-Prozessablauf."

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Abstimmung wird leichter

Vor allem für Maurer und Zimmerer, Sanitär- und Elektrohandwerker sei BIM wichtig, so Müller, aber auch für die anderen Baugewerke. "Die Abstimmung der Gewerke untereinander wird mit dem Managementsystem leichter", urteilt er. Doch hier stößt BIM auch an seine Grenzen. Das gleichzeitige Arbeiten von mehreren Personen an den Teil-Modellen ist manchmal noch nicht reibungsfrei möglich. "Um gezielte Zugriffe auf Teilinformationen zu ermöglichen, arbeiten aktuell Forscher daran, über neue Schnittstellen und Datenviewer selektiv Teildaten nutzbar zu machen, die handwerksseitig zur Auftragsvorbereitung benötigt werden", so Becker. "Ein solches Projekt am BIM-Institut der Universität Wuppertal haben wir gemeinsam mit den Baugewerblichen Verbänden Düsseldorf begleitet."

Wir bleiben mit dem Thema BIM am Ball und freuen uns über Ihre Anregungen.

BIM – Aus- und Weiterbildung: Die Handwerkskammer behandeln das Thema auf unterschiedliche Art und Weise. Ein Überblick.
Handwerkskammer Koblenz: ... behandelt seit 2016 bei Meistervorbereitungskursen im Baubereich auch das Thema BIM. Ab 2019 bietet die Kammer einen Weiterbildungskurs zur BIM-Methode mit dem Webservice-basierten multimedialen Lehr-/Lernkonzept „eWorkBau“an. In Planung ist außerdem ein gewerkeübergreifender Kurs zur BIM-Methode für Auszubildende ab dem zweiten Ausbildungsjahr.
Handwerkskammer Düsseldorf:­ ... kooperiert mit der Bergischen Universität Wuppertal, dem Institut für Stadtplanung und ­Städtebau der Universität Duisburg-Essen (ISS) und der Kreishandwerkerschaft Essen. In Fortbildungen wird auch das Thema BIM behandelt.
Handwerkskammer Cottbus: ... bot 2018 eine Seminarreihe zum Thema BIM an. Auch 2019 wird dieses Thema ­wieder eine Rolle spielen. Derzeit platziert die ­Kammer das Thema in den Meisterklassen und bietet ­zudem Inhouse-Schulungen in kleineren Gruppengrößen an.
Handwerkskammer Münster: ... bietet eine Weiterbildung zum Baugewerke-­Koordinator an, deren ­Themenplan auch BIM enthält.
Handwerkskammer Dortmund: ­... entwickelt einen Zertifikatskurs mit der Zentralstelle für Weiterbildung im Handwerk und will 2019 mit Weiterbildungskursen ­starten.
Handwerkskammer der Pfalz: ... bot ­bereits eine Infoveranstaltung an und erarbeitet ­gemeinsam mit der Universität ­Kaiserslautern Weiterbildungsangebote.

Text: / handwerksblatt.de