Die Allianz senkte die Renten in der Vergangenheit mehrfach mit Verweis auf diese Klausel.

Die Allianz senkte die Renten in der Vergangenheit mehrfach mit Verweis auf diese Klausel. (Foto: © Ralf Kleemann/123RF.com)

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BGH: Keine einseitige Rentenkürzung bei Riester-Verträgen

Betriebsführung

Eine Versicherung kürzt ihre Riester-Renten in Phasen mit niedrigen Zinsen einseitig und nachträglich. Der Bundesgerichtshof kippte die entsprechende Klausel, weil sie die Kunden un­an­ge­mes­se­n be­nach­tei­li­gt.

Eine Klausel in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen ihrer Riester-Verträge erlaubte der Allianz, einseitig und nachträglich die Renten ihrer Kunden zu kürzen, wenn die Rendite der finanzierenden Kapitalanlagen sinkt. Der Bundesgerichtshof beurteilte diese Regelung nun als unwirksam, weil darin nicht garantiert ist, dass die Kürzungen zurückgenommen werden, wenn die Rendite der Kapitalanlagen wieder steigt. Das benachteilige die Kunden unangemessen.

Der Fall

Die Allianz-Versicherung vertreibt fondsgebundene Rentenversicherungen nach dem Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz (auch "Riester-Renten" genannt). Zwischen Juni und November 2006 enthielten die Verträge eine Klausel, die es dem Unternehmen erlaubte, die Renten zu senken, wenn nicht absehbare Umstände dazu führten, dass die Lebenserwartung der Versicherten stark stieg oder die Rendite der Kapitalanlagen deutlich sank.

Die Allianz senkte die Renten in der Vergangenheit mehrfach auf Grundlage dieser Klausel.

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg zog deshalb vor Gericht und wollte erreichen, dass die Allianz diese Regelung nicht mehr verwendet. Das Landgericht Stuttgart wies die Unterlassungsklage zunächst ab. Das OLG Stuttgart änderte das Urteil später ab und verbot der Allianz, sich gegenüber Verbraucherinnen und Verbrauchern auf die Klausel oder ähnliche Regelungen zu berufen. Dagegen legte die Versicherung Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) ein.

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Das Urteil

Auch das höchste deutsche Zivilgericht stellte sich auf die Seite der Versicherungskunden. Es erklärte die Klausel wegen Verstoßes gegen § 308 Nr. 4 sowie § 307 Abs. 1 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für unwirksam. Die Verbraucherschützer hätten zu Recht die Unterlassung aus § 1 UKlaG verlangt.

Die Klausel sei eine Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB), so das Urteil. Nach § 308 Nr. 4 BGB sei sie unzulässig, weil sie dem Verwender ermögliche, die Leistung ohne sachlichen Grund zu ändern oder zu mindern. Diese Recht wirke nur in die eine Richtung und es gebe keine spiegelbildliche Pflicht zum Ausgleich. Das benachteilige die Kunden unangemessen.

Keine Symmetrie zwischen Leistung und Gegenleistung

Zum anderen greife § 307 Abs. 1 S. 1 BGB: Das Fehlen einer Pflicht, die Renten wieder heraufzusetzen, benachteilige die Versicherten entgegen Treu und Glauben unangemessen, weil es die Risikoverteilung einseitig zu ihren Lasten verschiebe. Das Symmetriegebot sei verletzt: Wer die Renten wegen schlechter Umstände herabsetze, müsse spätere Verbesserungen "in vergleichbarer Weise an die Versicherungsnehmer weitergeben".

Fondsgebundene Rentenverträge seien langfristig angelegt, was das Unternehmen zwar grundsätzlich berechtige, auf Markt- und Langlebigkeitsrisiken zu reagieren, erklärte der BGH. Trotzdem müssten die Interessen der Kunden berücksichtig werden und die Verträge daher klare Kriterien für die Gegenrichtung enthalten. 

Überschüsse und Zuzahlungen sind nicht genug

Der BGH urteilte, dass die Allianz die Interessen der Versicherten nicht ausreichend schützt: Laufen die Kapitalanlagen gut, gibt es zwar Überschüsse, an denen die Versicherten beteiligt werden. Aber diese Beteiligung ist oft zu gering, weil sie von Unternehmenszahlen abhängt und erst nach Abzug des Anteils für die Allianz ausgezahlt wird. Damit ersetzt sie keine klare Pflicht, den Rentenfaktor zu erhöhen.

Auch zusätzliche Einzahlungen oder höhere Beiträge gleichen die Nachteile nach Ansicht des BGH nicht richtig aus. Diese Zahlungen seien begrenzt, weil es staatliche Förderung für Riester-Verträge gibt. Das Versprechen der Allianz, den Rentenfaktor bei besseren Bedingungen später zu erhöhen, hilft ebenfalls nicht. Die Klausel enthalte hierfür keine Pflicht des Versicherers, dies zu tun. Es sei daher nicht sichergestellt, dass in Zukunft entsprechende Anpassungen tatsächlich erfolgen. 

Nach Angaben der Allianz betrifft das Urteil rund eine Million Verträge, die zwischen Juli 2001 und Juni 2013 abgeschlossen wurden. 

Der Bund der Versicherten geht davon aus, dass die Entscheidung auch über die Verträge der Allianz hinaus von Bedeutung ist. Das Urteil betreffe viele Riester-, Rürup-, Betriebs- und private Rentenverträge großer Anbieter.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 10. Dezember 2025, Az. IV ZR 34/25

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Text: / handwerksblatt.de

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