Als Blockchain wird eine verschlüsselte Kette von Datenblöcken bezeichnet. Diese ist dezentral auf vielen Knoten in einem Netzwerk gespeichert und wird durch neue Transaktionen erweitert.

Als Blockchain wird eine verschlüsselte Kette von Datenblöcken bezeichnet. Diese ist dezentral auf vielen Knoten in einem Netzwerk gespeichert und wird durch neue Transaktionen erweitert. (Foto: © Sebastien Decoret/123RF.com)

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Blockchain soll Zeugnisse und andere Dokumente fälschungssicher machen

Betriebsführung

Mit der Blockchain-Technologie verbinden viele nur den Bitcoin. Doch auch Zeugnisse können damit so verschlüsselt werden, dass sie nahezu fälschungssicher werden.

Bei der Bewerbung um eine Arbeitsstelle werden den Unternehmen auch gefälschte Zeugnisse vorgelegt. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern erreichen monatlich über 100 Anfragen, die die Echtheit solcher Dokumente anzweifeln. Der damit verbundene Prüfaufwand ist groß. Die Unternehmen müssen entweder einen Termin bei der IHK vereinbaren oder das Prüfergebnis muss aufwändig elektronisch übertragen werden, um die personenbezogenen Daten zu schützen. "Pro Fall kommen da schnell 30 Minuten zusammen", erklärt Armin Barbalata. Zur Validierung von Dokumenten setzt die IHK München nun auf eine andere Lösung: die Blockchain-Technologie

Stichwort: BlockchainAls Blockchain wird eine verschlüsselte Kette von Datenblöcken bezeichnet. Diese ist dezentral auf vielen Knoten (Rechnern) in einem Netzwerk gespeichert und wird durch neue Transaktionen erweitert. Blockchainbasierte Lösungen gelten als transparent und kaum manipulierbar. Durch die Technologie kommen Teilnehmer untereinanderzu einem Konsens und ersetzen so Intermediäre. (Quelle: Blockchain – Chancen für die Wirtschaft nutzen; IHK für München und Oberbayern)

Der erste Anwendungsfall sind die Abschlusszeugnisse der Auszubildenden. "Neben dem analogen Zeugnis erstellen wir ein digitales Abbild, das in Form einer PDF im Online-Ausbildungsportal abgelegt wird", beschreibt der IT-Chef der IHK München den ersten von drei Schritten. Von diesem digitalen Abbild werde dann eine eindeutige Prüfsumme – der sogenannte Hash-Wert – berechnet und dieser in die Blockchain eingetragen. "Die Blockliste ist verkettet, über mehrere Institutionen verteilt und kryptografisch abgesichert. Damit wird es sehr schwierig, ein Zeugnis zu fälschen."

Zeugnis sekundenschnell prüfen

Armin Barbalata, IT-Chef der IHK für München und Oberbayern Foto: © IHK für München und OberbayernArmin Barbalata, IT-Chef der IHK für München und Oberbayern Foto: © IHK für München und Oberbayern

Für die Unternehmen bringt der Einsatz der Blockchain-Technologie eine erhebliche Erleichterung mit sich. Sie können das Zeugnis eines Bewerbers sekundenschnell online prüfen. Möglich macht dies die Plattform "Cert4Trust". Sie ist ein Gemeinschaftsprojekt der IHK für München und Oberbayern, der Landeshauptstadt München, des bayerischen Digitalministeriums und der Handwerkskammer (HWK) für München und Oberbayern. Die Zeugnisdatei kann vom Computer hochgeladen oder per Drag & Drop in eine Ablagezone platziert werden. "Die Prüfsumme wird nun lokal berechnet. Das bedeutet, dass das Zeugnis den Rechner des anfragenden Unternehmens nicht verlässt", hebt Armin Barbalata mit Blick auf den Datenschutz hervor. 

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Weitere "Use Cases" denkbar

Die Abschlusszeugnisse der IHK-Auszubildenden in der Blockchain zu hinterlegen, ist der erste "Use Case". Als Nächstes werden die Zertifikate der Fort- und Weiterbildungen folgen. Doch auch andere Anwendungsfälle sind für Armin Barbalata denkbar. Wichtige Unterlagen für den Außenhandel wie etwa das internationale Zollpassierscheinheft Carnet oder das elektronische Ursprungszeugnis eUZ ließen sich ebenfalls über eine Plattform wie Cert4Trust prüfen. "Unser Ziel ist es, möglichst viele Dokumente dort zu hinterlegen."

Online-Bewerbung noch einfacher

Auf der Plattform Cert4Trust betreibt die Handwerkskammer für München und Oberbayern einen Kernknoten. "In den vergangenen Monaten haben wir die technischen Voraussetzungen geschaffen. Nun werden in einem zweiten Schritt Zeugnisse und Dokumente automatisch in die Blockchain hochgeladen und für Absolventen und Betriebe nutzbar gemacht", erklärt Pressesprecher Jens Christopher Ulrich. Grundsätzlich sei geplant, die Zeugnisse der Gesellen- und Meisterprüfungen sowie die Abschlüsse der beruflichen Fortbildungen auf der Plattform abzulegen. Ulrich meint, dass "die Online-Bewerbung mit dieser zukunftsweisenden Technologie für Handwerksunternehmen und Absolventen noch einfacher wird".

Plattform offen für weitere Partner

Geht es nach der IHK für München und Oberbayern, sollte die Blockchain-Technologie möglichst bald bei allen IHK-Zeugnissen und IHK-Zertifikaten angewendet werden. "In Bayern werden weitere IHKs demnächst nachziehen. Doch auch die IHKs aus anderen Bundesländern haben bereits ihr Interesse bekundet." Als dezentrales System biete die Blockchain für dezentrale Organisationen wie die Industrie- und Handelskammern sowie die Handwerkskammern, aber auch für die Kommunen, die Länder und den Staat die ideale Infrastruktur. "Wir freuen uns über alle, die sich an Cert4Trust beteiligen möchten." 

Handwerk zeigt sich interessiert

"Das Handwerk verfolgt die Blockchain-Technologie auch vor dem Hintergrund des eigenen Verwaltungshandelns – wie das Beispiel der Handwerkskammer für München und Oberbayern zeigt – mit großem Interesse", erklärt der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Im Kontext Prüfungszeugnisse, also etwa Gesellenprüfungs- oder Meisterprüfungszeugnisse, biete sie interessante Potenziale: Arbeitgeber oder Behörden könnten die Echtheit von Zeugnissen im Bedarfsfall durch die Blockchain-Technologie einfacher überprüfen. 

Das Münchener Projekt ist laut dem ZDH eines von verschiedenen Projekten unterschiedlicher Institutionen zum Thema Datensicherheit von digitalen Dokumenten. Damit daraus möglicherweise ein Generalansatz für die Verwendung der Blockchain-Technologie im Bereich von Urkunden und Zeugnissen werden könne, werde es darauf ankommen, in Projekten dieser Art weitere Entwicklungsarbeit zu leisten, um einen für alle beteiligte Akteure – etwa Kammern als Zeugnisaussteller, beglaubigende Behörden, der Prüfungsabsolvent als Zeugnisinhaber sowie potentielle Arbeitgeber und Behörden als Zeugnisüberprüfer – einen flächendeckenden, harmonisierten, transparenten, sicheren und möglichst komfortablen Prozess und Service anbieten zu können. Nach einer Pilotphase könnten sich weitere Interessenten dem Netzwerk als Partner anschließen.

Nachzügler bei digitalen Behördengängen

Bei der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung hinkt Deutschland noch weit hinter anderen europäischen Staaten her. In dieser Kategorie reicht es im Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft der EU-Kommission nur für Platz 21. "Projekte wie Cert4Trust bringen uns näher an Estland, Spanien oder Dänemark heran, die bei den digitalen Behördengängen an der Spitze des Rankings stehen", ist Armin Barbalata überzeugt.

Leider habe die Blockchain-Technologie mit einem schlechten Image zu kämpfen. "Viele verbinden damit nur das Darknet oder Kryptowährungen wie den Bitcoin, für deren Herstellung wegen der hohen Rechnerleistung viel Energie benötigt und damit viel CO2 produziert wird", erklärt der IT-Chef der IHK München. Bei der Überprüfung der Zeugnisse werde jedoch ein anderer Algorithmus verwendet. Statt "Proof of Work" komme "Proof of Authority" zum Einsatz. "Letzterer benötigt nicht mehr Rechnerleistung als eine normale Datenbank", versichert Armin Barbalata. 

Text: / handwerksblatt.de

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