Bundesarbeitsminister Heil zu Gast in Düsseldorf
Die drängenden Fragen der Arbeits- und Sozialpolitik standen im Mittelpunkt des Besuches von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil in der Handwerkskammer Düsseldorf.
"Dass ein SPD-Bundesminister in NRW anzutreffen ist, scheint nicht mehr ganz so selbstverständlich zu sein wie noch vor ein paar Jahren." Gemeint war Bundesarbeitsminister Hubertus Heil. Er besuchte die Handwerkskammer Düsseldorf und Kammerpräsident Andreas Ehlert begrüßte ihn im frisch renovierten Werkssaal der Meisterschule für Metallberufe. Heil und das Handwerk seien nicht immer einer Meinung, so Ehlert. Aber sie seien sich einig, dass in der besonderen Qualifikationskultur des Handwerks und der Rolle des Ehrenamts ein besonderer Wert liege. "Uns eint auch die Überzeugung, dass es beiden – Unternehmern und Beschäftigten – gut gehen muss, damit unsere Betriebe leistungsstark und überlebensfähig sein können."
Richtige und wichtige Themen angepackt
Die GroKo sei deutlich besser als ihr Ruf und sie habe bereits viele wichtige Gesetze verabschiedet (Kita-, Pflege-, Familiengesetz). "Da werden richtige und wichtige Themen angepackt." Kritische Worte fand Ehlert in Bezug auf die Grundrente, die ohne jede Bedürfnisprüfung auskommen soll. Das sei ein Beispiel dafür, dass die große Koalition es sich angesichts der sprudelnden Steuereinnahmen zur Gewohnheit gemacht habe, viel Geld zu verteilen. Vernachlässigt werde aber die Frage, wer unter welchen Rahmenbedingungen diese Mittel erwirtschaftet. "Was das angeht, brauchen wir ganz dringend eine Kurskorrektur."
Schieflage zwischen akademischer und beruflicher Bildung
Karl-Heinz Reidenbach, Vizepräsident für die Arbeitnehmerseite der Handwerkskammer Düsseldorf, machte sich die Ausbildungsstätten des Handwerks stark, deren finanzielle Unterfütterung "meilenweit hinter der Förderung der Hochschulen herhinkt". Die Zukunftsfähigkeit des Handwerks hänge auch davon ab, ob es gelingt, die "Schieflage zwischen akademischer und beruflicher Ausbildung in Ordnung zu bringen", so Reidenbach. Hier erwarte er mehr vom Arbeitsminister. Reidenbach forderte ebenfalls, mittelständische Betriebe mehr in den Fokus zu rücken: "Setzen Sie bei all Ihren Entscheidungen die KMU-Brille auf. Überlegen Sie, welche Konsequenzen Ihre Vorhaben für die vielen kleinen Betriebe haben." Sie seien es, die dafür sorgen, dass neue Arbeitsplätze entstehen.
Arbeit wir in Zukunft nicht ausgehen
"Wir haben die niedrigste Arbeitslosenquote seit der deutschen Einheit, den höchsten Stand sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung und die zweitniedrigste Erwerbslosenquote in der Europäischen Union", sagte Heil. Dennoch machten sich ganz viele Menschen Sorgen um die Zukunft. Die gute Nachricht sei, "dass uns die Arbeit in Zukunft nicht ausgehen wird". Aber sie und die entsprechenden Qualifikationsanforderungen würden sich im Zuge der Digitalisierung innerhalb eines kurzen Zeitraums verändern. Im Rahmen der Nationalen Weiterbildungsstrategie sehe das Qualifizierungschancengesetz eine Förderung (sowohl für Qualifikationskosten als auch für den Arbeitsentgeltausfall) besonders für kleine Betriebe vor.
Fachkräftestrategie muss an den Schulen beginnen
Der Fachkräftemangel sei eine Wachstumsbremse für Deutschland, so der Arbeitsminister. Hier sei eine umfassende Fachkräftestrategie notwendig, die an den Schulen beginnen müsse – möglichst mit Berufsorientierung an allen Schulformen ab der siebten Klasse. Der Staat müsse deutlich machen, dass die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung ein wichtiger Punkt ist – zum Beispiel mit einer modernen Ausstattung der Berufsschulen. Fachkräftezuwanderung sei nötig, aber sie könne aber nur ergänzend sein zu dem, was es an inländischem Potenzial gibt.
Ordentliche Alterssicherung unabdingbar
"Wenn sich so viel wandelt, dann soll es ein paar Sachen geben, auf die man sich im Wandel verlassen kann. Dazu gehört ein Kernversprechen, nämlich dass man nach einem Leben mit harter Arbeit eine ordentliche Alterssicherung hat. Arbeit muss einen Unterschied machen." Der Grund, warum Heil die Grundrente mache, sei, dass ganz viele Menschen gebe, die lange gearbeitet haben, aber wegen zu niedrigen Löhnen am Ende nicht mehr bekommen als die Grundsicherung – also nicht mehr in der Tasche haben als die, die nie gearbeitet haben. "Das lähmt und spaltet eine Gesellschaft." Heil plane noch einen weiteren Schritt in der mit der Einbeziehung der Selbstständigen in das System der Alterssicherung. Es sei wichtig, dass die Bundesregierung diese Sozialstaatsreform noch hinbekommt.
Berufsbildungseinrichtungen müssen gefördert werden
Kammerhauptgeschäftsführer Dr. Axel Fuhrmann forderte während der Diskussion mehr finanzielle Mittel für die Ausbildungsstätten. Im Vergleich mit dem Geld, das in akademische Bildungseinrichtungen fließt, seien die Beträge für Berufsbildungseinrichtung sehr gering. Außerdem mahnte er, mit den Berufsschulen nicht in Konkurrenz zu den Ausbildungsstätten des Handwerks zu treten. "Uns geht es hier um den fairen Wettbewerb." Heil stimmte zu: Wenn beruflichen Schulen und Hochschulen stärker für Weiterbildung geöffnet werden sollen, dürfe das nicht im Widerspruch zu den handwerklichen Bildungszentren geschehen.
Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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