Corona-Entschädigung: Diese Zahlungen bekommen Eltern
Wer seine Kinder wegen der Pandemie nicht in Kita oder Schule bringen und deshalb nicht arbeiten kann, bekommt per Gesetz eine Entschädigung. Ein Experte gibt einen Überblick.
Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) soll finanzielle Nachteile auffangen, die entstehen, wenn Arbeitnehmer oder Selbstständige im Zuge der Corona-Krise wegen notwendig gewordener Kinderbetreuung ihrer Arbeit nicht nachgehen können. Doch wer hat genau einen Anspruch? Wann ist dieser ausgeschlossen? Und wo ist der Antrag zu stellen? Der Fachanwalt für Arbeitsrecht Volker Görzel gibt hierzu einen Überblick.
Grundbedingungen des Entschädigungsanspruchs
Folgende vier Bedingungen müssen zusammen erfüllt sein:
• Die Schule oder Kindertagesstätte oder Einrichtung für Menschen mit Behinderungen, die das Kind besucht, muss aufgrund behördlicher Anordnung geschlossen worden sein
• das Kind darf das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben (das Kind ist also höchstens 11 Jahre alt) oder es muss ohne Alterseinschränkung aufgrund einer Behinderung auf Hilfe angewiesen sein
• das Kind muss in der Zeit der Schließung vom Arbeitnehmer/ Selbstständigen selbst zu Hause beaufsichtigt, betreut oder gepflegt werden, weil eine anderweitige zumutbare Betreuung nicht sichergestellt werden konnte.
• Die erwerbstätige Person muss dadurch einen Verdienstausfall erleiden.
Häufig gestellte Fragen von Eltern
Wer hat genau einen Anspruch auf Entschädigung bei notwendiger Kinderbetreuung?
Den Anspruch haben grundsätzlich Arbeitnehmer, die im Zuge der Corona-Krise wegen notwendig gewordener Kinderbetreuung nicht arbeiten können. Auch die Arbeitgeber sind anspruchsberechtigt, wenn sie in Vorleistung gehen. Der Antrag auf Entschädigung ist dann vom Arbeitgeber zu stellen. Dies sorgt auch dafür, dass es bei den Arbeitnehmern nicht zu Verzögerungen beim Mittelzufluss kommt und der Lebensunterhalt sichergestellt werden kann. Auch Selbstständige und Minijobber haben einen Anspruch und sind gegenüber dem für sie zuständigen Landschaftsverband antragsberechtigt.
Wie hoch fallen die Entschädigungen aus und für welchen Zeitraum werden diese bewilligt?
Gezahlt werden 67 Prozent des Netto-Verdienstausfalls, maximal 2.016 Euro pro Kalendermonat und 80 Prozent der Sozialabgaben des/der betreffenden Arbeitnehmer oder des/der selbstständig Tätigen. Bei einer Arbeitszeitreduzierung ist eine anteilige Entschädigung möglich. Die Entschädigung wird für bis zu 10 Wochen bzw. bei allein betreuenden, pflegenden oder beaufsichtigenden erwerbstätigen Personen bis zu 20 Wochen gewährt.
Bei Selbstständigen wird als Verdienstausfall ein Zwölftel des letzten jährlichen Arbeitseinkommens zugrunde gelegt. Auch hier beträgt der Entschädigungsbetrag maximal 2.016 Euro pro Kalendermonat. Darüber hinaus können Aufwendungen für die private soziale Sicherung in angemessenem Umfang geltend gemacht werden.
Muss ich meinem Mitarbeiter trotzdem das volle Gehalt zahlen, also die Differenz zwischen Entschädigung und Gehalt zuzahlen?
Es handelt sich hier um einen gesetzlichen Entschädigungsanspruch, der der Höhe nach begrenzt ist. Sie dürfen für die Zeit das volle Gehalt zahlen, dies liegt in Ihrem Ermessen.
Wann besteht kein Anspruch auf Entschädigung bei notwendiger Kinderbetreuung?
Keinen Anspruch haben Arbeitnehmer, die
- im Home-Office arbeiten oder
- andere Möglichkeiten haben, ihrer Arbeit "vorübergehend bezahlt fernzubleiben". Dies ist zum Beispiel der Fall bei
- Abbau von Zeitguthaben oder
- bezahlter Freistellung oder
- wenn der Arbeitnehmer aus anderen Gründen bezahlt freigestellt wird (etwa, wenn der/die Arbeitnehmer bereits nach anderen gesetzlichen, tariflichen, betrieblichen oder individualrechtlichen Grundlagen unter Fortzahlung des Entgelts oder einer der Höhe nach dem Entgelt entsprechenden Geldleistung der Arbeit fernbleiben kann).
- soweit die Arbeitszeit aufgrund der Anordnung von Kurzarbeit verkürzt ist.
- Kein Anspruch besteht für Beamte.
Wann ist eine Betreuungsmöglichkeit zumutbar?
Eine zumutbare Betreuungsmöglichkeit ist beispielsweise gegeben, wenn ein Anspruch auf eine sogenannte Notbetreuung in der Kita, Schule oder Einrichtung für Menschen mit Behinderungen besteht, auf den anderen Elternteil zurückgegriffen werden kann oder andere Familienmitglieder oder Verwandte die Betreuung wahrnehmen können, sofern diese in Bezug auf Infektionen keiner Risikogruppe angehören.
Was ist mit Home-Office, wenn die Kinder noch klein sind?
Um im Home-Office arbeiten zu können, ist es auch erforderlich, für die Arbeit zur Verfügung zu stehen und sich nicht andauernd um ein kleines Kind kümmern zu müssen. Ein Entschädigungsanspruch ist hier nicht grundsätzlich ausgeschlossen, es kommt letztlich auf den Einzelfall an.
Muss Erholungsurlaub vorrangig zur Kinderbetreuung genommen werden?
Das hängt davon ab, um welche Urlaubsansprüche es sich handelt. Bestehen noch Urlaubsansprüche aus dem Vorjahr, dann sind diese zunächst für die Kinderbetreuung zu verwenden. Urlaubsansprüche aus diesem Jahr sind grundsätzlich nicht vorrangig für die Kinderbetreuung einzusetzen. Sollte für den betroffenen Zeitraum jedoch bereits im Vorfeld Urlaub beantragt worden sein, so ist dieser vorrangig einzusetzen.
Wer kann einen Antrag stellen? An wen ist dieser zu richten?
Im Falle von Arbeitnehmern kann der Arbeitgeber einen Antrag stellen. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber seiner Verpflichtung innerhalb der ersten sechs Wochen nachgekommen ist, die Entschädigung an seine Arbeitnehmer auszuzahlen. Ansprechpartner der Arbeitnehmer sind entsprechend in erster Linie ihre Arbeitgeber.
Wenn im Einzelfall der Arbeitgeber seiner Zahlungspflicht nicht nachkommt, kann sich der Arbeitnehmer auch unmittelbar an den zuständigen Landschaftsverband wenden. Ab der 7. Woche müssen Arbeitnehmer ihren Antrag selbst gegenüber der zuständigen Behörde stellen. Selbstständige können für ihren Verdienstausfall einen Antrag stellen.
Den Erstattungsantrag kann man online stellen. Zuständig für die Zahlung der Entschädigung ist nach § 66 IfSG das Bundesland, welches die Maßnahme angeordnet hat. In NRW richtet sich die örtliche Zuständigkeit des jeweiligen Landschaftsverbandes nach dem Sitz des Betriebes, bzw. der Betriebsstätte, an der der betroffene Mensch tätig ist.
Ab welchem Zeitpunkt besteht ein Anspruch? Ist für den Antrag eine Frist einzuhalten?
Der Anspruch besteht seit dem 30. März 2020. Sofern Ihr Kind selbst unter Quarantäne gestellt wurde, besteht der Anspruch für die Fälle, in denen Quarantänen ab dem 19. November 2020 erstmals angeordnet wurden. Die Anträge müssen innerhalb von 12 Monaten nach dem Ende der vorübergehenden Schließung oder der Untersagung des Betretens der Schulen, Kindertagesstätten oder Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen beim zuständigen Landschaftsverband Rheinland (LVR) oder Westfalen-Lippe (LWL) gestellt werden. Die Zuständigkeit der Landschaftsverbände richtet sich in der Regel nach dem Sitz des Betriebes.
Welche Unterlagen werden für die Beantragung benötigt?
Gemeinsam mit Ihrem Antrag sind die Lohn- bzw. Gehaltsabrechnungen der letzten 2 Monate der betroffenen Arbeitnehmer einzureichen. Selbstständige reichen bitte den letzten Steuerbescheid ein. Liegt wegen erst kürzlich erfolgter Unternehmensgründung noch kein Steuerbescheid vor, bitten eine Erklärung Ihres Steuerberatungsbüros beifügen.
Habe ich einen Anspruch während ich in Kurzarbeit bin?
Nein, soweit Sie in Kurzarbeit sind, haben Sie die Möglichkeit Ihre Kinder selbst zu betreuen.
Besteht ein Anspruch auf Entschädigung während der Schul- oder Betriebsferien?
Es besteht kein Anspruch, wenn die Kita, Schule oder Einrichtung für Menschen mit Behinderungen ohnehin in den Schul- oder Betriebsferien geschlossen hätte.
Können sich die Eltern die Kinderbetreuung teilen?
Ja, Eltern können sich die Kinderbetreuung teilen und für die jeweiligen Tage mit Verdienstausfall eine Entschädigung erhalten. Der maximale Anspruch von 10 Wochen besteht für jede erwerbstätige Person. Für erwerbstätige Personen, die ihr Kind allein beaufsichtigen, betreuen oder pflegen, besteht ein Anspruch für längstens 20 Wochen. Pro erwerbstätige Person ist der Anspruch auf 2.016,00 EUR pro Kalendermonat begrenzt. Der maximale Anspruchszeitraum von 10 bzw. 20 Wochen muss nicht an einem Stück ausgeschöpft, sondern kann entsprechend der jeweiligen Bedürfnisse tageweise verteilt werden.
Quelle: VdAA
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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