Friseur ist kein Reisegewerbe
Friseure, die in Altenheimen ihre Dienste anbieten, müssen in die Handwerksrolle eingetragen sein. Eine Zulassung als Reisegewerbe genügt dafür nicht.
Eigentlich eine gute Idee: Die Mitarbeiter eines größeren Friseurunternehmens boten den Bewohnern von Seniorenheimen Behandlungen vor Ort an. Aber: Der Chef wollte sich die Eintragung in die Handwerksrolle sparen und erklärte seine Mitarbeiterinnen kurzerhand zu solchen, die im Reisegewerbe tätig sind.
Das Ordnungsamt der Stadt Gelsenkirchen fand die Idee weniger gut. Nach einem Hinweis der Handwerkskammer Münster hat es dem Friseurbetrieb verboten, seine Leistungen in den Senioren-Einrichtungen anzubieten. Das Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen brachte ihm keinen Erfolg. Die Richter befanden, dass der Betrieb in den Seniorenheimen eigenständige Zweigstellen betreibt, die der Eintragung bedürfen. Auch das Oberverwaltungsgericht Münster stellte sich auf die Seite des Amtes und wies die Beschwerde des Friseurs ab.
Die Eintragungspflicht der Zweigstelle hängt auch nicht davon ab, ob diese für eigene Rechnung handelt. Wirtschaftliche Abhängigkeit vom Hauptbetrieb sowie die Erledigung der kaufmännischen und personellen Angelegenheiten durch diesen sind in den Augen der Richter ebenfalls kein Argument.
Senioreneinrichtungen sind ein besonders sensibler Bereich
Die Zulassungspflicht ist nach Ansicht der Gerichte auch mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit vereinbar. Sie ist verhältnismäßig und dient dem wichtigen Gemeinwohl, Gesundheitsgefahren für Dritte abzuwenden. "Dies gilt umso mehr, als die Friseurbetriebe im in gesundheitlicher Hinsicht besonders sensiblen Bereich von Senioreneinrichtungen mit, wie die Antragsteller selbst betonen, zu erheblichen Teilen pflegebedürftigen, immobilen oder dementen Kunden tätig ist", so das Urteil des Verwaltungsgerichts wörtlich.
Die Handwerkskammer Münster begrüßt die Entscheidungen, zeigt aber auch Gesprächsbereitschaft. "Wir unterstützen grundsätzlich Friseurbetriebe, die in Seniorenheimen und Krankenhäusern einen solchen Service anbieten wollen. Das ist ja auch schon seit vielen Jahren gängige Praxis", erklärt Servaas van der Avoort, Abteilungsleiter im Geschäftsbereich Bildung und Recht. "Für die Heimbewohner ist es natürlich wichtig, dass nicht unqualifizierte Leute an ihnen herumexperimentieren. Wir sind mit dem klagenden Unternehmen in Kontakt, um nach Lösungen zu suchen, wie sie unter den gegebenen Umständen weiter arbeiten können."
Oberverwaltungsgericht NRW, Beschluss vom 16. Oktober 2014, Az.: 4 B 88/14
Vorinstanz: Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Beschluss vom 8. Januar 2014, Az.: 19 L 1497/13
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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