Gestalter des digitalen Wandels
Warum sich ein Hightech-Konzern aus Südkorea für die allgemeine und berufliche Bildung in Deutschland engagiert.
Ein Koreaner, ein Deutscher und ein Amerikaner arbeiten erfolgreich an einem Projekt – aber sie leben in unterschiedlichen Zeitzonen, kommen aus einem anderen Kulturkreis und treffen sich nie persönlich. Ein Witz? Weit gefehlt! In global agierenden Unternehmen gehört dies längst zur Normalität. Kollaboratives Arbeiten, aber auch Lernen wird dank digitaler Medien immer unabhängiger von Ort und Zeit. Eine Entwicklung, auf die sich auch künftige Fachkräfte einstellen müssen. "Wir wollen Jugendliche und junge Erwachsene zu Gestaltern der digitalen Transformation machen und sie entsprechend qualifizieren – das verstehen wir unter einer smarten Gesellschaft", begründet Steffen Ganders das gesellschaftliche Engagement seines Arbeitgebers, der Samsung Electronics GmbH.
Dieses Jahr hat die deutsche Niederlassung des koreanischen Technologiekonzerns in Kooperation mit der Technologiestiftung Berlin einen Testballon für die allgemeinbildenden Schulen gestartet. Schüler und Lehrer werden im Rahmen von "Coding Klassenfahrten" spielerisch ans Programmieren herangeführt. "Mit unserer Code Week Box, bestehend aus Sensoren, Mikroprozessoren, Kabeln und vielem mehr, sollen sie einfach mal unbeschwert ausprobieren und tüfteln können", verdeutlicht der Director Corporate Affairs. In erster Linie soll es darum gehen, Interesse und Begeisterung für Technik zu wecken, gemeinschaftliches Arbeiten zu erproben und eine neue Lernkultur zu schaffen – losgelöst von der Institution Schule. Samsung will damit zunächst Grundlagen schaffen. "Nicht jeder muss hinterher Programmierer werden, aber die Jugendlichen sollten die dahinterstehenden Mechanismen verstehen, um selbst Problemlösungen mitentwickeln zu können."
Die Digitalisierung bringt neue technologische Entwicklungen wie etwa autonomes Fahren, vernetzte Fabriken und Smart Home mit sich. Steffen Ganders nimmt in der Diskussion über die digitale Transformation jedoch wahr, dass dabei nur die akademischen Berufe in den Blick genommen werden. "Dabei hat die berufliche Bildung genauso ihren Anteil daran." Deutschland brauche nicht nur Ingenieure, sondern auch qualifizierte Gesellen, Meister und Techniker. Doch Letztere drohen zur Mangelware zu werden. Ganders führt dies etwa auf das "scheinbar leicht angestaubte Image" der dualen Ausbildung zurück. "Aber vielleicht kann der Einsatz digitaler Medien dabei helfen, das Feuer neu zu entfachen." Samsung hat aber noch eine weitere Lichtquelle ausgemacht, um den Suchstrahl mehr auf die Berufsausbildung zu lenken: internationale Berufswettkämpfe.
Berufsausbildung – faszinierend, aber kaum wahrgenommen
Seit 2007 sponsert die Konzernzentrale in Südkorea die WorldSkills. Sechs Jahre später stößt auch die Samsung Electronics GmbH dazu. Anlass ist die Berufs-WM in Leipzig. "Als ich die Begeisterung der Athleten aus aller Welt und ihre exzellenten Leistungen gesehen habe, ist mir aufgegangen, wie faszinierend die Ausbildung sein kann, aber wie wenig sie selbst in Deutschland wahrgenommen wird", erinnert sich der gelernte Versicherungskaufmann. Seitdem engagiert sich die Samsung Electronics GmbH als Premiumpartner von WorldSkills Germany und fördert darüber hinaus gezielt den Skill 09 – IT Software Solutions for Business. "Wir arbeiten eng mit dem Bundesleistungszentrum in Neubrandenburg zusammen und stellen Technik bereit."
Die Medaillenausbeute ist dabei zweitrangig. "Natürlich freuen wir uns, wenn die deutsche Nationalmannschaft auf dem ersten Platz der Nationenwertung steht." Wichtiger sei aber, dass die herausragenden Leistungen der klassischen Berufsausbildung insgesamt wieder stärker öffentlich gewürdigt werden und dass die digitale Transformation auch in Handwerk, Handel und Industrie ankommt. Letztlich geht es Steffen Ganders darum, Jugendliche und junge Erwachsene fit für die Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts zu machen, und damit um eine entscheidende Frage: "Wollen wir in Deutschland nur noch Anwender der Technologien sein oder möchten wir die digitale Transformation aktiv mitgestalten?"
Text:
Bernd Lorenz /
handwerksblatt.de
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