Gewährleistungsrecht endlich gerecht gestalten!
Bei einer Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestags trat das Handwerk für faire Reformen ein.
Am 22. Juni fand im Rechtsausschuss des Bundestags eine Expertenanhörung zur Reform des Mängelgewährleistungs- und Bauvertragsrechts statt. Auch Dr. Manja Schreiner, Leiterin der Abteilung Organisation und Recht beim Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), war als Expertin geladen und bezog Stellung für das Handwerk.
SPD und Bundesrat sind auf der Seite des Handwerks
Schwerpunkt der Anhörung war das neue Bauvertragsrecht. Hier wurde besonders das geplante einseitige Anordnungsrecht des Bauherren diskutiert. Handwerk und Bauwirtschaft sprachen sich gegen diese Regelung aus und forderten ein schnelles Streitbeilegungsverfahren.
Bei der Reform des Mängelgewährleistungsrechts teilt die SPD-Fraktion die Position des Handwerks, ebenso wie der Bundesrat. Der AGB-Schutz für Handwerksbetriebe ist hier das wichtigste Ziel, außerdem muss die Reform für alle Fälle gelten, in denen fehlerhaftes Material verarbeitet wird. "Gesetzliche Ansprüche von Handwerkern und anderen verarbeitenden Betrieben dürfen nicht per AGB ausgeschlossen werden können“, forderte ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke. "Eine Beschränkung auf den Einbau greift zu kurz, da ganze Gewerke sonst vom Anwendungsbereich ausgeschlossen wären.“
In seiner Stellungnahme wies der ZDH darauf hin, dass das Problem der Aus- und Einbaukosten sehr viele Handwerker in der Praxis betrifft und keineswegs nur Einzelfälle. So waren laut einer aktuellen Konjunkturumfrage im Elektrohandwerk 2015 durchschnittlich 77 Prozent der Gewährleistungsfälle eines Betriebes auf Herstellerfehler zurück zu führen. Die Betriebe blieben so im Durchschnitt auf Kosten in Höhe von ca. 4.700 Euro sitzen. Allein im Elektrohandwerk sind das insgesamt 260,6 Mio Euro jährlich.
Hier finden Sie das ZDH-Positionspapier zur Reform des Gewährleistungsrechts
Hintergrund: Stellt sich verbautes Material als mangelhaft heraus, ist der Verkäufer bislang nur verpflichtet, Ersatzmaterial zu stellen. Der Handwerker, der das Material einbaute, bleibt auf den Kosten für den Ausbau des alten und den Einbau des neuen Materials sitzen. Der Gesetzentwurf des Bundesjustizministers gibt dem Handwerker jetzt einen Ausgleichsanspruch gegen den Händler. Allerdings dürfen nach dem Entwurf Verkäufer in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) die Haftung gegenüber gewerblichen Kunden ausschließen. Schwannecke kritisiert dies als praxisfern: "Das Recht des Stärkeren darf nicht Maßstab des Gewährleistungsrechts sein.“
Ein anderer Streitpunkt der Reform ist, dass sie bisher nur Fälle erfasst, in denen Materialen "ein- oder ausgebaut“ werden. Sie soll nach Ansicht des Handwerks aber auch gelten, wenn Material "verarbeitet“ wird. Wenn etwa ein Lack mangelhaft ist, muss er abgeschliffen werden – streng genommen kein Fall eines mangelhaften Einbaus. Der Maler würde grundlos anders behandelt als der Fliesenleger bei einer fehlerhaften Fliese. Auch viele andere Gewerke würden auf ihren Kosten bei Verarbeitung mangelhaften Materials weiterhin sitzenbleiben.
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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