Handwerk fordert Rückkehr zu sachorientierter Politik
Bei der Vollversammlung des ZDH fordert Handwerkspräsident Wollseifer einen Modernisierungsschub für Deutschland mit einer langfristig ausgerichteten Politik und konkreten Zielen.
In einer Phase zunehmender gesellschaftlicher Verunsicherung fordert Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), die Regierung dringlich dazu auf, zu einer sachorientierten und langfristig ausgerichteten Politik zurückzukehren. "Deutschland braucht einen Modernisierungsschub. Es ist wichtig, dass sich die Arbeit einer Regierung auf die Zukunft unseres Landes ausrichtet: auf ein stabiles, sicheres Deutschland, auf eine Stärkung der sozialen Marktwirtschaft, auf eine Intensivierung des Miteinanders", sagte Wollseifer bei der Vollversammlung des Verbandes in Berlin. An Gastredner Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier richtete er entsprechend die Erwartung des Handwerks, den andauernden Streit zwischen den Koalitionspartnern zu beenden und sich wieder konkreten Vorhaben und Zielen zu widmen.
Als überfällige Handlungsfelder mahnte Wollseifer besonders Verbesserungen im Bereich der digitalen öffentlichen Verwaltung an und rief den Bundesminister dazu auf, den digitalen Wandel im Land aktiv voranzutreiben. Wichtig seien weiterhin der Bürokratieabbau für die Betriebe, die steuerliche Entlastung der Leistungsträger sowie Investitionen in die Zukunft des Landes. Dazu rechnete er auch die vom Bundeswirtschaftsminister angestoßene Gründungsoffensive. "Mehr junge Menschen müssen sich wieder trauen, ihr Leben und ihren Beruf selbst in die Hand zu nehmen und sich selbstständig zu machen", so Wollseifer. Die Sozialabgaben und Lohnzusatzkosten müssten dabei auch für bestehende Unternehmer konstant bleiben und dürften die Grenze von 40 Prozent nicht übersteigen. "Selbstständigkeit muss sich lohnen", so der ZDH-Präsident.
Meisterpflicht bewahren und schützen
Als Herzensanliegen des Handwerks bezeichnete Wollseifer die Rückführung von zulassungsfreien Berufen in die Meisterpflicht. In den Gewerken, in denen es zu Fehlentwicklungen gekommen sei, müssten diese Fehler der Vergangenheit wo immer möglich rückgängig gemacht werden. "Der Meister ist gut für die Ausbildung, er ist gut für die Qualität im Handwerk, und er ist gut für dieses Land", betonte der ZDH-Präsident. "Wir müssen gemeinsam die Voraussetzungen schaffen, damit das Handwerk auch in Zukunft für Innovation, Zuverlässigkeit und höchste Qualität steht. Denn ein starkes Handwerk ist die Grundlage für eine erfolgreiche Wirtschaft", sagte Bundeswirtschaftsminister Altmaier. "Die Meisterpflicht als gewachsene Institution müssen wir dazu bewahren und schützen", betonte der Bundeswirtschaftsminister.
Als Ehrengast der Vollversammlung begrüßte Hans Peter Wollseifer die Ehefrau des Bundespräsidenten, Elke Büdenbender. Mit ihrem Einsatz für das Thema Berufliche Bildung und für Bildungsgerechtigkeit, ihrem Besuch des Leistungswettbewerbs des Deutschen Handwerks und im Rahmen der gemeinsam mit dem Bundespräsidenten initiierten Themenwoche "Du bildest Zukunft" habe sie sich in besonderer Weise um die Stärkung des Ansehens der Beruflichen Bildung verdient gemacht. In Anerkennung dieser Leistungen überreichte Wollseifer ihr die Ehrenmedaille des Deutschen Handwerks. "Die Duale Ausbildung in Deutschland und insbesondere das deutsche Handwerk könnten sich keine bessere Botschafterin vorstellen", würdigte der ZDH-Präsident das Engagement der First Lady für mehr Anerkennung und Wertschätzung der beruflichen Bildung.
Die Vollversammlung hat einstimmig eine von Lena Strothmann, Präsidentin der Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe zu Bielefeld, vorgeschlagene Resolution beschlossen. Sie trägt den Titel "Handwerk für ein weltoffenes Deutschland – Bei uns zählt nicht, wo man herkommt. Sondern wo man hinwill".
Vor dem Hintergrund einer zunehmend zu beobachtenden "Radikalisierung in Wort und Tat" in unserer Gesellschaft und "aus Sorge um den sozialen Frieden in unserem Land, um das Bild unserer Heimat in der Welt und den Ruf des deutschen Wirtschaftsstandortes" beschloss die ZDH-Vollversammlung einstimmig eine Resolution. Darin bekennt sich das Handwerk zu einem weltoffenen, liberalen und demokratischen Deutschland, stellt sich gegen jede Form von politischen Extremismus, von Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus und fordert zu einem respektvollen Umgang miteinander auf, auch und gerade in der Diskussion mit politisch Andersdenkenden.
Das Deutsche Handwerk stehe allen offen, die sich zu den Werten unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsgruppe bekennten. An den Werkbänken, in den Backstuben und auf den Baustellen des Handwerks arbeiteten seit jeher Menschen unterschiedlicher Nationalität zusammen. Geschicklichkeit, Kreativität, Genauigkeit, Kundennähe und Verantwortungsbewusstsein seien universelle Ansprüche, die verbinden, unabhängig von Herkunft, Religion und Weltanschauung.
Text:
Rainer Fröhlich /
handwerksblatt.de
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