Bürgschaft nach Verjährung zurückfordern!
Wenn die Mängelansprüche des Kunden verjährt sind, sollte der Handwerker seine Gewährleistungsbürgschaft herausverlangen. Jedenfalls dann, wenn für den Vertrag die VOB/B gilt.
Der Auftraggeber muss eine Gewährleistungsbürgschaft herausgeben, wenn die Gewährleistungsansprüche verjährt sind. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt für den Anwendungsbereich der VOB entschieden und damit seine Rechtsprechung geändert.
Der Fall
Ein Handwerker brachte Fassadenelementen bei einem Neubau an, es war die Geltung der VOB/B vereinbart. Im Vertrag war ein Sicherheitseinbehalt auf Abschlagszahlungen von 10 Prozent der Bruttosumme vorgesehen, 5 Prozent sollten nach Abnahme und 5 Prozent gegen Vorlage einer unbefristeten Gewährleistungsbürgschaft ausgezahlt werden. Der Kunde erhielt eine unbefristete Bürgschaft unter Bezugnahme auf den Bauwerksvertrag gestellt. Später rügte der Kunde einen mangelhaften Schallschutz. Der Handwerker berief sich auf die Verjährung der Mängelansprüche und verlangte die Bürgschaftsurkunde heraus.
Sicherungszweck ist weggefallen
Das Urteil: Der Handwerker kann die Herausgabe der Bürgschaftsurkunde verlangen, urteilte das Gericht. Nach § 17 Nr. 8 Abs. 2 S. 1 VOB/B habe der Auftraggeber eine nicht verwertete Sicherheit für Mängelansprüche nach zwei Jahren zurückzugeben, wenn kein anderer Zeitpunkt vereinbart wurde. Hier gab es keine solche Vereinbarung und die Zweijahresfrist sei abgelaufen. Dem Kunden stehe kein Zurückbehaltungsrecht zu, da er die Mängel erst nach Ablauf der Sicherungszeit gerügt habe und die Mängelansprüche verjährt seien.
Eine als Sicherheit für Mängelansprüche erhaltene Bürgschaft muss der Auftraggeber nach Wegfall des Sicherungszwecks zurückgeben. Dies ist immer dann der Fall, wenn die Mängelansprüche wegen Verjährung nicht mehr durchsetzbar sind. Das gilt nach Ansicht der Richter jedenfalls für alle Fälle, in denen kein anderer Rückgabezeitpunkt vereinbart wurde. Es soll auch nicht darauf ankommen, ob die Bürgschaft unbefristet war.
Praxistipp von Rechtsanwältin Sabine Schönewald, Leiterin der Abteilung Wirtschafts- und Kammerrecht der HWK zu Köln: Ist kein anderer Rückgabezeitpunkt vereinbart und sind innerhalb des zweijährigen Sicherungszeitraumes keine Mängelansprüche geltend gemacht worden, so kann jedem Werkunternehmer nur geraten werden, bereits unmittelbar nach Ablauf des Sicherungszeitraumes die gestellte Gewährleistungsbürgschaft zurückzufordern. Denn nach Ablauf des Sicherungszeitraumes festgestellte und gerügte Mängel werden – unabhängig davon, ob eine vier bzw. fünfjährige Gewährleistungsfrist besteht – nicht mehr von der Gewährleistungsbürgschaft gesichert.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 9. Juli 2015, Az.: VII ZR 5/15
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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