Trotz steigender Neuzulassungen von E-Autos seit Januar 2025 ist die Stimmung im Kfz-Gewerbe gedrückt. Woran liegt das? Laut der aktuellen Halbjahresumfrage des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) bewerten Autohäuser und Kfz-Betriebe ihre Geschäftslage, Umsatzaussichten und die Auftragslage für E-Fahrzeuge mit wachsender Zurückhaltung: Seit zwei Jahren schrumpfe die Nachfrage bei Privatkunden während die gewerblichen Zulassungen stagnieren, so der ZDK. Nur die Eigenzulassungen der Hersteller und Händler würden die Zulassungsstatistik stimulieren. Das sei "ohne echte Wertschöpfung im Automobilmarkt", kritisiert der Verband.
Anreize für Privatkunden schaffen
"Die Geschäftssituation vieler Autohäuser und Kfz-Betriebe ist deutlich angespannter, als es die offizielle Zulassungsstatistik* vermuten lässt. Die wachsende Zahl an BEV-Neuzulassungen täuscht über die Realität im Handel hinweg", erklärt Thomas Peckruhn (63), neuer Präsident des ZDK. In der Realität sei das häufig das Ergebnis von Eigenzulassungen durch Hersteller und Händler, Flottengeschäften oder taktischen Maßnahmen.
Laut ZDK-Konjunkturumfrage hätten die Bestellungen von batterieelektrischen Fahrzeugen (BEV) und Plug-in-Hybriden seit Jahresbeginn sowohl im Privat- als auch im Flottenbereich trotz steigender Erstzulassungen an Dynamik verloren. Der Verband bezeichnet die Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) daher als "überzeichnet": Im ersten Halbjahr 2025 hätten sich die Eigenzulassungen batterieelektrischer Autos durch Hersteller und Handel im Vergleich zum selben Zeitraum im Jahr 2023 mehr als verdoppelt – auf 65.401 Fahrzeuge.
Das sind die Zahlen des Kraftfahrt Bundesamtes:Rund 1,7 Millionen Pkw wurden laut Kraftfahrt Bundesamt in den ersten sieben Monaten des Jahres neu zugelassen, davon knapp eine Million Neuwagen. 56,7 Prozent davon waren mit einem alternativen Antrieb ausgestattet. Die Anzahl alternativ angetriebener Neuwagen (Elektro, Hybrid, Plug-in, Brennstoffzelle, Gas, Wasserstoff) überstieg das Niveau des Vorjahreszeitraums um 24,9 Prozent. Quelle: KBA
463.486 Neuwagen, beziehungsweise 27,8 Prozent, waren mit einem Elektroantrieb (Elektro (BEV)*, Plug-in, Brennstoffzelle) ausgestattet und damit 45,1 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum 2024.
297.340 Elektro (BEV)* Pkw wurden im Berichtszeitraum neu zugelassen und damit 38,4 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum. Ihr Anteil betrug 17,8 Prozent.
* BEV = Battery Electric Vehicle, Fahrzeuge mit ausschließlich elektrischer Energiequelle
Eigenzulassungen der Hersteller haben sich vervierfacht
Thomas Peckruhn Foto: © ZDK/altrofoto.deAllein die Eigenzulassungen der Hersteller hätten sich in zwei Jahren vervierfacht. Gleichzeitig sei die Zahl privater E-Auto-Neuzulassungen um neun Prozent auf 82.294 Fahrzeuge zurückgegangen. Auch bei Hinzunahme der Julizahlen würde sich dieses Bild kaum ändern, so das Kfz-Gewerke.
Ein Vergleich der kumulierten Zulassungen von Januar bis Juli der Jahre 2023 und 2025 zeige, dass die gewerblichen Zulassungen von rein batterieelektrischen Fahrzeugen um 0,8 Prozent geschrumpft seien, wenn man die Eigenzulassungen der Hersteller und Händler herausrechnet. Die privaten Neuzulassungen lagen 4,8 Prozent unter dem Vorjahreswert.
"Das ist ein klares Warnsignal. Die Politik nimmt diese Absatzkrise nicht wahr, weil sie nur auf die Entwicklung der amtlichen Zulassungszahlen schaut", sagt Peckruhn.
"Wenn wir die Elektromobilität dauerhaft im Markt verankern wollen, brauchen wir jetzt gezielte Anreize – insbesondere für Privatkunden. Superabschreibungen und höhere Listenpreissätze für die ermäßigte Dienstwagensteuer für Elektrofahrzeuge wirken nur bei den gewerblichen Zulassungen. Ohne neue Impulse wird keine Trendwende erreicht", mahnt der ZDK-Präsident.
Vier von fünf befragten Betrieben würden die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung zur Förderung der Elektromobilität als unzureichend bewerten. Je größer der Betrieb, desto ausgeprägter die Kritik – besonders Unternehmen mit vielen Beschäftigten fordern ein entschlosseneres politisches Handeln.
Ganz oben auf der Wunschliste der Kfz-Branche:
- sinkende Strompreise,
- ein schnellerer Ausbau der Ladeinfrastruktur und
- mehr Transparenz bei den Ladetarifen – mit deutlichem Abstand die Top-Forderungen an die Politik.
Der Verband fordert eine "breitangelegte Förderung insbesondere privater Elektroautos, die den Namen auch verdient". Konkret meint er die Senkung der Stromsteuer und der Netzentgelte für alle Konsumenten. "Die aktuellen Maßnahmen der Koalition sind unzureichend und einseitig nur auf hochpreisige E-Dienstwagen ausgerichtet", sagt Peckruhn.
Werkstätten investieren seit zehn Jahren in Ausbildung und Ausrüstung
Der ZDK-Präsident warnt: "Unsere Betriebe investieren seit über zehn Jahren in Ausbildung und Ausrüstung für E-Mobilität. Wir geraten ökologisch, technologisch und wirtschaftlich ins Hintertreffen, wenn diese Technologie jetzt nicht hochläuft."
Seit dem Wegfall der staatlichen Förderung für Elektrofahrzeuge Ende 2023 sei der Marktanteil batterieelektrischer Fahrzeuge nur leicht gestiegen. Für den Wandel zur klimaneutralen Mobilität reiche das nicht aus. Peckruhn warnt: "Um die CO-Flottenziele bis 2035 zu erreichen, bräuchten wir bereits jetzt rund 100.000 zusätzliche BEV-Neuzulassungen, um einen Marktanteil von etwa 25 Prozent bei den Neuzulassungen zu erreichen. Davon sind wir weit entfernt."
Seit dem Förderaus der Ampelkoalition komme die Marktdurchdringung mit E-Fahrzeugen nur noch schleppend voran.
Umsatz und Ausblick der Branche:
Für seine Halbjahresumfrage hat der ZDK bis zum 2. Juli rund 500 Autohäuser und Kfz-Betriebe interviewt – von kleineren Betrieben mit bis zu 15 Beschäftigten über mittlere (16 bis 50) bis hin zu größeren Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitenden. 54 Prozent der größeren Betriebe blicken pessimistischer auf die Entwicklung bis Jahresende – deutlich mehr als bei den mittleren (44 Prozent) und kleineren Unternehmen (38 Prozent).
Beim Blick nach vorn liegen die kleineren Betriebe vorn: 23 Prozent rechnen mit einer "besseren" oder "eher besseren" Umsatzentwicklung, gefolgt von 19 Prozent der mittleren und 17 Prozent der größeren Unternehmen. Kleinere Betriebe haben eher das Werkstattgeschäft im Fokus, während bei größeren Unternehmen des Kfz-Gewerbes Autoverkäufe der Umsatz- und Ergebnistreiber ist.
Insgesamt haben 44 Prozent der befragten Betriebe ihre Umsatzerwartungen zurückgeschraubt, und nur 20 Prozent sind optimistischer. "Viele Händler sind zurückhaltend, was die kommenden Monate angeht", ist das Fazit von Thomas Peckruhn. "Vor allem die nach wie vor bestehende politische Unsicherheit in Sachen E-Mobilität, aber auch die Zurückhaltung der Kundinnen und Kunden in wirtschaftlich unsicheren Zeiten machen sich bemerkbar."
Die Neufahrzeugbestellungen von Benzin- und Dieselmodellen sind stabil. Die Spannbreite zwischen positiven und negativen Einschätzungen ist hier relativ konstant – lediglich im Gewerbe- und Flottensegment sei eine leichte Eintrübung erkennbar, so der ZDK.
Quelle: ZDK
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Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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