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HWK des Saarlandes | Oktober 2024
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Landmaschinen können auch Daten ernten, die sich anschließend mittels Künstlicher Intelligenz (KI) auswerten lassen. Im Projekt Agri-Gaia werden Referenz-Anwendungen für KI in der Landwirtschaft entwickelt. Software-Firmen sollen ihre darauf basierenden Lösungen zur Datenauswertung auf einem Marktplatz anbieten können. (Foto: © Andrii Yalanskyi /123RF.com)
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März 2021
Das Forschungsprojekt Agri-Gaia will Künstliche Intelligenz (KI) für die Landwirtschaft nutzbarer machen. Hersteller und Besitzer von Landmaschinen könnten Daten von speziell für ihre Zwecke entwickelten KI-Modulen analysieren lassen.
Die Künstliche Intelligenz (KI) ist ein weites Feld. Sie umfasst viele unterschiedliche Verfahren zur Verarbeitung unsicherer und unvollständiger Daten, zum Beispiel Lernverfahren. KI-Anwendungen können etwa dazu beitragen, Texte zu verstehen oder Bilder zu erkennen. Die dazu notwendigen Software-Module sind vielfach frei verfügbar. "Google TensorFlow enthält einen Katalog solcher Lernmodule", führt Professor Dr. Joachim Hertzberg als Beispiel an. Verfahren wie Künstliche neuronale Netze seien dort bereits vorinstalliert, lägen aber nur als Code vor. "Ihnen fehlt noch die spezifische Anwendung", so der Leiter des Forschungsbereichs Planbasierte Robotersteuerung am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI).
Für die Landwirtschaft gibt es nun einen solchen konkreten Anwendungsfall mit dem Projekt "Agri-Gaia". Das Bundeswirtschaftsministerium fördert das zu entwickelnde KI-Ökosystem mit rund zwölf Millionen Euro. An der Spitze des Konsortiums steht das DFKI. Zu den Partnern gehören namhafte Hersteller von Landmaschinen wie etwa die Amazonen-Werke H. Dreyer GmbH & Co. KG, Claas E-Systems GmbH, Josef Kotte Landtechnik GmbH und die Maschinenfabrik Bernard Krone GmbH & Co. KG. "Im Rahmen von Agri-Gaia werden wir einen Methodenkasten von KI-Anwendungen aufbauen, die speziell auf die Landwirtschaft abgestimmt sind", erklärt Professor Dr. Joachim Hertzberg.
Jeder Landwirt weiß, wie Unkraut aussieht. Es ließe sich von Maschinen, die über KI gesteuert werden, gezielt entfernen. "Man kann Lernverfahren so trainieren, dass sie Pflanzen wie Ackerfuchsschwanz erkennen", sagt der Wissenschaftler, der neben seinem Forschungsbereich am DFKI auch die Forschungsgruppe "Wissensbasierte Systeme" an der Universität Osnabrück leitet. Ein Trainingsmittel sind Fotos. Je hochwertiger und zahlreicher sie vorliegen, desto mehr lernt beispielsweise ein neuronales Netz einen Ackerfuchsschwanz zu erkennen und ihn von anderen Pflanzen zu unterscheiden.
Jeder KI-Entwickler weiß, wie solche Module für KI-Lernverfahren gestaltet werden. Allerdings mangelt es ihnen oft an landwirtschaftlichem Know-how. Diese Lücke soll Agri-Gaia schließen helfen, indem die Konsortialpartner – darunter Softwarehäuser und die beiden Hochschulen in Osnabrück – Referenz-Anwendungen vorgeben, an denen sich KI-Experten, die Software-Module für die Landwirtschaft schreiben wollen, orientieren können. "Es werden Algorithmen entwickelt, um Daten aus landwirtschaftlichen Prozessen auswerten zu können", so Professor Hertzberg.
Zum Einsatz kommen bereits frei verfügbare Informationen wie Wetter- und Geo-Daten sowie Datensätze von Maschinen aus anderen Forschungsprojekten. Doch auch aus der Praxis dürften noch viele digitale Schätze zu heben sein. Der Wissenschaftler denkt dabei etwa an den Maschinenpark eines Lohnunternehmers. "Er könnte den riesigen Datensatz seiner Mähdrescherflotte mittels eines Datenanalyseverfahrens so auswerten lassen, dass er die Parameter der Maschinen besser einstellen kann."
Ein Ziel des auf drei Jahre angelegten Forschungsprojekts ist es, einen Marktplatz aufzubauen und zu betreiben. Auf der Plattform von Agri-Gaia sollen die Software-Firmen ihre für die Landwirtschaft entwickelten KI-Lösungen zur Datenauswertung anbieten können. Als Nutzer dieser Dienstleistung kommen vor allem kleine und mittelständische Unternehmen aus der Agrarbranche infrage. Dazu gehören Landmaschinenhersteller, Landwirte oder Lohnunternehmer. "Die Anbieter von KI-Modulen analysieren deren Daten, aber sie bleiben bei demjenigen, der sie generiert hat", erklärt Professor Hertzberg. Agri-Gaia sei nicht der Versuch, eine neue Datenkrake zu erschaffen.
Dateninfrastruktur Gaia-XDas Forschungsprojekt Agri-Gaia ist Teil eines größeren Ganzen, quasi eine Nische im Ökosystem der europäischen Dateninfrastruktur Gaia-X. Darin sollen dem Bundeswirtschaftsministerium zufolge "Daten und Dienste verfügbar gemacht, zusammengeführt und vertrauensvoll geteilt werden können". Das Konzept stelle den akuten Bedarf und Mehrwert für die Anwender in den Fokus, was Bedarfsbeispiele (sogenannte Use Cases) illustrieren. Diese Use Cases werden innerhalb einzelner Projekte wie Agri-Gaia erarbeitet. "Alle KI-Module stehen auf Gaia-X zur Verfügung, damit sich Entwickler oder Nutzer anschauen können, wie sie funktionieren", verdeutlicht Professor Dr. Joachim Hertzberg. Auch der Marktplatz soll dort zu finden sein. Gaia-X wird benötigt, damit Europa dauerhaft und unabhängig von den Cloud-Angeboten außereuropäischer Anbieter digital souverän agieren kann (Datensouveränität), innerhalb der Dateninfrastruktur vertrauensvoll, sicher und transparent Daten ausgetauscht und verarbeitet werden können (Datenverfügbarkeit) sowie innovative Produkte geschaffen werden, die Unternehmen und Geschäftsmodelle aus Europa heraus weltweit wettbewerbsfähig macht (Innovation).
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