Schufa muss Schadensersatz für negative Bewertung zahlen
Ein aktuelles Urteil zwingt die Schufa zur Offenlegung der Berechnungsgrundlagen für ihre Scores und zur Zahlung von Schadensersatz an eine Betroffene. Diese hatte wegen ihrer schlechten Bonität mehrere Kredite nicht bekommen.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Das aktuelle Datenschutzrecht
Das Landgericht Bayreuth hat entschieden, dass Auskunfteien zur umfassenden Information über die konkrete Berechnung ihrer Scorewerte verpflichtet sind. Es verurteilte außerdem die Schufa zur Zahlung von 3.000 Euro Schadensersatz an eine Betroffene. Entscheidend war, dass das Unternehmen die Berechnung der Scores automatisierte und die Werte an Banken weitergab, ohne dass ein Mensch sie kontrolliert hatte.
Der Fall
Einer Frau wurden Kredite verweigert, Grund waren ihre negativen Bonitätsbewertungen bei der Schufa. Sie klagte gegen die Auskunftei, um Informationen über die Berechnung ihres Scorewertes zu bekommen und Schadensersatz zu fordern.
Das Urteil
Das Landgericht (LG) Bayreuth verurteilte die Schufa nicht nur zu 3.000 Euro Schadensersatz, sondern auch dazu, für jeden einzelnen Score offenzulegen:
- welche konkreten Daten der betroffenen Person einbezogen wurden,
- wie stark sich jedes einzelne Datum auf das Ergebnis ausgewirkt hat,
- und wie sich der Score verändert hätte, wenn ein bestimmtes Datum nicht verwendet worden wäre.
Außerdem stellten die Richterinnen und Richter klar: Der Schufa-Score ist keine bloße Meinungsäußerung, sondern eine Tatsachenbehauptung mit konkreten Folgen. Wer wegen eines schlechten Scores keinen Kredit bekomme oder von Verträgen ausgeschlossen werde, sei unmittelbar betroffen und hat Anspruch auf Transparenz. Denn der Algorithmus sortiere Betroffene in Risikogruppen ein – mit erheblichen Folgen für deren wirtschaftliche Teilhabe. Damit unterliege die Berechnung strengeren datenschutzrechtlichen Maßstäben.
EuGH: Pflicht zur Transparenz
Das Landgericht Bayreuth folgte dabei dem Europäischen Gerichtshof. In seinem Urteil vom 27. Februar 2025 (Az. C-203/22) hatte dieser festgestellt: Ein automatisiert ermittelter Wahrscheinlichkeitswert, der maßgeblich Einfluss auf wirtschaftliche Entscheidungen Dritter hat, stellt eine automatisierte Entscheidung im Sinne von Art. 22 DSGVO. Daraus folgten weitreichenden Transparenz- und Schutzpflichten.
Das LG Bayreuth setzte in seinem Urteil die Vorgaben des EuGH um und stellte klar, dass eine pauschale Berufung auf Geschäftsgeheimnisse nicht ausreicht. Das Gericht betont ausdrücklich, dass die Schufa die Daten, die zur Berechnung der Scorewerte verwendet werden, offenlegen muss, um Betroffenen eine realistische Möglichkeit zur Überprüfung und Korrektur zu geben.
Schadensersatz für ein Gefühl der Ohnmacht
Den Schadensersatz von 3.000 Euro begründet das LG Bayreuth nicht mit konkreten finanziellen Nachteilen der Frau. Vielmehr sei er eine immaterielle Entschädigung für den "durchgreifenden Kontrollverlust und der empfundenen Ohnmacht gegenüber einem undurchsichtigen System". Die Unsicherheit über Datenverarbeitung und Bewertung könne eine erhebliche Beeinträchtigung darstellen, betonte das Gericht. Damit haftet die Schufa nach Art. 82 DSGVO.
Landgericht Bayreuth, Urteil vom 29. April 2025, Az. 31 O 593/24 (Die Schufa hat Berufung beim OLG Bamberg eingelegt, Az. 4 U 75/25.)
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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