So gelingt die Mitarbeitersuche ohne Diskriminierung
Schon kleine Fehler in Stellenanzeigen können teuer werden, weil Entschädigungen drohen. Dabei geht es nicht nur um geschlechtsneutrale Sprache. Eine Arbeitsrechtlerin erklärt, was man beachten muss.
Selbst kleinste Formulierungen in Jobausschreibungen können juristische Folgen nach sich ziehen, zum Beispiel Entschädigungsansprüche gegenüber abgelehnten Bewerbenden. Sarah Pieper, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht fasst zusammen, was man beachten muss.
Seit 2006 schreibt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vor, dass Menschen keine "Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität" erfahren dürfen. Aus diesem Grund wird Arbeitgebenden unter anderem empfohlen, auf Formulierungen wie "junges dynamisches Team" oder "Young Professionals" in Stellenausschreibungen zu verzichten, um keine Diskriminierung wegen des Alters zu indizieren.
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entschied allerdings letztes Jahr, dass im Fall eines noch nicht lange bestehenden Start-ups die Passage in einer Stellenausschreibung, dass ein "junges Team mit flachen Hierarchien" geboten werde, keinen Bezug zum Alter der Mitarbeitenden des Teams aufweist, sondern mehr auf das Bestehen des Unternehmens gerichtet ist (Az. 5 Sa 1573/20). "Es bleibt abzuwarten, ob es sich hierbei um eine Einzelfallentscheidung handeln wird", meint Anwältin Sarah Pieper. Sie empfiehlt deshalb, weiterhin von entsprechenden Formulierungen in Stellenausschreibungen abzusehen.
Auf ein Foto verzichten
"Ein Bewerbungsfoto enthält stets Hinweise auf Diskriminierungsmerkmale, sei es die Hautfarbe, das Geschlecht oder auch Anzeichen für eine religiöse Einstellung", erklärt Sarah Pieper. Um sich an diesem Punkt möglichst wenig angreifbar zu machen, entscheiden sich viele Unternehmen dafür, in Stellenausschreibungen ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass das Beifügen eines Bewerbungsfotos nicht erwünscht ist.
"Dieses Vorgehen kann auch aus datenschutzrechtlichen Aspekten durchaus sinnvoll sein", meint die Rechtsanwältin. "Grundsätzlich dürfen aus Gründen der Datensparsamkeit so wenig personenbezogene Daten wie möglich verarbeitet werden." Insofern gehört das Bewerbungsfoto in ihren Augen nicht mehr zu den "Must-haves" einer Bewerbung. Das zeigt auch der Blick auf andere Länder wie Kanada oder die USA. Hier sind Bewerbungsfotos nicht mehr üblich. Hintergrund ist auch hier das Gebot der Chancengleichheit.
Alphabetische Reihenfolge
Die Kennzeichnung "m/w/d" ist mittlerweile gängige Praxis. Fehlt sie, kann die Ausschreibung als diskriminierend gewertet werden und damit zu erheblichen Entschädigungszahlungen führen. Denn neben den Geschlechtern "männlich" und "weiblich" muss nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2017 im Behördenregister ein drittes Geschlecht einzutragen sein können. Das gebietet bereits das Persönlichkeitsrecht eines jeden Einzelnen. Es sollen intersexuelle Menschen, die sich weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet fühlen, erfasst werden.
Darauf zurückzuführen ist die Nennung eines weiteren Geschlechts, welches vielfach mit "divers" gekennzeichnet wird. Das sollte auch in Stellenanzeigen berücksichtigt werden. Auch wenn sich die Reihenfolge "m/w/d" etabliert hat, empfiehlt Sarah Pieper die alphabetische Reihenfolge, um eine Diskriminierung möglichst zu vermeiden.
Onlineshop ohne "divers": diskriminierend, aber keine Entschädigung Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat im Dezember 2021 entschieden, dass eine unzulässige Diskriminierung vorliegt, wenn ein Onlineshop seinen Kunden nur die Anrede "Frau" oder "Herr" ermöglicht, ohne eine andere Ausswahl. Das Gericht stellte aber keine schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts fest, so dass kein Schmerzensgeldanspruch bestand.
Suche nach bestimmtem Geschlecht nur ganz selten erlaubt
Kann es unter Umständen gestattet sein, nach einem bestimmten Geschlecht zu suchen? Die Antwort lautet: Ja. Das AGG besagt, dass eine unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts zulässig ist, wenn das Geschlecht eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, der Zweck rechtmäßig ist und die Anforderungen angemessen sind. Die Rechtsprechung der vergangenen Jahre zeigt, dass die Regelung jedoch nur sehr zurückhaltend Anwendung findet. Die Anforderungen an die Zulässigkeit solcher Ausschreibungen sind sehr hoch. Die Expertin empfiehlt daher vor Veröffentlichung einer Stellenausschreibung mit der Suche nach einem bestimmten Geschlecht stets anwaltlichen Rat einzuholen.
Quelle: Rechtsanwalskanzlei Wittig Ünalp
Das richtige Nein für falsche Bewerber Eine korrekt formulierte Absage an Bewerber schützt nicht nur vor arbeitsrechtlichen Klagen, sie wirkt sich auch positiv auf den Ruf des Unternehmens aus. > Hier mehr lesen!Was sagt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)?
§ 1: "Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen."
Folge: Verstößt ein Unternehmen in der Stellenanzeige oder Absage gegen das AGG, muss es dem diskriminierten Bewerber auf dessen Klage hin Schadensersatz zahlen (§ 15 AGG), bei nachgewiesener Diskriminierung bis zu drei (fiktive) Monatsgehälter. Führt der Kandidat zusätzlich noch den Nachweis, dass er der bestgeeignete Bewerber gewesen wäre, bekommt er ein Jahresgehalt. Allerdings hatte bislang noch kein Kläger diesen Erfolg.
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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