Teilung von Betriebsrenten ist verfassungskonform, aber...
Die Art, wie Betriebsrenten bei einer Scheidung aufgeteilt werden, verstößt nicht gegen das Grundgesetz. Frauen dürfen aber nicht benachteiligt werden, sagt das Bundesverfassungsgericht.
Das höchste deutsche Gericht hat entschieden, dass eine Sonderregelung bei der Aufteilung von Betriebsrenten mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Es ging dabei um die Frage, wie beim Versorgungsausgleich die Betriebsrenten aufgeteilt werden. Die Familiengerichte müssen künftig aber darauf achten, dass vor allem Frauen bei der Berechnung ihrer Ansprüche nicht benachteiligt werden.
Fallgestaltung
"Lässt sich ein Paar scheiden, werden die Rentenansprüche aufgeteilt – der sogenannte Versorgungsausgleich. Das heißt, dass im Ergebnis beide Eheleute für die Zeit der Ehe Rentenansprüche in gleicher Höhe erhalten sollen", erklärt Fachanwältin für Familienrecht Christiane Greskamp. "Denn sonst bekäme der Hauptverdiener – immer noch meistens der Mann –, viel mehr Rente als seine Frau, die sich zu Hause um die Kinder gekümmert hat und somit keine eigene Rente ansparen konnte. Relativ einfach ist eine solche Aufteilung, wenn beide Partner bei der Deutschen Rentenversicherung eingetragen sind, dann wird intern verrechnet."
Frau wird aus der Betriebsrente des Mannes geworfen
Bei Betriebsrenten – als Direktzusage oder aus einer Unterstützungskasse – gibt es eine Sonderregelung in Paragraf 17 Versorgungsausgleichsgesetz: Unternehmen dürfen die Ansprüche des Ausgleichsberechtigten auch an einen anderen Versorgungsträger, zum Beispiel eine private Rentenversicherung, übertragen. Und sogar gegen dessen Willen. Das ist die sogenannte externe Teilung.
"Mit anderen Worten: Der Betrieb des Mannes kann die Ex-Frau aus dessen betrieblicher Altersversorgung werfen, so dass diese sich einen neuen Träger für ihre Altersvorsorge suchen muss, um das ausgezahlte Kapital anzulegen", weiß Expertin Greskamp. "Wegen der seit Jahren andauernden Niedrigzinsen ist es ihr aber quasi unmöglich, einen Versorgungsträger zu finden, der die gleichen Zins-Bedingungen bietet wie der alte." Das führt zu deutlichen Einbußen bei ihrer Rente ("Transferverluste"), während dem Ehegatten der Zinssatz in seiner betrieblichen Altersvorsorge garantiert bleibt.
Lose-Lose-Situation
"Das ist im Ergebnis eine faktische Benachteiligung von Frauen", betont Greskamp. "Am Ende verliert also der Mann die Hälfte seiner Rentenleistungen, ohne dass dies bei der Frau zu einer ähnlich hohen Rentenzahlung führt. Eine Lose-Lose-Situation."
Das Oberlandesgericht Hamm hatte in einem Scheidungsverfahren verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Regelung (§ 17 Versorgungsausgleichsgesetz) und legte sie daher dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vor.
Das Urteil
Die Verfassungsrichter sehen die Regelung zur externen Teilung nicht im Konflikt mit dem Grundgesetz. Sie müsse aber von den Gerichten verfassungskonform angewendet werden, um eine faktische Benachteiligung von Frauen zu verhindern, mahnten die Karlsruher Richter: "Dafür müssen die Gerichte den Ausgleichswert so bestimmen, dass die ausgleichsberechtigte Person keine unangemessene Verringerung ihrer Versorgungsleistungen zu erwarten hat." Verluste von maximal zehn Prozent sind nach Ansicht der Verfassungshüter die Grenze des Zumutbaren.
Das heißt: Die Familiengerichte können bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs einen Geldbetrag festsetzen, mit dem der Arbeitgeber des Mannes den Transferverlust der Frau ausgleichen muss.
"Will der Betrieb das nicht, kann er auch zur internen Teilung zurückkehren, also die Geschiedene in seine betriebliche Altersvorsorge aufnehmen", erklärt Fachanwältin Greskamp. "Es liegt jetzt bei den Gerichten und Arbeitgebern, wie sie Frauen bei der betrieblichen Altersvorsorge künftig gleichstellen. Den Auftrag aus Karlsruhe haben sie jedenfalls."
Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 26. Mai 2020, Az. 1 BvL 5/18
Scheidung So wird der Betrieb kein Scheidungsopfer
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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