Daniel Machnikowski (l.) und sein Arbeitgeber Bernd Koch; Foto: © Andreas Buck

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Umschulung statt einer Ausbildung

Erst als Mitte-Zwanzigjähriger hat sich Daniel Machnikowski bei Koch + Geist um eine Lehrstelle beworben. Unterstützt werden er und sein Arbeitgeber Bernd Koch über das Programm WeGebAU.

Bei der Koch + Geist GmbH stehen die Lehrstellenbewerber nicht gerade Schlange. Der Betrieb aus Münster bildet zur Fachkraft für Rohr-, Kanal- und Industrieservice aus. "Wenn potenzielle Auszubildende an einen Handwerksberuf denken, dann an Kfz-Mechatroniker oder Elektroniker, aber sicher nicht an Rohrreiniger, die im Dreck anderer Leute wühlen", sagt Geschäftsführer Bernd Koch. Dabei handele es sich um einen Hightech-Job, in dem mit Maschinen und Diagnosegeräten gearbeitet werde.

Die Technik, aber auch die abwechslungsreiche Tätigkeit sprechen Daniel Machnikowski an. Auf den vielseitigen Beruf bringt ihn ein Kamerad bei der Bundes­wehr. Dort wollte er nach sechs Jahren als Zeitsoldat weg. Doch seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt sind eher mau: schon 26 Jahre alt, Hauptschule 2008 abgeschlossen, eine abgebrochene Lehre bei der Deutschen Bahn. Als Plus für die Bewerbung kann er immerhin den mit der Übergangshilfe finanzierten Lkw-Führerschein vorweisen.

Umschulung über WeGebAU-Programm

Bernd Koch ist froh, dass sich Daniel Machnikowski bei ihm beworben hat – zunächst zum zweiwöchigen Probearbeiten, seit dem 1. August 2016 für eine Ausbildung. "Nicht jeder 16- oder 17-Jährige ist als Azubi zu gebrauchen", weiß der Unternehmer aus langjähriger Erfahrung. "Inzwischen finde ich es gut, wenn die Leute ein paar Tage älter und vernünftiger sind." Da sein neuer Lehrling schon vorher gutes Geld verdient hat und auf eigenen Füßen steht, bietet Bernd Koch ihm jedoch keine klassische Ausbildung mit vergleichsweise schmaler Vergütung an. "Wir haben den Arbeitgeber-Service der Arbeitsagentur gefragt, ob auch eine Umschulung möglich ist."

Ist sie, nämlich über das Programm WeGebAU der Bundesagentur für Arbeit. Allerdings gibt es bei der Umschulung eine besondere Herausforderung: Der Ausbildungsstoff von drei Jahren muss innerhalb von zwei Jahren sitzen. "Die Unterrichtsblöcke des ersten und zweiten Lehrjahres hat Herr Machnikowski praktisch nacheinander besucht. Zu unserem Leidwesen war er deshalb im ersten Jahr gefühlt kaum im Betrieb", sagt Bernd Koch. "Dafür haben Sie aber schon nach zwei Jahren eine fertig ausgebildete Fachkraft", erwidert Petra König, Pressesprecherin bei der Agentur für Arbeit Ahlen-Münster.

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Umfangreiche Förderung

Über WeGebAU beteiligt sich die Arbeitsagentur zu einem guten Teil an den Kosten der Umschulung. "Bei Herrn Machnikowski übernehmen wir die kompletten Lehrgangsgebühren, zahlen dem Betrieb einen Zuschuss zum Arbeitsentgelt und tragen die Fahrtkosten zur Berufsschule und überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung", zählt Petra König auf. Finanzielle Unterstützung wäre auch für die Internatsunterbringung und für die Kinder­betreuung möglich. Darüber hinaus gibt es eine Prämie bei erfolgreich bestandener Zwischen- und Abschlussprüfung. "Rund die Hälfte des Gehalts von Herrn Machnikowski wird über den Arbeitsentgeltzuschuss gedeckt", erklärt Unternehmerfrau Silke Koch, die im 29-Mitarbeiter-Betrieb für den kaufmännischen Part verantwortlich ist. Dabei geht der Arbeitgeber zunächst in Vorleistung. Die Arbeitsagentur zahlt rückwirkend ihren Anteil. "Das Geld haben wir bislang schnell bekommen", versichert die gelernte Betriebswirtin des Handwerks.

Sicherheit für alle Beteiligten

Eine Umschulung ist für den Betrieb und Auszubildenden strapaziös. Deshalb testet die Arbeitsagentur Ahlen-Münster alle WeGebAU-Bewerber. Am Computer werden unter anderem Kenntnisse in Mathematik und Deutsch abgefragt sowie Konzentrations- und Durchhaltevermögen ermittelt. "Damit möchten wir niemanden quälen, aber das Programm kostet den Beitragszahler relativ viel Geld und wir wollen sichergehen, dass der Umschüler diese sehr intensive Zeit engagiert und motiviert bewältigen kann. Das bietet allen Seiten Sicherheit, auch dem Arbeitgeber und dem Umschulungskandidaten", begründet Petra König.

 

Das Kürzel WeGebAU steht für ­"Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitnehmer in Unternehmen". Laut einer Broschüre der Bundesagentur für Arbeit (BA) können Aus- und Weiterbildungen im Rahmen bestehender Arbeitsverhältnisse gefördert ­werden. Voraussetzung für finanzielle Unterstützung einer Ausbildung sei, dass sie mindestens zwei Jahre dauere und zu einem staatlich anerkannten Abschluss führe. Unter "geringquali­fiziert" versteht die BA, dass die Arbeitnehmer entweder keinen verwertbaren Berufsabschluss oder mindestens vier Jahre in ­einer un- oder angelernten Tätigkeit ­gearbeitet ­haben. Nehmen sie an einer beruf­lichen Weiterbildung teil, die zu einem Abschluss in einem  Ausbildungsberuf führt, für den eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist, erhalten sie 1.000 Euro nach Bestehen der ­Zwischenprüfung und 1.500 Euro nach Bestehen der Abschlussprüfung. Bedingung ist allerdings, dass diese vor dem 31. Dezember 2020 beginnt. Weitere Fragen beantwortet der Arbeitgeber-Service der BA unter der kostenfreien Telefonnummer 0800 / 4555520.

 

Bei Daniel Machnikowski hat es wohl geklappt. "Dafür, dass er alles in zwei statt in drei Jahren machen muss, hatte er zuletzt ein wirklich gutes Zeugnis", lobt Silke Koch. Im Mai stehen die Abschlussprüfungen an. Danach will Daniel Machnikowski erst einmal Berufserfahrung sammeln. "Als Junggeselle mag man zwar Ahnung von der Theorie haben, aber ich möchte mich erstmal einige Zeit mit den kniffeligen Sachen beschäftigen – und dann vielleicht mit dem Meisterkurs beginnen."

Foto: © Andreas Buck

Text: / handwerksblatt.de