"Wir stehen für Technologieoffenheit"
Das SHK-Handwerk steht aktuell vor großen Herausforderungen. Energiewende, Gaskrise, Fachkräftemangel und Materialknappheit stehen täglich in den Schlagzeilen.
Umso wichtiger stuft Hans-Peter Sproten, Geschäftsführer des Fachverbands SHK NRW, die SHK Messe in Essen ein, die in wenigen Tagen ihre Tore öffnet.
DHB: Herr Sproten, die SHK Essen öffnet Anfang September die Tore. Was sind aktuell Schwerpunktthemen in der SHK-Branche?
Sproten: Die Vorfreude auf die SHK Essen vom 6. bis 9. September ist riesengroß und die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Wir haben jede Menge vor. Wir erwarten gut 400 Aussteller. Aktuell kommen nochwöchentlich Aussteller aus den Bereichen Sanitär/Bad, Heizung, Lüftung und Klima dazu. Sie und ihre Produkte und Dienstleistungen stehen natürlich im Mittelpunkt. Der aktuellen Situation geschuldet kommt das Schwerpunktthema "Branchenlösungen für die Energiewende" dazu.
Wir werden im Rahmen der SHK Essen neue Technologien oder Kombilösungen sehen, die nicht mehr ausschließlich auf fossile Brennstoffe setzen, sondern es werden Neuheiten vorgestellt, die aktuell und zukünftig große Relevanz haben werden. Da spielt Wasserstoff mit rein, biosynthetische Gase, die Anwendung von hybriden und modularen Systemen, natürlich auch die Wärmepumpe und das alles in Verbindung mit Photovoltaik. Und das ist das eigentlich Neue: Wir stellen uns der Thematik, dass Strom Einzug hält in das SHK-Handwerk. Dazu bieten wir eigens die Ausstellungsbereiche Autarkes Heizen und Wasserstoffpraxis an. Und weil es dazu erheblichen Informations- und Diskussionsbedarf gibt, haben wir in Halle 2 ein hochkarätig besetztes Vortragsprogramm im Forum "Branchenlösungen für die Energiewende" für Fachbesucher aufgelegt. Ein weiteres Schwerpunktthema ist Hygiene, das wir mit Vorträgen und einer begleitenden Ausstellung in Halle 6 im Rahmen des "6. Deutschen Forums Innenraumhygiene" und dem daran angeschlossenen "Treffpunkt Trinkwasser" bedienen. Neben der Wärmewende und nachhaltigen Sanitärtrends ist die Innenraumhygiene eines der wichtigsten Themen für die SHK-Branche. Handwerker, Planer und Architekten erfahren im 6. Deutschen Forum Innenraumhygiene, was für den Arbeitsalltag wichtig ist – von Energieeffizienz und Hygiene in Trinkwasser- und Lüftungssystemen bis zur Sanierung asbestbelasteter Brandschutzklappen. Beim Thema Raumlufthygiene spielen Corona und Hygienelüftung zum Nachrüsten in Schulen und Büros auch eine große Rolle. Die Ausstellung und Vorträge orientieren sich unmittelbar an den Erfordernissen in der SHK-Praxis. Das ist für alle Fachbesucher sicher ein weiteres Top-Highlight.
DHB: Bleiben wir beim Thema Energie: Inwieweit müssen sich Fachbetriebe nun mit erneuerbaren Energien auseinandersetzen?
Sproten: Ein SHK-Profi, der sich in den letzten 20 Jahren sehr stark mit fossilen Brennstoffen und dazugehörigen Heizsystemen beschäftigt hat, wird nicht daran vorbeikommen, sich mit den neuen nachhaltigen Technologien in unterschiedlicher Kombination auseinanderzusetzen. In Gesprächen während unserer Mitgliederversammlung am 11. August haben uns die Obermeister*innen immer wieder bestätigt, dass die Kundenanfragen zu erneuerbaren Energien aktuell erdrückend sind. Fachbetriebe müssen sich außerdem mit der zum 15. August 2022 geänderten Bundesförderung befassen, mit Genehmigungsverfahren, mit Inselanlagen und Mobilität. Ich glaube, die beste Möglichkeit dies in geballter Form zu tun, ist im Rahmen der SHK Essen Anfang September in Essen.
DHB: Wärmepumpen stehen nicht zuletzt wegen der Wärmepumpenoffensive der Bundesregierung besonders im Fokus. Wird das die Heizform der Zukunft?
Sproten: Wir glauben, dass es keine alleinseeligmachende Einzellösung gibt. Keinesfalls wird ein Verordnungsgeber es von oben herab mit Einschränkungen erreichen, dass wir zukünftig mit einer einzigen Technologie Energie einsparen. Die Abhängigkeiten, die sich daraus ergeben, wenn man nur auf die Wärmepumpe setzt, können nur kontraproduktiv sein. Es ist illusorisch zu denken, wir könnten die Klimaziele mit nur einer Technologie in hohen Stückzahlen erreichen. Unabhängig davon, dass es bei Wärmepumpen massive Lieferprobleme der Industrie und den Fachkräftemangel für die Planung und den Einbau gibt. Zudem gibt es viele Situationen, wo die Wärmepumpe einfach nicht zu realisieren bzw. nicht die energetisch sinnvollste Lösung ist. Davor darf man nicht die Augen verschließen. Außerdem ist es letztlich der Kunde, der entscheidet, ob er die Kosten stemmt und die Anlage eingebaut wird. Daher stehen wir als Fachverband SHK NRW politisch für Technologieoffenheit.
DHB: Im SHK-Handwerk bleibt es spannend, da gerade Ihre Branche im Bereich der Innovationen und technischen Neuerungen Vorreiter ist. Was sind für Sie die Themen der Zukunft und wie werden diese auf der SHK-Messe in Essen widergespiegelt?
Sproten: Wir spiegeln alle Zukunftsthemen über die enorme Bandbreite des Messeprogramms wider: von den genannten Vortragsforen zu autarkem Heizen und Hygienefragen über die Azubi-Lounge als Anlaufpunkt für den Nachwuchs bis hin zu innovativen Ideen junger Branchen-Start-ups. Vor dem Messebesuch empfiehlt sich daher der Blick auf die Programmübersicht unter www.shkessen.de.
Selten stand das SHK-Handwerk so im Fokus der Öffentlichkeit wie aktuell. Diese Profi-Profi-Messe kommt nun zum richtigen Zeitpunkt. Das Thema Gaseinsparung ist von null auf hundert auf die politische Agenda gerutscht. Da ist die SHK-Branche gefragt. Wir erwarten auf der SHK Essen viel mediale Aufmerksamkeit. Diese wollen wir nutzen um deutlich zu machen, welche Möglichkeiten wir haben, aber auch welche Hindernisse vorhanden sind. Technologieoffenheit ist da ein wesentliches Stichwort. Ich denke auch da an die Problemstellungen in Bezug auf die Bauordnung, um den Einbau von Wärmepumpen in NRW ermöglichen zu können, oder an die Vereinfachung von Förderanträgen und Genehmigungsverfahren.
Zitat Wir stellen uns der Thematik, dass Strom Einzug halten wird in das SHK-Handwerk. Hans-Peter Sproten, Geschäftsführer des Fachverbands SHK NRWDHB: Ein zentrales Thema ist im Handwerk der Fachkräftemangel. Das SHK-Handwerk ist davon aktuell besonders betroffen, da es eine ungeheure Nachfrage gibt. Was raten Sie Ihren Betrieben?
Sproten: Der Fachkräftemangel ist eine große Herausforderung. Da ist es ratsam, in Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung zu investieren oder selbst auszubilden, um so den eigenen Mitarbeiterstamm zu sichern. Auch wer die Möglichkeiten hat und über den eigenen Bedarf hinaus ausbildet, leistet der Branche aktuell einen wichtigen Dienst. Für die Umsetzung der Energiewende benötigen wir jede einzelne Fachkraft. Im Gegensatz zu anderen Gewerken steht das SHK-Handwerk seit dem letzten Jahr mit einem leicht positiven Trend dar. Bei den Azubi- und Fachkräftezahlen haben wir einen leichten Zuwachs zu verzeichnen. Wir hoffen, dass mit der gesellschaftlichen und medialen Aufmerksamkeit auch zukünftig das Interesse junger Leute am Ausbildungsberuf "Anlagenmechaniker*in für SHK- Technik" wachsen wird. Schließlich bietet unser Berufsbild beste Zukunftschancen.
DHB: Neben dem Fachkräftemangel ist auch das Thema Materialknappheit akut. Wie geht das SHK-Handwerk damit um?
Sproten: Den Fachbetrieben fehlen die Materialien, aber auch die Wärmeerzeuger selbst. Es ist eine äußerst schwierige Situation, da weder Projekte noch Baustellen zuverlässig geplant oder umgesetzt werden können. Die Betriebe wollen, aber sie können schlichtweg nicht ihren Job machen. Zudem leiden sie unter explodierenden Kosten. Im Angesicht immer neuer und weiter drohender Preissteigerungen von Lieferantenseite fragen sich Viele, was sie tun können, um am Ende nicht draufzuzahlen. Auch insoweit unterstützen wir unsere Innungsmitglieder mit Rat und Tat. Es lohnt ein Blick unter www.shk-nrw.de, Suchbegriff "Baustoffe".
Das Interview führte: Claudia Stemick
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Text:
Claudia Stemick /
handwerksblatt.de
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