Zertifizierung im Handwerk: "Das hat die Abläufe deutlich verbessert"
Eine Zertifizierung, etwa nach ISO 9001, steigert Qualität und Image. Doch der Weg zur Norm verlangt Engagement und Ausdauer. Dass sich der Einsatz lohnt, zeigt das Beispiel der Dreherei Reusch.
Etwa 30.000 bis 40.000 Handwerksunternehmen in Deutschland sind zertifiziert. Die meisten davon haben ein Qualitätsmanagementsystem (QMS) nach ISO 9001 eingeführt. Andere für das Handwerk relevante Zertifizierungen gibt es im Bereich Umwelt (ISO 14001), Arbeitssicherheits- und Gesundheitsschutz (ISO 45001) oder Energie (ISO 50001). Auch Produkte können zertifiziert werden oder Personen - beispielsweise Kosmetiker und Schweißer. Aktuell wächst die Nachfrage nach Zertifizierungen im Umweltmanagement.
Langfristig will auch Markus Reusch, Geschäftsführer der Dreherei Reusch GmbH & Co. KG in Troisdorf bei Bonn, das Thema "Umweltzertifikat" angehen. "Noch fordert es kein Kunde, aber das wird wohl nicht mehr so lange dauern", vermutet Reusch. Seit zwölf Jahren hat die Dreherei bereits ein Qualitätsmanagementsystem nach ISO 9001. "Meine Eltern haben das Projekt damals angestoßen und ich habe es übernommen, als ich in die Geschäftsführung eingestiegen bin."
Der Hauptkunde hat die QM-Zertifizierung angestoßen
Markus Reusch führt den 1959 gegründeten Familienbetrieb heute in dritter Generation gemeinsam mit seinem Bruder Bastian, der für den technischen Part zuständig ist. Wie so oft im Handwerk wurde die QM-Zertifizierung irgendwann vom Hauptkunden aus der Industrie, einem Spezialbetrieb für Hochspannungsgeräte, angestoßen. Also hat die Dreherei ein QM-Handbuch geschrieben und alle Prozesse sorgfältig dokumentiert, um die Norm zu erfüllen. "Etwa anderthalb Jahre hat das Projekt gedauert", erzählt Markus Reusch.
Die Zertifizierung übernahm die ZDH-ZERT in Bonn. Die Besonderheit von ZDH-ZERT ist die Nähe zum Handwerk. Die Zertifizierungsstelle wurde vor 30 Jahren vom Zentralverband des Deutschen Handwerks und weiteren Handwerksorganisationen als e. V. gegründet und agiert seit 2003 als GmbH. Zu den 51 Mitgliedern von ZDH-ZERT e.V. zählen nahezu alle Handwerkskammern und verschiedene Bundesverbände des Handwerks. "Unser Motto lautet 'Aus dem Handwerk – für das Handwerk'", erklärt Peter Löpp, Leiter der Zertifizierungsstelle.
Die Besonderheit von ZDH-ZERT ist die Nähe zum Handwerk
Daher werden neben den Standardzertifizierungen auch private Zertifizierungsprogramme für Kammern und Fachverbände angeboten. Realisiert wurden sie zum Beispiel für das Bestatterhandwerk ("Fachunternehmen für Bestattungsdienstleistungen nach DIN 15017") oder für Schornsteinfeger (Gütesiegel "Fachbetrieb des Schornsteinfegerhandwerks").
Wenn Handwerksunternehmen als Zulieferer für die Industrie arbeiten oder als Dienstleister tätig sind, wird die Zertifizierung entweder gesetzlich oder vom Kunden vorausgesetzt – oder beides. Lediglich etwa 15 Prozent der Unternehmen lassen sich laut einer Umfrage von ZDH-ZERT aus eigenem Interesse zertifizieren – für ihr Marketing, um interne Abläufe zu optimieren oder um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besser in die Prozesse einzubinden. "Im Handwerk gibt es noch viel Potenzial, wenn es um die Verbreitung und Akzeptanz von Zertifizierungen geht", berichtet Löpp.
"Betriebe, die eine Zertifizierung anstreben, kommen meist über die Handwerkskammern auf uns zu", so der Diplom-Ingenieur. Die Vorteile würden auf der Hand liegen: Laut einer Anwenderumfrage führt die ISO 9001 unter anderem zu effizienteren Abläufen im Unternehmen (insbesondere bei der Dokumentation von Informationen), einer besseren Einhaltung von Normen und Gesetzen, einer höheren Kundenbindung und einer gesteigerten Mitarbeiterzufriedenheit – ein wichtiger Aspekt für die Fachkräftebindung.
Fast keine Ausschüsse und Reklamationen
"Bei uns hat es die Abläufe deutlich verbessert", erzählt Markus Reusch. "Wir haben seither zum Beispiel eine verschwindend geringe Quote an Ausschüssen und Reklamationen." Die Zertifizierung helfe dem Unternehmen auch, sich breiter aufzustellen und neue Kunden zu gewinnen. Zudem gibt es seither Stellenprofile und strukturierte Einarbeitungspläne. "Jeder Mitarbeiter weiß dann sofort, was sein Aufgabenbereich ist und das von ihm erwartet wird."
In Deutschland gibt es etwa 160 Zertifizierungsstellen, die ISO 9001 Zertifizierungen ausstellen, beispielsweise der TÜV oder die Dekra. Zugelassen werden sie von der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS), der nationalen Akkreditierungsbehörde in Berlin.
Natürlich stecke auch viel Arbeit dahinter, auch um das System aktuell zu halten, sagt Markus Reusch. "Aber das ist dann auch der einzige Nachteil." Große Unternehmen haben eigene Mitarbeiter dafür abgestellt, in der Dreherei mit 30 Beschäftigten kümmert sich der Geschäftsführer selbst um das Thema. Jährlich gibt es Überwachungsaudits und alle drei Jahre muss das Zertifikat im Rahmen einer Rezertifizierung erneuert werden. Hier schauen die Auditoren, ob das eingeführte System im Unternehmen gelebt wird und ob es gegebenenfalls Verbesserungsmöglichkeiten gibt. Die Vorbereitung auf das Audit variiert je nach Unternehmensgröße. "Ich brauche etwa zehn Arbeitstage dafür", sagt Markus Reusch.
ZDH-ZERT: Neuer Geschäftsführer Die Zentrale von ZDH-ZERT befindet sich in Bonn, daneben gibt es mehrere Geschäftsstellen. Seit dem 1. April 2025 führt Markus Jäger das Unternehmen. Er war zuvor sechs Jahre Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband Metall in Essen. Mehr dazu lesen Sie hier
Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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