Mittlerweile müsen sich Unternehmen bei den potenziellen Azubis bewerben und ihnen etwas bieten, um sie für den eigenen Betrieb zu gewinnen.

Mittlerweile müsen sich Unternehmen bei den potenziellen Azubis bewerben und ihnen etwas bieten, um sie für den eigenen Betrieb zu gewinnen. (Foto: © kebox/123RF.com)

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"Azubis zu finden, wird immer schwieriger"

Die Franz Trippe GmbH nutzt verschiedene Wege, um Auszubildende für den eigenen Betrieb zu finden. Das Bauunternehmen sucht auch in Drittstaaten nach potenziellen Azubis.

Trotz der Corona-Pandemie bleibt die Konjunktur im Bauhandwerk vergleichsweise stabil. Andere Branchen habe hier mehr Probleme. Ein Problem, das auch in vielen anderen Handwerksbranchen aktuell ist, trifft auch das Bauhandwerk: der Fachkräftemangel. Die Betriebe hatten schon vor der Pandemie Schwierigkeiten, genug Fachkräftenachwuchs zu finden und es ist auch in den Pandemiezeiten kaum einfacher, Fachkräfte oder Auszubildende für das eigene Unternehmen zu finden. Und es ist absehbar, dass sich die Lage nach der Pandemie, wenn die Wirtschaft auch im Baugewerbe wieder die eine oder andere Schippe drauflegt, noch einmal verschärfen wird.

Auch für Johannes Trippe von der Franz Trippe GmbH im sauerländischen Schmallenberg ist die Sicherung des Fachkräftebedarfs ein wichtiges Thema. Das Unternehmen ist in den Bereichen Straßen-, Tief- und Landschaftsbau tätig und versucht bei der Suche nach Auszubildenden verschiedene Wege zu gehen. "Azubis zu finden, wird immer schwieriger", sagt Trippe. Für ihn ist die Ausbildung im eigenen Betrieb die beste, wenn nicht derzeit sogar die einzige Möglichkeit, Fachkräfte zu gewinnen. "Facharbeiter sind am freien Markt kaum zu bekommen." Insgesamt beschäftigt das Unternehmen 100 Mitarbeiter, davon zehn Azubis in verschieden Bereichen.

Zu wenig Fachkräfte aus Deutschland

Johannes Trippe (r.) hofft, dass Aboubacar Titi Camara nach seiner Gesellenprüfung weiter bei der Franz Trippe GmbH arbeiten kann. Foto: © Bauverbände NRW e. V. Johannes Trippe (r.) hofft, dass Aboubacar Titi Camara nach seiner Gesellenprüfung weiter bei der Franz Trippe GmbH arbeiten kann. Foto: © Bauverbände NRW e. V.

Mittlerweile sei es ja selbst im Sauerland so, dass sich die Unternehmen bei den potenziellen Azubis bewerben und ihnen etwas bieten müssen. Trippe nutzt zum Beispiel Stellenanzeigen in der Presse und in sozialen Medien, das Portal der Arbeitsagentur, Ausbildungsbörsen, Praktika und Ansprache von jungen Menschen in Schulen, um Auszubildende zu finden. Trippe ist aber davon überzeugt, dass sich der Fachkräftebedarf zumindest mittelfristig nicht allein mit Arbeitskräften aus Deutschland decken lässt. "Deswegen glaube ich, dass eine Werbung junger Menschen aus Drittstaaten, als Ergänzung der bekannten Wegen eine sinnvolle Lösung ist."

Der Baubetrieb beteiligt sich zum Beispiel an einem Projekt des Deutschen Auslandsbau-Verbands über das potenzielle Auszubildende in Äthiopien für eine Ausbildung in Deutschland gesucht werden. Außerdem engagiert sich die Franz Trippe GmbH bei der Ausbildung von Flüchtlingen und hat damit gute Erfahrungen gemacht. Aboubacar Titi Camara aus Guinea kam als Flüchtling nach Deutschland und ist beim Bauunternehmen jetzt im dritten Lehrjahr. "Wir hoffen, dass er uns nach seiner Gesellenprüfung als Facharbeiter erhalten bleibt." Das hänge nicht allein vom Prüfungserfolg ab, sondern auch davon, ob er eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis bekommt.

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"Die Sprache ist das A und O"

Das größte Problem bei der Ausbildung von jungen Menschen mit Migrationshintergrund sei die Sprachbarriere. "Die deutsche Sprache ist das A und O", betont Trippe. Ansonsten seien Probleme in der Schule und auch bei der Arbeit im Betrieb vorprogrammiert. Um das zu verhindern, hat das Bauunternehmen Camara einmal pro Woche für einen Sprachkurs freigestellt. "Es kommen aber auch viele andere Dinge auf eine zu. Dazu gehören interkulturelle Unterschiede." Hier brauche es Empathie, Trippe nennt es Kultursensibilität, damit mit man mit der Zeit auf einen Nenner kommt, was etwa Pünktlichkeit und Verlässlichkeit angeht. "Das haben wir aber sehr gut hinbekommen, das funktioniert jetzt einwandfrei."

Es geht aber nicht nur um die Arbeit. Die Integration müsse auch außerhalb des betrieblichen Alltags vorankommen, damit ein funktionierendes soziales Leben möglich wird. Auch hier bietet das Bauunternehmen Unterstützung an: "Es kann sein, dass man Kontakte vermittelt zu Sportvereinen oder Freizeitaktivitäten und vielleicht auch die eigenen Mitarbeiter bittet, sich im privaten Bereich ein wenig zu kümmern." Es sei sehr schnell zu merken, dass solche Hilfestellungen sich positiv auf die Leistungskurve und die Motivation auswirken. Für den Betrieb sei das Learning by Doing, ein Patentrezept dafür gebe es nicht. "Das ist ein Lernprozess und auch anstrengender als mit einem Auszubildenden aus Deutschland. Das kostet Zeit, Energie und Geld, mehr als bei einem Auszubildenden aus Deutschland." Schwierige Zeiten für die Unternehmen also, aber mit Blick in die Zukunft müssen sie wahrscheinlich eher mehr als weniger Aufwand betreiben, um ihren Fachkräftebedarf zu decken.

Text: / handwerksblatt.de

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