Die Uhrmachermeister Jürgen Köhler (hinten rechts) von Uhren Köhler und Bernd Miller von Juwelier Weber bilden Juliana Ostendorp (vorne rechts) und Melina Demski im Rahmen einer Verbundausbildung zu Uhrmacherinnen aus. (Foto: © Andreas Buck)

Vorlesen:

"Verbundausbildung ist für uns die ideale Lösung"

Bernd Miller ist Experte für Armbanduhren. Jürgen Köhler hat sich auf große Uhren spezialisiert. Jeder für sich könnte die Inhalte einer Uhrmacher-Lehre nicht abdecken. Also bilden sie zwei junge Frauen im Verbund aus.

Unter einer Verbundausbildung konnte sich Juliana Ostendorp zunächst nichts vorstellen. "Ich fand es aber ganz spannend, dass man sich in dem einen Betrieb primär um Kleinuhren und in den anderem um Großuhren kümmert", blickt die Auszubildende von Uhren Köhler in Bochum auf den Sommer 2021 zurück. Melina Demski hat es ebenfalls auch sich zukommen lassen. Die 23-Jährige hatte nach dem Abitur zuerst ein Studium zur Mediengestalterin begonnen. "Doch das war mir alles zu theoretisch", begründet die junge Gelsenkirchenerin ihre Entscheidung, ins duale System zu wechseln und einen Ausbildungsvertrag zur Uhrmacherin bei Juwelier Weber in Gelsenkirchen zu unterschreiben.

Zwischenfazit der Azubis

Bei der Verbundausbildung von Juwelier Weber und Uhren Köhler verbringen die Auszubildenden jeweils drei Wochen in einem Betrieb. Danach wird gewechselt. Neben der Ausbildung im Betrieb kommen die Blöcke der Berufsschule und der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung – beides am Max-Born-Berufskolleg in Recklinghausen – dazu. "Manchmal verliert man so ein bisschen den Überblick, wann man wo sein muss, aber man gewöhnt sich daran", erklärt Melina Demski. Juliana Ostendorp stört vor allem die Fahrerei, denn die 21-Jährige wohnt am nördlichen Rand des Ruhrgebiets.

Für beide überwiegen jedoch die Vorteile des Verbundmodells. Melina Demski gefällt in erster Linie, dass die Ausbildung an zwei betrieblichen Lernorten sehr abwechslungsreich und fokussiert ist. "Ich kann mich drei Wochen ganz auf Großuhren oder Kleinuhren konzentrieren", betont sie. Juliana Ostendorp ist es am wichtigsten, zwei kompetente Ausbilder zu haben, die sie während der Ausbildung unterstützen und bei fachlichen Fragen immer ansprechbar sind. "Sie erklären beide sehr gut. Von Herrn Miller und Herrn Köhler kann ich einiges lernen."

Fazit der Uhrmachermeister

Die Uhrmachermeister Bernd Miller und Jürgen Köhler bilden zum ersten Mal im Verbund aus. Inzwischen haben ihre Auszubildenden die Zwischenprüfung abgelegt. Zeit für eine erstes Fazit.

Das könnte Sie auch interessieren:

Nachteile der Verbundausbildung

Als Nachteil empfindet Jürgen Köhler die teilweise lange Abwesenheit der Auszubildenden. Der Blockunterricht der Berufsschule und der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung sowie die dreiwöchige Präsenz im Partnerbetrieb können sich auf bis zu zwei bis drei Monate addieren. "Wenn die Auszubildenden so lange weg waren, vergehen manchmal ein, zwei Tage, bis sie wieder voll im anderen Betrieb angekommen sind", hat auch Bernd Miller beobachtet. Ihn stört vor allem die zögerliche Absprache zwischen den schulischen Lernorten. Da die Verteilung der Berufsschul- und ÜLU-Blöcke erst sehr spät bekannt gegeben werden, sei es für die Auszubildenden kaum möglich, ihren Urlaub zu planen.

Vorteile der Verbundausbildung

Der ständige Wechsel der betrieblichen Lernorte und die überschaubare Verweildauer im Verbundbetrieb bringen jedoch auch einige Vorteile mit sich. "Wenn die Azubis drei Wochen bei uns sind, dann geben sie alles und sind hochmotiviert", ist Jürgen Köhler aufgefallen. Einzelne Themenblöcke ließen sich leichter aufbauen und zügig vermitteln. Bernd Miller spricht von "Motivationsspitzen", die es ermöglichen, das Fachwissen sowohl schneller als auch umfassender zu vermitteln.

Als weiteren Pluspunkt führt er die hohe Expertise beider Ausbilder an. "Ich hätte mir für meine Ausbildung einen erfahrenen Meister wie Jürgen Köhler gewünscht, der den Auszubildenden auch sehr viel zur Geschichte der Uhren lehrt", lobt Bernd Miller, der selbst seine langjährige Erfahrung aus der Industrie in die Ausbildung einbringt.

GesetzesgrundlageDie Möglichkeit, im Verbund ausbilden zu können, ist in §10, Absatz 5 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) festgelegt. Dort heißt es: "Zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen der Ausbildenden können mehrere natürliche oder juristische Personen in einem Ausbildungsverbund zusammenwirken, soweit die Verantwortlichkeit für die einzelnen Ausbildungsabschnitte sowie für die Ausbildungszeit insgesamt sichergestellt ist (Verbundausbildung)."

Auslandspraktika auf Eis gelegt

Für Juliana Ostendorp, Bernd Miller, Jürgen Köhler und Melina Demski (v.l.n.r.) überwiegen bei einer Verbundausbildung die Vorteile. Foto: © Andreas BuckFür Juliana Ostendorp, Bernd Miller, Jürgen Köhler und Melina Demski (v.l.n.r.) überwiegen bei einer Verbundausbildung die Vorteile. Foto: © Andreas Buck

Ursprünglich wollten die beiden Uhrmachermeister ihren Auszubildenden ein Auslandspraktikum ermöglichen. Daraus dürfte es bis zum Ende des zweiten Lehrjahres diesen Sommer jedoch nichts werden. Grund dafür ist die zurückliegende Pandemie. Jürgen Köhler hatte gute Kontakte nach Frankreich und Spanien, doch "durch Corona sind die Auslandsaufenthalte eingeschlafen und bislang nicht wieder ans Laufen gekommen".

Bernd Miller führt einen weiteren Grund an. Er beobachtet einen Schulungsstau, der sich in den vergangenen zwei, drei Jahren in der Uhrenindustrie aufgebaut hat. Diesen zu beheben, habe bei den Herstellern nun Vorrang. Immerhin konnten die beiden Uhrmachermeister ihren Auszubildenden ein kleines Trostpflaster bieten. "Wir haben mit ihnen einen Ausflug auf die Inhorgenta in München gemacht", so Bernd Miller.  

Nächster Durchgang geplant

"Die Verbundausbildung ist für uns die ideale Lösung", steht für Jürgen Köhler fest. Dem stimmt Bernd Miller zu. Die Ausbildung im Verbund sei zwar aufwendiger als in einem einzelnen Betrieb, mache dank des großen Engagements aller Beteiligten aber auch Spaß. Wenn es nach dem Willen des Uhrmachermeisters geht, wird es nicht bei einem Durchgang bleiben. "Sobald unsere beiden Auszubildenden ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen haben, würde ich gerne wieder eine Verbundausbildung anbieten."

Verbundausbildung auf handwerksblatt.de Über die Anfänge der Verbundausbildung von Jürgen Köhler und Bernd Miller berichten wir im Online-Artikel "Verbundausbildung zweier Uhrmacher in Gelsenkirchen und Bochum" auf handwerksblatt.de. Auf die Gewerke übergreifende Verbundausbildung der Betriebe Elektro Knedel aus Meerbusch und Soeffing Kälte Klima aus Düsseldorf geht der Online-Artikel "Verbundausbildung als Bindeglied zwischen Elektro- und Kältetechnik" auf handwerksblatt.de ein.

Zuschüsse zur Verbundausbildung

Einige Bundesländer beteiligen sich mit einem Zuschuss an den betrieblichen Kosten einer Verbundausbildung (Stand: 13. April 2023).

In Baden-Württemberg beteiligt sich das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus mit einen Zuschuss an einer Verbundausbildung. An dem Stammbetrieb wird einmalig ein Zuschuss in Höhe von 4.000 Euro pro Ausbildungsplatz ("Prämie") gezahlt, wenn die Dauer der Ausbildung im Partnerbetrieb mindestens 20 Wochen beträgt. Zudem gibt es einen Zuschuss in Höhe von einmalig 2.000 Euro pro Ausbildungsplatz ("Prämie") bei Kurzarbeit im Stammbetrieb, wenn die Dauer der Ausbildung im Partnerbetrieb und der Kurzarbeit mindestens vier Wochen beträgt.

In Bayern gibt es kein spezielles Landesprogramm zur Förderung der Verbundausbildung, von dem auch Handwerksbetriebe profitieren können. Nach Auskunft des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales besteht aber über das Programm "Fit for Work – Chance Ausbildung" die Möglichkeit, Förderung für eine Verbundausbildung zu erhalten. Ziel dieses Programms ist es, marktbenachteiligte junge Menschen in eine betriebliche Ausbildung zu integrieren. Es seien allerdings auch bei der Verbundausbildung die Fördervoraussetzungen zu beachten. Wenn also beispielsweise die Verbundausbildung aus öffentlichen Mitteln gefördert werde, entfalle eine Förderung mit "Fit for Work – Chance Ausbildung".

In Berlin beteiligt sich die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales mit einem Zuschuss an der Verbundausbildung. Mit der Umsetzung hat das Land die Handwerkskammer Berlin betraut. Ihr zufolge beträgt der Zuschuss für jeden nachgewiesenen Ausbildungstag beim Verbundpartner maximal 40 Euro pro Ausbildungsverhältnis. Die Förderhöhe ist nach der Ausbildungsdauer gestaffelt. 

  • für eine 3,5-jährige Ausbildung beträgt die Förderhöhe bis zu 7.500 Euro.
  • für eine 3-jährige Ausbildung beträgt die Förderhöhe bis zu 6.500 Euro Euro.  
  • für eine 2-jährige Ausbildung gelten bestimmte Bedingungen. Die Förderhöhe beträgt bis zu 2.500 Euro. 

In Brandenburg sind das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Energie sowie das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz die Fördermittelgeber bei einer Verbundausbildung. Der Zuschuss kann bei der Investitionsbank des Landes Brandenburg beantragt werden. Die Förderung ist in drei Module unterteilt. Die Pauschale beträgt pro Lehrgangstag und Auszubildenden: 

  • 33 Euro für das Modul "Verbundausbildung" 
  • 39 Euro für das Modul "Vermittlung von Zusatzqualifikationen und Schlüsselkompetenzen"
  • 31,50 Euro für das Modul "Durchführung fachspezifischer Lehrgänge zur Prüfungsvorbereitung"

Die förderfähigen Gesamtausgaben werden in einer Höhe von 90 Prozent gefördert. 

In Bremen fördert die Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa, dass sich Betriebe zu einem Ausbildungsverbund zusammenschließen. Laut der Handelskammer Bremen erhält der Leitbetrieb eine einmalige Förderung in Höhe von 4.000 Euro.  

In Hamburg zahlt die Behörde für Schule und Verwaltung einen Zuschuss, wenn sich Kleinst- und Kleinbetriebe für die Verbundausbildung entscheiden. Die Höhe des Zuschusses liegt bei 150 Euro je Ausbildungsmonat. Zudem erhält der Verbundkoordinator erfolgsabhängig bis zu 750 Euro. 

In Hessen gibt es kein spezielles Landesprogramm zur Förderung der Verbundausbildung, von dem auch Handwerksbetriebe profitieren können.

In Mecklenburg-Vorpommern gibt es kein spezielles Landesprogramm zur Förderung der Verbundausbildung, von dem auch Handwerksbetriebe profitieren können. 

In Niedersachen wird für die Verbundausbildung ein nicht-rückzahlbarer Zuschuss in Form einer Anteilfinanzierung zur Projektförderung aus ESF+-Mitteln bis zu 40 Prozent im Programmgebiet "Stärker entwickelte Region" (SER) und 60 Prozent im Programmgebiet "Übergangsregion" (ÜR) der förderfähigen Ausgaben gewährt. 

Darunter fallen nach Informationen der NBank, der Investitions- und Förderbank des Landes Niedersachsen, folgende Kosten:

  • Verbundausbildung in anerkannten Ausbildungsberufen nach dem Berufsbildungsgesetz, der Handwerksordnung, dem Seearbeitsgesetz oder dem Pflegeberufsgesetz
  • Ausgaben für Bildungs- und Beratungspersonal
  • Vergütung der Auszubildenden
  • Restkostenpauschale auf die direkten Personalausgaben in Höhe von 35 Prozent. 

In Nordrhein-Westfalen fördert das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales die Verbundausbildung. In kleinen und mittleren Unternehmen, die ohne den Ausbildungsverbund nicht ausbilden dürften, wird die Ausbildungsvergütung für eine Ausbildung in Vollzeit mit 260 Euro pro Monat gefördert. Pro Auszubildende oder Auszubildenden in Teilzeit wird ein Festbetrag von 150 Euro pro Monat gewährt. Die Förderdauer beträgt maximal 18 Monate. 

In Rheinland-Pfalz gibt es kein spezielles Landesprogramm zur Förderung der Verbundausbildung, von dem auch Handwerksbetriebe profitieren können.  

Im Saarland gibt es kein spezielles Landesprogramm zur Förderung der Verbundausbildung, von dem auch Handwerksbetriebe profitieren können.

In Sachsen gewährt die Sächsische Aufbaubank für die Verbundausbildung eine Pauschale pro Teilnehmerwoche der Ausbildung beim Verbundpartner in Höhe von 150 Euro.

In Sachsen-Anhalt gibt es kein spezielles Landesprogramm zur Förderung der Verbundausbildung, von dem auch Handwerksbetriebe profitieren können. 

In Schleswig-Holstein gibt es kein spezielles Landesprogramm zur Förderung der Verbundausbildung, von dem auch Handwerksbetriebe profitieren können.

In Thüringen gibt es kein spezielles Landesprogramm zur Förderung der Verbundausbildung, von dem auch Handwerksbetriebe profitieren können. 

DHB jetzt auch digital!Einfach hier klicken und für das digitale DHB registrieren!

Text: / handwerksblatt.de

Das könnte Sie auch interessieren: