Widerrufsrecht: Handwerker belehrt Kunden nicht und verliert
Ein Handwerker, der einen Verbraucher nicht über sein Widerrufsrecht informiert, kann komplett leer ausgehen – trotz vollständig erbrachter Arbeit! Das Landgericht Frankenthal urteilte gegen einen Gartenbauer.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Widerrufsrecht des Kunden: Daumenschraube für Handwerker?
Bei Geschäften mit Verbrauchern gelten besondere Regeln. Eine der wichtigsten: Bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, haben Verbraucher ein Widerrufsrecht. Das hat schon so manchen Handwerker seinen Werklohn gekostet: Wer nicht oder falsch über das Widerrufsrecht belehrt, bringt sich unter Umständen selbst um sein Geld. Auch in dem vom Landgericht Frankenthal entschiedenen Fall ging ein Gartenbauer leer aus, weil er das nicht beachtet hatte.
Der Fall
Der Besitzer eines großen Gartens beauftragte im April 2024 einen Gartenbauer mit umfangreichen Arbeiten. Nach Ende der Arbeiten stellte der Handwerker eine Rechnung von knapp 19.000 Euro. Es kam aber zum Streit über den vereinbarten Stundensatz sowie die Frage, ob die erstellte Rechnung prüffähig sei. Der Gartenbesitzer verweigerte schließlich die Zahlung und widerrief den Vertrag im September 2024.
Das Urteil
Das Landgericht Frankenthal stellte sich auf die Seite des Kunden. Da er Verbraucher sei und der Handwerker außerhalb von Geschäftsräumen beauftragt wurde, stehe ihm ein gesetzliches Widerrufsrecht zu. Der Gartenbauer habe den Verbraucher jedoch nicht darüber belehrt. Daher habe die vierzehntägige Widerrufsfrist hier nicht zu laufen begonnen. Es gelte vielmehr eine Frist von einem Jahr und vierzehn Tagen für den Widerruf. Diese Frist sei hier noch nicht abgelaufen gewesen. Der Kunde habe also den Vertrag wirksam widerrufen.
Der Anspruch des Gartenbauers auf Werklohn sei dadurch vollständig entfallen, so das Urteil. Wegen der unterlassenen Belehrung könne der Gartenbauer auch keinen Wertersatz oder einen sonstigen Ausgleich für seine Arbeit verlangen. Denn das europäische Verbraucherschutzrecht verlange bei einer unterlassenen Widerrufsbelehrung eine Sanktion von Unternehmern, um sie zur ordnungsgemäßen Belehrung anzuhalten, erklärten die Richterinnen und Richter.
Landgericht Frankenthal, Urteil vom 15. April 2025, Az. 8 O 214/24 Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig; es ist Berufung zum Pfälzischen Oberlandesgericht Zweibrücken möglich.
PRAXISTIPP
Handwerker finden kostenlose Informationen und Musterformulare für Widerrufsbelehrungen > beim Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH).Widerrufsrecht
Seit 2014 haben Privatkunden ein 14-tägiges Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen und bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen wurden (AGV).
Beispiel für einen AGV: Der Handwerker nimmt Aufmaß vor Ort und schließt anschließend beim Kunden direkt einen mündlichen Vertrag. In solchen Situationen müssen Betriebe Verbraucher rechtzeitig und umfassend über ihr Widerrufsrecht belehren. Ab diesem Zeitpunkt kann der Kunde 14 Tage lang den Vertrag widerrufen, ohne Angaben von Gründen.
Achtung: Falls die Belehrung über das Widerrufsrecht fehlt, falsch oder unvollständig ist, verlängert sich das Recht auf 12 Monate und 14 Tage! Beginnt der Handwerker mit seiner Arbeit auf ausdrücklichen Wunsch des Kunden vor Ablauf der 14-tägigen Frist, sollte er auf keinen Fall die Belehrung vergessen! Denn nur dann muss der Kunde bei einem Widerruf die bereits erbrachten Leistungen bezahlen. Ohne ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung geht der Handwerker in solchen Fällen leer aus!
Neue Regeln für die Widerrufsbelehrung seit dem 28. Mai 2022:
- Seit dem 28. Mai 2002 muss keine Faxnummer mehr genannt werden – weder in der Widerrufsbelehrung noch im -formular! Eine freiwillige Angabe ist weiterhin möglich.
- Die Telefonnummer muss ab dem 28. Mai 2022 in der Widerrufsbelehrung stehen (Achtung: nicht im Widerrufsformular!).
- Die E-Mail-Adresse muss in beiden angegeben sein, also auch im Widerrufsformular.
- Die Widerrufsbelehrung muss die Verbraucher auch über die Umstände, unter denen sie ein zunächst bestehendes Widerrufsrecht verlieren, informieren.
- Neu ist auch, dass dem Verbraucher eine Bestätigung zur Verfügung gestellt werden muss. Dazu muss der Unternehmer dem Verbraucher ein Dokument (als Papier, Mail, SMS etc.) zukommen lassen, in dem bestätigt wird, dass der Kunde ausdrücklich der Ausführung des Vertrags vor Ablauf der Widerrufsfrist zugestimmt und seine Kenntnis vom damit einhergehenden Verlust des Widerrufsrechts mit Vertragsausführung bestätigt hat. Auch über diesen Umstand ist der Kunde zu informieren.
KEIN Widerrufsrecht bei Notfalleinsätzen
In Einzelfällen hat der Kunde kein Widerrufsrecht, selbst wenn der Vertrag außerhalb der Geschäftsräume geschlossen wurde. Solche Ausnahmen sind zum Beispiel "Notfalleinsätze" wie dringende Reparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen, zu denen der Verbraucher den Handwerker ausdrücklich angefordert hat. Das kann etwa ein Rohrbruch sein oder die Beseitigung von Sturm- oder Hagelschäden. Achtung: Die Ausnahmen gelten nicht automatisch. Vielmehr muss der Handwerker den Verbraucher darüber belehren, dass ihm hier kein Widerrufsrecht zusteht.
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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