Die Uhrmachermeister Bernd Miller (l.) und Jürgen Köhler wollen ab dem 1. August 2021 im Verbund ausbilden. Ihre beiden Auszubildenden werden die Hälfte der Ausbildungsdauer jeweils bei Juwelier Weber und bei Uhren Köhler verbringen. Damit können alle Ausbildungsinhalte abgedeckt werden.

Die Uhrmachermeister Bernd Miller (l.) und Jürgen Köhler wollen ab dem 1. August 2021 im Verbund ausbilden. Ihre beiden Auszubildenden werden die Hälfte der Ausbildungsdauer jeweils bei Juwelier Weber und bei Uhren Köhler verbringen. Damit können alle Ausbildungsinhalte abgedeckt werden. (Foto: © Andreas Buck)

Verbundausbildung zweier Uhrmacher in Gelsenkirchen und Bochum

Bildung

Spezialisierte Betriebe wie Juwelier Weber und Uhren Köhler können die Inhalte einer Ausbildung oft nicht komplett vermitteln. Abhilfe schafft die Verbundausbildung. Der Bund und einige Länder beteiligen sich sogar mit einem Zuschuss an den Kosten.

In der Uhrmacherbranche lohnt sich die Spezialisierung. Wer in Gelsenkirchen und Umgebung nach einer exklusiven Armbanduhr oder exquisitem Goldschmuck sucht, dürfte bei Juwelier Weber fündig werden. "Es kann sehr gewinnbringend sein, sich auf ausgewählten Hersteller zu konzentrieren", so Werkstattleiter Bernd Miller.

Deren Anforderungen können einen Betrieb aber auch einengen, etwa bei der Ausbildung. Aufgrund der Spezialisierung könnte der Uhrmachermeister einem Azubi bestimmte Inhalte im Betrieb nicht vermitteln. Dazu gehören etwa die Reparatur von Tisch- und Wanduhren, aber auch die spanende Verarbeitung. Genau das kann Jürgen Köhler. "Jeder von uns hat seine Stärken, aber alleine kommen wir nicht weiter", beschreibt Bernd Miller das Dilemma. 

Intensive Zusammenarbeit

Seit mehreren Jahren arbeiten Juwelier Weber und Uhren Köhler intensiv zusammen. Sie haben eine gute Lösung gefunden, um die Wünsche ihrer Kunden zu erfüllen. "Wenn jemand bei uns eine Tisch- oder Wanduhr kaufen möchte, dann empfehle ich ihm, zu Uhren Köhler nach Bochum zu fahren", sagt Bernd Miller.

Dieses bewährte Prozedere wollen sie nun übertragen und verbünden sich in Sachen Ausbildung. Beide Betriebe suchen jeweils bereits nach einem Auszubildenden. Was der eine an praktischen Kenntnissen nicht vermitteln kann, übernimmt dann eben der andere. Dieses Modell ist als Verbundausbildung bekannt.  

GesetzesgrundlageDie Möglichkeit, im Verbund ausbilden zu können, ist in §10, Absatz 5 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) festgelegt. Dort heißt es: "Zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen der Ausbildenden können mehrere natürliche oder juristische Personen in einem Ausbildungsverbund zusammenwirken, soweit die Verantwortlichkeit für die einzelnen Ausbildungsabschnitte sowie für die Ausbildungszeit insgesamt sichergestellt ist (Verbundausbildung)."

Betrieb, Schule, ÜLU

Die Ausbildung bei Juwelier Weber und Uhren Köhler beginnt am 1. August 2021. Sie dauert drei Jahre. "Wir werden mit den beiden Auszubildenden einen festen Plan erstellen, zu welchen Zeiten sie im jeweiligen Betrieb arbeiten", erklärt Bernd Miller. Geplant ist, dass sie die Hälfte ihrer Ausbildungszeit in Gelsenkirchen und Bochum verbringen.

Die Berufsschule besuchen sie in Recklinghausen. Am Max-Born-Berufskolleg werden sie blockweise unterrichtet. Die Lehrgänge der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung (ÜLU) finden ebenfalls dort statt. "Die ÜLU umfasst zwei Wochen pro Lehrjahr. Insgesamt sind sie also sechs Wochen in den Lehrwerkstätten", rechnet der Uhrmachermeister vor.

Uhrmachermeister Bernd Miller (l.) und Jürgen Köhler wollen die Leidenschaft für ihren Beruf weitergeben. Ab dem Sommer 2021 bilden sie zwei Auszubildende in ihren Werkstätten gemeinsam aus. Foto: © Andreas BuckUhrmachermeister Bernd Miller (l.) und Jürgen Köhler wollen die Leidenschaft für ihren Beruf weitergeben. Ab dem Sommer 2021 bilden sie zwei Auszubildende in ihren Werkstätten gemeinsam aus. Foto: © Andreas Buck

Auslandspraktika geplant

Mit ihren zukünftigen Fachkräften haben die beiden Uhrmacherbetriebe viel vor. Während seiner Zeit als Dozent an einer Berufsschule in Würzburg hat Bernd Miller gute Erfahrungen mit Auslandspraktika gemacht. Diese möchte er auch seinen Lehrlingen ermöglichen.

Juwelier Weber arbeite mit relativ vielen Uhrenmanufakturen aus der Schweiz zusammen. Einige hätten bereits Interesse bekundet. Ein Auslandspraktikum bei den Eidgenossen zu absolvieren, sei jedoch kein Muss. Diese Entscheidung überlässt Bernd Miller den Auszubildenden. "Ich möchte keinen dazu verdonnern, zu Rolex zu gehen, wenn er viel lieber Cartier mag", sagt er lachend. 

AuslandspraktikumAuslandspraktika während einer Berufsausbildung werden unter anderem über die Programme Erasmus+ (Programmländer sind die Mitgliedstaaten der EU Union sowie Island, Liechtenstein, Nordmazedonien, Norwegen, Serbien und die Türkei) und AusbildungWeltweit (alle Nicht-Programmländer von Erasmus+, darunter Großbritannien und die Schweiz) gefördert. Bei Fragen können sich Betriebe und Auszubildende an das Netzwerk "Berufsbildung ohne Grenzen" wenden. 

Leistungswettbewerb angepeilt

Hohe Ansprüche und Freude am Beruf verlangt er nicht nur von sich selbst, sondern auch von den Lehrlingen. Dies will Bernd Miller jedoch nicht an Noten festmachen. "Herr Köhler und ich waren keine herausragenden Schüler, aber wir haben uns in den Beruf verliebt und üben ihn mit Leidenschaft aus." Wichtiger seien ihm Qualitäten wie Geduld und Begeisterungsfähigkeit.

Dass man es auch damit weit bringen kann, haben die Uhrmachermeister selbst während ihrer Lehre bewiesen. "Wir sind beide Landessieger geworden und haben am Bundesleistungswettbewerb teilgenommen. Ich habe ihn sogar gewonnen." Eine Teilnahme, besser noch einen Sieg, wollen sie auch für ihre Azubis anpeilen.

LeistungswettbewerbBeim Leistungswettbewerb des deutschen Handwerks "PLW – Profis leisten was" kämpfen die besten Absolventen einer handwerklichen Ausbildung jedes Jahr um den Bundessieg in ihrem Gewerk. 

Relativ hohe Frauenquote

Um gewerblich-technische Berufe machen junge Frauen eher einen Bogen. Im Uhrmacherhandwerk ist ihr Anteil dagegen verhältnismäßig hoch. Das zeigt eine Statistik des Zentralverbands des Deutschen Handwerks. Demnach waren 36 der insgesamt 151 Auszubildenden im Jahr 2020 weiblich – eine Quote von rund 23 Prozent.

Geschlecht spielt keine Rolle

Deutlich besser ist sie bei Juwelier Weber. "Bei uns in der Werkstatt arbeiten drei Frauen und zwei Männer", erklärt Bernd Miller. Uhren Köhler komme mit drei männlichen und einer weiblichen Beschäftigten auf 25 Prozent. "Bei der Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber spielt das Geschlecht keine Rolle", versichert der Uhrmachermeister und macht jungen Frauen Mut, eine Ausbildung als Uhrmacherin in Erwägung zu ziehen. 

Jürgen Köhler und Bernd Miller bilden in ihren Betrieben zum ersten Mal gemeinsam aus. Sie freuen sich darauf, die Leidenschaft zu ihrem Beruf an eine neue Generation von Uhrmachern weitergeben zu können. "Mit der Verbundausbildung wollen wir motiviertes Personal heranziehen, das unsere Liebe zu Uhren mit uns teilt."

 

Gewerke übergreifende VerbundausbildungFür eine Gewerke übergreifende Verbundausbildung haben sich die Soeffing Kälte Klima GmbH aus Düsseldorf und die Elektro Knedel GmbH aus Meerbusch entschieden. Ab August 2021 sollen dort jeweils ein/e Elektroniker/in für Energie- und Gebäudetechnik ausgebildet werden. 

Zuschüsse zur Verbundausbildung

Der Bund und einige Bundesländer beteiligen sich mit einem Zuschuss an den betrieblichen Kosten einer Verbundausbildung.

Förderung des Bundes

Über das Programm "Ausbildungsplätze sichern" des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) wird im Ausbildungsjahr 2021/2022 die "pandemiebedingte Auftrags- und Verbundausbildung" gefördert. Die Betriebe erhalten einen Zuschuss in Höhe von 450 Euro pro Woche, maximal 8.100 Euro.

Achtung! Sofern es eine Förderung des Bundes und eines Bundeslandes für die Verbundausbildung gibt, sollten Betriebe darauf achten, ob sie beides in Anspruch nehmen dürfen.  

Förderung der Bundesländer

In Baden-Württemberg beteiligt sich das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau mit einen Zuschuss an einer Verbundausbildung (Stand: 30. April 2021). Gezahlt werden einmalig 2.000 Euro pro Ausbildungsplatz beziehungsweise 1.000 Euro für Verbundausbildung, wenn der Partnerbetrieb eine Bildungseinrichtung ist und die Dauer der Ausbildung im Partnerbetrieb mindestens 20 Wochen beträgt. Auch Kurzarbeit im Stammbetrieb wird gefördert. In diesem Falle liegt der Zuschuss bei einmalig 1.000 Euro pro Ausbildungsplatz, wenn die Dauer der Ausbildung im Partnerbetrieb und der Kurzarbeit mindestens 4 Wochen beträgt.

In Bayern gibt es kein Landesprogramm, aus dem die Betriebe einen Zuschuss zur Verbundausbildung erhalten (Stand: 30. April 2021).

In Berlin beteiligt sich die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales mit einem Zuschuss an der Verbundausbildung (Stand: 30. April 2021). Mit der Umsetzung hat das Land die Handwerkskammer Berlin betraut. Ihr zufolge beträgt der Zuschuss für jeden nachgewiesenen Ausbildungstag beim Verbundpartner maximal 40 Euro pro Ausbildungsverhältnis. Die Förderhöhe ist nach der Ausbildungsdauer gestaffelt. 

  • für eine 3,5-jährige Ausbildung beträgt die Förderhöhe bis zu 7.500 Euro.
  • für eine 3-jährige Ausbildung beträgt die Förderhöhe bis zu 6.500 Euro Euro.  
  • für eine 2-jährige Ausbildung gelten bestimmte Bedingungen. Die Förderhöhe beträgt bis zu 2.500 Euro. 

In Brandenburg sind das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Energie sowie das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz die Fördermittelgeber bei einer Verbundausbildung (Stand: 30. April 2021). Der Zuschuss kann bei der Investitionsbank des Landes Brandenburg beantragt werden. Die Förderung ist in drei Module unterteilt. Die Pauschale beträgt pro Lehrgangstag und Auszubildenden: 

  • 33 Euro für das Modul "Verbundausbildung" 
  • 39 Euro für das Modul "Vermittlung von Zusatzqualifikationen und Schlüsselkompetenzen"
  • 31,50 Euro für das Modul "Durchführung fachspezifischer Lehrgänge zur Prüfungsvorbereitung"

 Die förderfähigen Gesamtausgaben werden in einer Höhe von 90 Prozent gefördert. 

In Bremen fördert die Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa, dass sich Betriebe zu einem Ausbildungsverbund zusammenschließen (Stand: 30. April 2021). Laut der Handelskammer Bremen erhält der Leitbetrieb eine einmalige Förderung in Höhe von 4.000 Euro.  

In Hamburg zahlt die Behörde für Schule und Verwaltung einen Zuschuss, wenn sich Kleinst- und Kleinbetriebe für die Verbundausbildung entscheiden (Stand: 30. April 2021). Die Höhe des Zuschusses liegt bei 150 Euro je Ausbildungsmonat. Zudem erhält der Verbundkoordinator erfolgsabhängig bis zu 750 Euro. 

In Hessen hat das Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen ein spezielles Förderprogramm zur Verbundausbildung in kleinen und mittleren Unternehmen während der Corona-Pandemie aufgelegt (Stand: 30. April 2021). Es gilt für die Ausbildungsjahre 2020/2021 und 2021/2022. Die Förderung kann beim Regierungspräsidium Kassel beantragt werden. Die Förderung besteht aus: 

  • einer 100-prozentigen Erstattung der Ausbildungsvergütungen (ohne Sozialversicherungsanteile der Arbeitgeber) für das gesamte erste Ausbildungsjahr
  • einer Förderung der Mehrausgaben von Verbundausbildungen durch einen Festbetrag von 68 Euro pro externem Ausbildungstag 
  • externe volle Ausbildungstage mit E-Learning mit 34 Euro

In Mecklenburg-Vorpommern gibt es kein Landesprogramm, aus dem die Betriebe einen Zuschuss zur Verbundausbildung erhalten (Stand: 30. April 2021).

In Niedersachen wird für die Verbundausbildung ein Zuschuss von bis zu 50 Prozent der förderfähigen Ausgaben gewährt (Stand: 30. April 2021). Darunter fallen nach Informationen der NBank, der Investitions- und Förderbank des Landes Niedersachsen, folgende Kosten:

  • Bildungs- und Beratungspersonal
  • Vergütungen, Aufenthalts- und Fahrtkosten der Teilnehmenden
  • Verbrauchsgüter und Ausstattungsgegenstände
  • pauschalierte indirekte Ausgaben  

In Nordrhein-Westfalen fördert das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales die Verbundausbildung einmalig mit bis zu 4.500 Euro pro Ausbildungsplatz (Stand: 30. April 2021). 

In Rheinland-Pfalz gibt es kein Landesprogramm, aus dem die Betriebe einen Zuschuss zur Verbundausbildung erhalten (Stand: 30. April 2021).  

Im Saarland gibt es kein Landesprogramm, aus dem die Betriebe einen Zuschuss zur Verbundausbildung erhalten (Stand: 30. April 2021).

In Sachsen gewährt die Sächsische Aufbaubank für die Verbundausbildung eine Pauschale pro Teilnehmerwoche der Ausbildung beim Verbundpartner in Höhe von 150 Euro (Stand: 30. April 2021).

In Sachsen-Anhalt gibt es kein Landesprogramm, aus dem die Betriebe einen Zuschuss zur Verbundausbildung erhalten (Stand: 30. April 2021). 

In Schleswig-Holstein gibt es kein Landesprogramm, aus dem die Betriebe einen Zuschuss zur Verbundausbildung erhalten (Stand: 30. April 2021).

In Thüringen gibt es kein Landesprogramm, aus dem die Betriebe einen Zuschuss zur Verbundausbildung erhalten (Stand: 30. April 2021).

Text: / handwerksblatt.de

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