Vom CNC-Fräser zum Ausbilder: Nach seinem Unfall nahm Matthias Heß (r.) die Herausforderung einer neuen Aufgabe im Maschinenbaubetrieb Lienenbrügger an. Nun erklärt er dem Berufsnachwuchs, darunter Max Johrden (l.), die Arbeitsschritte der Metall-Zerspanung. HWK-Inklusionsberater Bernhard Stüer (M.) unterstützte die berufliche Neuorientierung beim Arbeitgeber. (Foto: © Andreas Buck)

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Neue Perspektive nach Unfall

Wenn Handwerksbetriebe Menschen mit Behinderungen beschäftigen wollen, hilft die Handwerkskammer Münster bei der Gestaltung des Arbeitsplatzes und der Beschaffung von Fördermitteln.

Die Bedienung der CNC-Fräse war schon mehrere Jahre die Hauptaufgabe von Matthias Heß bei dem Handwerksunternehmen Maschinenbau Lienenbrügger in Dülmen – bis er sich bei einem Gleitschirmunfall den ersten Lendenwirbel brach. Die Arbeit an der Maschine konnte er nicht mehr machen. Mit Unterstützung der Inklusionsberatung der Handwerkskammer Münster fand er im Betrieb eine neue Perspektive. Eine Böe erfasste Matthias Heß beim Gleitschirmstart im Sauerland und ließ ihn aus zehn Metern Höhe zu Boden stürzen. Der Aufprall war so heftig, dass er sich nicht mehr bewegen konnte. "Ich wurde mit einem Hubschrauber direkt in eine Klinik geflogen und unmittelbar ärztlich versorgt. Aber durch den Bruch des ersten Lendenwirbels bleibt mein Geh- und Stehvermögen auf Dauer eingeschränkt", musste Heß erfahren. Auch drei Operationen und eine anschließende intensive Rehabilitationsmaßnahme konnten das nicht gänzlich verhindern.

Die alte Arbeit ging nicht mehr

Ein Wiedereingliederungsversuch an seinem alten Arbeitsplatz an einer großen CNC-Fräsmaschine, die von einem Podest aus eingerichtet und bedient wird, machte klar, dass der 41-Jährige diese Tätigkeit nicht mehr ausüben konnte. "Wir müssen prüfen, wie wir die Kenntnisse und die Erfahrungen von Matthias weiterhin für den Betrieb nutzen können", forderte Lienenbrügger-Geschäftsführer Frank Schaefer von seinen Führungskräften. Aus früheren Kontakten war ihm die Inklusionsberatungsstelle bei der Handwerkskammer Münster bekannt. Sie berät in Kooperation mit dem LWL-Inklusionsamt Arbeit Handwerksbetriebe bei der Beschäftigung von Menschen mit Schwerbehinderung. Ein gemeinsamer Termin mit dem Berater, Bernhard Stüer, im Betrieb wurde vereinbart.

Digitale Fähigkeiten anders genutzt

In dem Gespräch kam eine Idee auf: Der Betrieb hat Bedarf an Mitarbeitern mit Spezialwissen in Metallbearbeitung, im Umgang mit computergesteuerten Maschinen und mit Kenntnissen über die fortschreitende Digitalisierung in der Fertigung – Fähigkeiten, die Heß besitzt. Warum nicht ihn in der betriebsinternen Fortbildung von Fachkräften in der Metall-Zerspanung und der Ausbildung des Berufsnachwuchses einsetzen? Matthias Heß übernahm gerne die neue Tätigkeit als Ausbilder. Er absolvierte vorher noch eine EDV-Schulung und erwarb den Ausbildereignungsnachweis. Der Betrieb schaffte eine kleinere CNC-Universalfräsmaschine an und richtete einen Programmierarbeitsplatz ein. Dort leitet Heß nun die Auszubildenden praktisch an und vermittelt ihnen Know-how für die spätere Tätigkeit an den Großmaschinen. Die Rentenversicherung übernahm die Kosten für die EDV-Schulung und die Ausbildereignungsprüfung. Mit dem LWL-Inklusionsamt Arbeit prüfte Bernhard Stüer die Förderung der neuen Arbeitsplatzeinrichtung. "Der Betrieb kommt in besonderer Weise seiner Beschäftigungspflicht für Menschen mit Schwerbehinderung nach", befand Stüer. Für die neue Maschine und den Programmierarbeitsplatz erhielt Lienenbrügger einen Zuschuss aus Mitteln der Ausgleichsabgabe.

 

Inklusionsberatung:  Die Handwerkskammer Münster informiert und begleitet Betriebe bei der Neueinstellung, Beschäftigung oder Ausbildung von schwerbehinderten Menschen. Das LWL-Inklusionsamt Arbeit fördert die Fachberatung für Inklusion. Das Beratungsangebot umfasst Hilfe bei der Beantragung der Förderungen, Kontaktaufnahme zu den zuständigen Kostenträgern, Informationen über alle Fördermöglichkeiten bei Neueinstellungen, Ausbildung und bei bestehenden Arbeitsverhältnissen, allgemeine Informationen zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen und Hilfe bei der Suche eines geeigneten Bewerbers.
Kontakt: Bernhard Stüer, Telefon: 0251/ 5203-236, E-Mail: bernhard.stueer@hwk-muenster.de
Internet: Die Inklusionsberatung der Handwerkskammer Münster ist online hier zu finden.

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Text: / handwerksblatt.de

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