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Ein Himmel voller Geigen

Zu Besuch in der Werkstatt des deutschen Geigenbauermeisters Stephan von Baehr in Paris: Wer in eine andere Welt gelangen will, nimmt am Place Charles Fillion den viel zu schmalen Aufzug und schwebt in den 5. Stock. Hier im 17. Arrondissement ist die Werkstatt eines Meisters im wahrsten Sinne des Wortes: Stephan von Baehr baut Geigen.

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Außergewöhnliche Geigen, manche seiner Kunden würden himmlische sagen, die sich dank der Handwerkskunst des 42-Jährigen fließend in die Streichkunst des Musikers einfügen. Nein "einfügen" ist nicht das richtige Wort: Streicher und sein Werkzeug werden eins. Dabei hilft Stephan von Baehr, ein Meister seines Faches, der in Markneukirchen in Thüringen noch zu DDR-Zeiten seine Lehre bei Reinhard Bönsch begonnen hatte.

Geformt hat ihn der Weg in den Westen – dort waren die tollen Instrumente, die man während der Reparatur studieren konnte. In Bayern hat von Baehr weitergelernt, schließlich ist er in Paris beim Geigenexperten Bernard Sabatier gelandet – der Adresse in Paris! Sabatier hat ihn gefördert, Zeit gegeben zu tüfteln – "er war so etwas wie ein Mäzen". Heute ist Stephan von Baehr, der Mann mit deutschem Meisterbrief, selbstständig und beschäftigt drei Mitarbeiter.

"Musiker sind beim Kauf eines Musikinstruments oftmals fast überfordert", weiß von Baehr und mokiert sich über die Verkaufsphilosophie mancher Musikinstrumentenhändler, für die nur alt gleich teuer und teuer gleich als einzig richtig gilt. "Das ist Nonsens!" Der Markt diktiert in der Tat die teilweise horrenden Preise, das bedeute aber nicht, dass hohe Preise gleichzeitig auch ein Beweis für hohe Qualität seien.

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Von Baehr baut Geigen, Celli und Bratschen nicht nur passgenau, er optimiert auch die alten Meisterstücke. Von Baehr hält ein Fachmagazin hoch: Der 1. Konzertmeister der Wiener Philharmoniker, Rainer Honeck hält auf dem Anzeigenmotiv links eine millionenschwere Stradivari, daneben eine Geige aus der Werkstatt von Baehrs – verteufelt ähnlich, optisch leicht zu verwechseln, aber der Wiener Musiker liebt das junge Instrument, weil es fast leichter zu gebrauchen ist. Der Musiker kann sie fast leichter spielen und den Bogen zum Singen bringen.

Warum ist von Baehr nicht Geiger geworden wie seine Eltern? Die Fußstapfen der Eltern, die beide Profimusiker in der DDR waren, wären eine Option gewesen. "Aber ich hätte die gleichen Vor- und Nachteile wie sie gehabt." Sie hätten damals eben ihre Meinung gesagt – die Konsequenz: Das System schob einen Riegel vor, erschwerte und verhinderte. "Ich hätte diese Probleme bei der Studienbewerbung gehabt, deshalb habe ich mich für den handwerklichen Werdegang entschieden."

Handwerk war eine Nische im System, meint von Baehr. Es hatte eine lange anerkannte Tradition mit Ausbildung und Meisterbrief. Die Handwerker in Markneukirchen hatten es nicht leicht. Es gab Ende des 19. Jahrhunderts 300 Geigenbauer auf 5.000 Einwohner. Die Betriebszahlen gingen drastisch zurück, vor allem in DDR-Zeiten. "Der Sozialismus hat die Leute getriezt, es gab kein Material, man durfte die eigenen Kinder nicht ausbilden. Eine Zeitlang durfte gar nicht ausgebildet werden", erzählt von Baehr.

Wichtig für den Vertriebsweg der Markneukirchner waren die sogenannten Fortschicker, die Geigenhändler. Sie strichen beim Instrumentenhandel den Hauptteil des Geldes ein. Die Verkäufer lieferten die Geigen und Celli sogar bis nach Übersee.

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Von Baehr profitiert heute von seinem Standort in der Metropole Frankreichs. Die Welt wachse zusammen, Spanier besuchen ihn in seinem Atelier, Italiener, Briten – aus ganz Europa kommt die Kundschaft. "Das habe ich alles nicht gewusst und geplant, aber es ist gut", sagt von Baehr und ergänzt nicht ohne Stolz: "Ich denke, ich habe mehr Berliner in meiner Kundschaft als mancher Geigenbauer vor Ort." Und die Eltern? "Die sind beinah viel zu stolz", erzählt von Baehr und stimmt wieder seine unverwechselbare Lache an. Der Geigenbauer heute arbeitet mit Computertechnologie und neuen Techniken: Akustikmessung, Silikonabdrücken, 3-D-Technik. Mehrere Wochen rechnet der Wahl-Pariser für den Bau einer Geige.

Ziel ist es für den Geigenbauer, dass ein Musiker die alte Stradivari spielt und mit dem neuen Nachbau vergleicht. Und dann vielleicht, wie auch der Wiener Konzertmeister sagt, die neue Geige lässt sich leichter spielen. Und dabei klingt die Geige gleich gut, vielleicht sogar fast noch besser als die Millionengeige und ist im Vergleich viel, viel günstiger. "Das ist mein Ziel, und das ist meine Botschaft. Ich will hochanspruchsvoll nuancieren!"

Auch Stradivari hat interpretiert, nämlich die Handwerkskunst von Geigenbauer Andrea Amati, der rund 150 Jahre früher gelebt hat. Stradivari hat mit seinen Söhnen für kleine Räume der Barockzeit gebaut. Heute wird die Geige ganz anders beansprucht als zu Lebzeiten Stradivaris. Eine Geige soll und muss Säle mit nahezu 3.000 Besuchern beschallen.

Das Können hat sich von Baehr hart erarbeitet. Als er 1994 nach Paris übergesiedelt ist, ist er alle zwei Wochen in seine alte Heimat zurückgefahren, um seinen Meister zu machen. Mit dem Zug nach Weimar, zwei Stunden Schlaf, um dann Samstagmorgen pünktlich um 8 Uhr vor dem Meisterprüfungsausschuss anzutreten. Hat sich der Aufwand gelohnt? "Ja", sagt von Baehr. Er ist von seiner Qualifikation überzeugt. In Frankreich benötig man keinen Meister, in Deutschland seit 2004 nicht mehr. Damals ordnete die Bundesregierung mit Superminister Wolfgang Clement die Handwerksordnung neu. Unter anderem auch für Geigenbauer. Von Baehr zeigt, was es bedeutet, Meister zu sein und meisterlich zu arbeiten.

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Text: / handwerksblatt.de

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