Deutsche Firmen setzen gezielt auf Open-Source-Software (dt. "quelloffen"): Laut einer repräsentativen Bitkom-Umfrage von September 2025 nutzen fast drei Viertel aller Unternehmen mit mehr als 19 Beschäftigten diese kostenfreien Lösungen. Als größte Vorteile gelten Kosteneinsparungen (26 Prozent) sowie die Möglichkeit, den Quellcode einzusehen (19 Prozent) und anzupassen.
So funktioniert Open Source
Doch was ist Open Source eigentlich? Der zentrale Unterschied zu kommerziellen Programmen liegt in der Offenheit: Die Software-Lösungen werden unter Lizenzen veröffentlicht, die Nutzern das Recht einräumen, den Code einzusehen, zu verwenden, zu ändern und weiterzuverbreiten. Dies fördert eine weltweite Community von Entwicklern, die zusammen an der Verbesserung der Produkte arbeitet. Für Handwerksbetriebe bedeutet dies den Zugang zu einer riesigen Bibliothek an Gratis-Software, die meist gut ausgereift ist. Zu den interessantesten Kategorien für viele Gewerke zählen ERP-Systeme, spezialisierte Buchhaltungssoftware, Zeiterfassungs- und Projektmanagement-Tools sowie flexible Kollaborationsplattformen.
Weitere Vorteile von Open Source liegen in der Kostenstruktur und Flexibilität: Gerade kleinere Betriebe profitieren davon, wenn sie digitale Werkzeuge ohne hohe Lizenzkosten einsetzen können. Außerdem lassen sich viele Lösungen modular erweitern und an die spezifischen Bedürfnisse des eigenen Gewerks anpassen.
Vor- und Nachteile abwägen
Demgegenüber stehen mögliche Nachteile: Die Einrichtung von Open-Source-Software kann komplex sein. Gerade die Installation und Konfiguration von mächtigen Systemen wie ERP-Lösungen erfordert internes IT-Know-how oder die Beauftragung externer Experten. Handwerksbetriebe, die keine eigene IT-Abteilung unterhalten, sollten diesen Aufwand realistisch kalkulieren. Zudem liegt die Verantwortung für Updates und Sicherheit meist beim eigenen Betrieb.
Foto: © DHBEine weitere Besonderheit von Open-Source-Lösungen ist zudem, dass in der Regel kein zentraler Anbieter für Support und Wartung verantwortlich ist. Für Handwerker kann dies eine Herausforderung sein, wenn die technische Expertise im eigenen Betrieb fehlt. Ohne professionellen Support besteht immer das Risiko, dass sich Probleme nicht schnell lösen lassen. Denn meist basiert die Unterstützung bei quelloffener Software auf einer weltweiten Community und Internet-Foren – oder bezahlten Dienstleistern, die auf das jeweilige Produkt spezialisiert sind. Wer dieses Risiko nicht eingehen möchte, sollte nur auf Lösungen setzen, die gegen monatliche oder jährliche Gebühren spezielle Versionen anbieten, die auch einen Support beinhalten. Allerdings kann dies die ursprünglichen Kostenvorteile wieder spürbar reduzieren.
Kriterien für die Auswahl
Die Entscheidung für oder gegen eine Open-Source-Lösung sollte immer auf einer sorgfältigen Analyse basieren. Ein wichtiger Aspekt ist die aktive Community für das jeweilige Produkt – denn diese sichert nicht nur die Stabilität und ständige Weiterentwicklung, sondern auch den kostenfreien Support. Ebenso entscheidend ist die Skalierbarkeit des Tools, damit die Software auch bei wachsendem Geschäftsvolumen weiterhin funktioniert. Für sensible Daten gilt: DSGVO, GoBD, revisionssichere Archivierung und Rollen-Rechte-Konzepte müssen sauber umgesetzt sein. Eine strategische Partnerschaft mit einem erfahrenen Dienstleister kann helfen, die anfängliche Komplexität zu überwinden und die regelmäßige Wartung zu organisieren.
Chance für digital-affine Betriebe
Fazit: Open Source ist im Handwerk kein Selbstläufer. Fehlender Support und die komplexe Einrichtung können zur Hürde werden. Doch für Betriebe, die bereit sind, sich mit digitalen Lösungen intensiv zu beschäftigen, bietet Open Source viele Chancen: von Kostensenkung über Prozessoptimierung bis hin zur Unabhängigkeit von großen Softwarefirmen. Wer die richtigen Tools auswählt und bei Bedarf externe Unterstützung einbindet, kann die Vorteile von Open Source voll ausschöpfen und so die digitale Transformation im eigenen Betrieb vorantreiben.
Der Umstieg auf Open-Source-Lösungen
Ziele
– Welche Probleme sollen mit Open-Source-Produkten gelöst oder verbessert werden?
– Welche Prozesse sind geeignet?
- Wo bleibt Spezial- oder proprietäre Software notwendig?
IT
– Welche Systeme und Schnittstellen sind im Einsatz, wie ERP, Buchhaltung, Zeiterfassung, Projektmanagement?
– Ist die vorhandene Hardware leistungsfähig genug für die geplanten Lösungen?
Anforderungen
– Welche Kernfunktionen und technischen Anforderungen sind zwingend erforderlich, wie Mehrbenutzerbetrieb, Rechte, Auswertungen, Exporte?
– Welche Anforderungen gelten für Sprache, Oberfläche, mobile Nutzung und Browser?
Organisation
– Unter welcher Open-Source-Lizenz wie GPL, MIT, Apache steht die Lösung, und welche Folgen hat das für Nutzung und Anpassung?
– Werden DSGVO, GoBD, Archivierungspflichten und Vorgaben der Betriebsprüfung erfüllt?
Kosten
– Wie hoch sind die Gesamtkosten, inklusive Einrichtung, Anpassung, Schulung, Support und Datenmigration?
– Welche Kosten- und Nutzenunterschiede ergeben sich zwischen Eigenbetrieb wie Self-Hosting und Hosting durch einen Dienstleister?
Know-how
– Sind im Betrieb ausreichende IT-Kenntnisse für Installation, Updates und Fehlerbehebung vorhanden?
– Wer übernimmt die Verantwortung für Systempflege, Rechteverwaltung und Datensicherung?
Produktauswahl
– Welche Produktkategorien werden benötigt?
– Welche Lösungen kommen in die engere Auswahl?
– Wie schneiden diese bei Funktionsumfang, Community, Roadmap, Dokumentation und Referenzen ab?
Pilotprojekt
– Welcher Bereich eignet sich für ein Pilotprojekt?
– Wie lange soll die Testphase laufen?
– Nach welchen Kriterien werden Erfolg, Bedienbarkeit, Stabilität und Akzeptanz bewertet?
Daten-Migration
– In welche Formate lassen sich Daten exportieren? Wurden Testmigrationen geprüft?
– Welche Schnittstellen sind geplant?
Support
– Gibt es professionellen Support? Wie aktiv sind Community und Entwicklerteams? Wie gut ist die Dokumentation?
– Wie werden Updates, Patches, Backups und Rollenrechte organisiert?
Umstieg
– Welche Schulungen und Leitfäden erleichtern den Einstieg?
– Ist eine Übergangsphase mit parallelem Betrieb von alter und neuer Lösung geplant, um Ausfälle im Tagesgeschäft zu vermeiden?
Abschluss-Check
– Erzielen die Open-Source-Lösungen spürbare Vorteile, wie Zeitersparnis, weniger Medienbrüche, Auswertungen?
– Sind Stabilität, Support und Erweiterbarkeit gegeben – ohne dass neue Abhängigkeiten entstehen?
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Text:
Thomas Busch /
handwerksblatt.de
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