Petra Dick-Walther sorgt sich um die bürokratische Belastung des Handwerks.

Petra Dick-Walther sorgt sich um die bürokratische Belastung des Handwerks. (Foto: © Kristina Schäfer)

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Bei mir ist hängen geblieben, dass man etwas erreichen kann

Handwerkspolitik

Handwerksunternehmerin Petra Dick-Walther ist seit Mitte Mai Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium – die Themen Bürokratie und Fachkräftemangel hat sie aus dem Handwerk mitgenommen.

Seit Mitte Mai ist Petra Dick-Walther Staatssekretärin im Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau in Mainz. Zuvor leitete die 54-jährige liberale Politikerin einen Dachdeckerbetrieb in ihrer Heimatstadt Bad Dürkheim. Mit dem DHB sprach Dick-Walther über ihre Beziehung zum Handwerk, über ihre Schwerpunkte in der Handwerkspolitik und über die aktuellen Materialengpässe.

DHB: Wie sind Sie zur Politik gekommen?
Dick-Walther: Ich komme aus einer liberalen Familie und habe politisches Engagement früh an der Seite meines Vaters erlebt. Ein Schlüsselerlebnis war, als Georg Gölter, damals Kultusminister, nach Bad Dürkheim gekommen ist. Ich war vielleicht 14 Jahre alt und wir wollten ein Schulfest organisieren. Das war uns aber vom Schulleiter verweigert worden. Georg Gölter sprach über Schülermitverwaltung, über Verantwortung und Engagement. 'Bei uns ist das aber nicht so‘, habe ich ihm gesagt und am Schluss haben wir uns richtig gekabbelt. Ein paar Tage später bin ich zum Schulleiter zitiert worden, der sich tatsächlich wegen des untersagten Schulfestes gegenüber dem Ministerium rechtfertigen musste. Schlussendlich durften wir unser Fest feiern. Bei mir ist damals hängen geblieben, dass man etwas erreichen kann, wenn man sich engagiert. Mit 16 Jahren bin ich in die FDP eingetreten, habe die Jungen Liberalen in Bad Dürkheim gegründet und sitze seit 2004 im Stadtrat und seit 2019 im Kreistag.

DHB: Erzählen Sie uns doch ein bisschen über Ihren Hintergrund im Handwerk.
Dick-Walther: Wir sind ein mittelständisch geführter Dachdeckerbetrieb mit 23 Mitarbeitern. Der Betrieb besteht bereits in der dritten Generation und wurde von meinem Schwiegervater gegründet. Mein Mann und mein Schwager haben den Betrieb viele Jahre lang geführt und Ende 2012 haben mein Neffe und ich das Unternehmen als gemeinsame Inhaber und Geschäftsführer übernommen. Inzwischen bin ich natürlich ausgeschieden...

DHB: Welche Erfahrungen aus dem Handwerk haben Sie ins Wirtschaftsministerium mitgenommen?
Dick-Walther: Was mich beschäftigt, ist zum einen die Bürokratie. Wenn Sie einen mittelständischen Handwerksbetrieb leiten, dann sind sie von 7 Uhr morgens bis 7 Uhr abends sprichwörtlich "selbst und ständig". Das fängt an bei der natürlich wichtigen Arbeitssicherheit, geht über Anträge an die Kommune – etwa für eine Straßensperrung – bis hin zur Statistik für das Statistische Landesamt. Leider gibt es hier keine einfachen Lösungen, aber ich habe das Thema im Hinterkopf. Und es ist wichtig, bei jeder neuen Entscheidung zu hinterfragen, was diese für Unternehmen bedeutet. Die anderen großen Themen sind für mich ganz klar der Fachkräftemangel und das Bild des Handwerks in der Gesellschaft. Der Beruf des Dachdeckers gilt vielfach als wenig attraktiv – weil die jungen Leute zu wenig über den Beruf wissen. Wie bei vielen anderen Handwerksberufen herrscht ein Bild vor, das vielleicht vor 50 Jahren einmal richtig war: schmutzig, wenig lukrativ, nicht attraktiv. Noch immer wissen zu wenige Menschen, wie sehr das Handwerk heute mit moderner Technik, mit Innovation und der Digitalisierung verbunden ist und vor allem, welche Chancen es jungen Menschen bietet. Ich möchte, dass gesehen wird: Die akademische und die berufliche Ausbildung sind absolut gleichwertig.

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DHB: Das Handwerk hofft weiter auf ein Azubi-Ticket. Entsprechend groß war die Sorge, als ein Teil des Verkehrsressorts dem Umweltministerium zugeteilt wurde. Wie geht es hier weiter?
Dick-Walther: Hier liegt die Zuständigkeit seit Mai im Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität. Ich weiß von meinem Kollegen Andy Becht, dass die Zusammenarbeit sehr gut funktioniert und weiter ein sehr enger Austausch besteht.

DHB: Wie sieht es mit der Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Transformation, dem Arbeitsministerium, aus?
Dick-Walther: Das Transformationsministerium hat die Mitarbeiter im Blick, während wir als Wirtschaftsministerium vornehmlich auf die Unternehmen schauen. Wir ergänzen uns gegenseitig und haben das gemeinsame Ziel, beide Seiten, die Unternehmen und die Arbeitnehmer, bei der Transformation der Unternehmen und der Arbeitswelt zu unterstützen. Auch hier funktioniert der Austausch zwischen beiden Häusern gut.

DHB: Was können Sie uns zu Verkehrsprojekten wie der Mittelrheinbrücke und dem A1-Lückenschluss sagen?
Dick-Walther: Beide Projekte laufen wie geplant. Bei der A1 erwarten wir den Planfeststellungsbeschluss, um Baurecht zu erhalten. Bei der Mittelrheinbrücke läuft derzeit das Raumordnungsverfahren.

DHB: Welche Auswirkungen wird die Coronakrise noch auf das Handwerk haben?
Dick-Walther: Schwierige Frage! Wir haben alle Bedenken, was den Herbst betrifft, weil wir eben nicht wissen, wie sich die Delta-Variante ausbreiten wird. Insgesamt muss man sagen, dass das Handwerk alles in allem mit einem blauen Auge durch die Krise gekommen ist – von den körpernahen Dienstleistungen abgesehen. Eine große Herausforderung sehe ich derzeit in der Rohstoffknappheit – eine mittelbare Folge der Pandemie durch gestörte Lieferketten. Damit kämpfen gerade zahlreiche Handwerksbetriebe.

DHB: Welche politischen Lösungsansätze gibt es?
Dick-Walther: Ich habe noch keinen Ansatz gehört, der mich überzeugt hat. Mit Exportverboten würden wir uns über kurz oder lang selbst schaden, weil unsere Handelspartner im Gegenzug mit Exportverboten reagieren müssten. Auch der Vorschlag, mehr Holz zu schlagen, wird das aktuelle Problem nicht beheben, weil die Sägewerke an der Kapazitätsgrenze arbeiten. Ich vertraue darauf, dass der Markt das wieder reguliert.

Das Interview führte Andreas Schröder.

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Text: / handwerksblatt.de

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