Arbeitsunfall

Das Dach ist nur in Ausnahmefällen der Arbeitsweg. (Foto: © Benoit Daoust/123RF.com)

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Arbeitsunfall: Dachfenster kann Arbeitsweg sein

Ein Lackierer klettert auf dem Weg zum Job durch das Dachfenster und bricht sich ein Bein. Das ist ein Wegeunfall, für den die Berufsgenossenschaft aufkommt, sagt das Bundessozialgericht.

Auf dem Weg zur Arbeit und zurück werden Unfälle als sogenannte Wegeunfälle von der Berufsgenossenschaft abgedeckt, Umwege jedoch nur in Ausnahmefällen. ­­Für den Unfallschutz muss man sich auf dem unmittelbaren Arbeitsweg befinden, der an der Haustür beginnt. Was gilt aber, wenn der Versicherte nicht durch die Haustür geht, sondern durch ein Fenster klettert? 

Der Fall

Ein Kfz-Lackierer wollte zu einem wichtigen Kundentermin gehen, kam aber aus seiner Wohnung nicht heraus, weil er beim Aufschließen der Wohnungstür den Schlüssel abgebrochen hatte. Daher kletterte er durch das Dachgeschossfenster des zweieinhalbstöckigen Hauses, um rechtzeitig beim Termin zu sein. Doch er rutschte ab und fiel auf das Vordach. Dabei brach er sich das linke Bein. Der bei der Berufsgenossenschaft (BG) Verkehr pflichtversicherte selbstständige Kfz-Lackierer meldete den Fenstersturz  als Wegeunfall.

Das Urteil

Die gesetzliche Unfallversicherung muss einspringen, sagt das Gericht. Ist die Außentür eines Hauses nicht erreichbar, kann ausnahmsweise auch das Klettern durch ein Fenster zum "unmittelbaren Arbeitsweg" gehören, so das Urteil. Normalerweise sei mit dem Durchschreiten der Außentür eines Hauses die Versicherung in der Pflicht. Daher gebe es im Treppenhaus noch keinen Unfallschutz, im ebenfalls privaten Vorgarten dagegen schon. Da der Mann nicht durch die Außentür das Haus verlassen konnte, führe ausnahmsweise auch das Klettern durch das Fenster zur Anerkennung als Wegeunfall, urteilten die obersten Sozialrichter.

Kein Freibrief für Kletterer

Es komme dabei nicht darauf an, ob das Vordach zur privaten Sphäre oder zum öffentlichen Bereich gehöre. Das Fenster sei die Grenze zwischen häuslichem und Außenbereich. Der Lackierer habe sich nach dem Durchklettern im Außenbereich befunden, so dass Unfallschutz bestand. 

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Dies sei aber "kein Freibrief für Kletterer", betonten die Richter. Der Weg durch das Fenster könne nur dann versichert sein, wenn der normale Weg durch Wohnungs- und Haustür versperrt sei. Außerdem müsse der Kletterweg auch "geeignet" sein. Das Herausklettern beispielsweise im zwölften Stock zähle dazu nicht. Gegen einen Unfallschutz würde auch sprechen, wenn der Beschäftigte sich auf diese Weise als "guter Turner" beweisen oder seinen Übermut und Imponiergehabe Ausdruck verleihen wolle. Dafür habe es hier aber keine Hinweise gegeben.

Bundessozialgericht, Urteil vom 31. August 2017, Az. B 2 U 2/16 R

Text: / handwerksblatt.de

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