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HWK des Saarlandes | November 2025
Meistervorbereitung Maurer und Betonbauer
Bei der Handwerkskammer des Saarlandes findet ein Vorbereitungskurs (Teil II) für angehende Maurer- und Betonbauermeister statt.
Neben einer offenen Gasflamme sollte man keine brennbaren Stoffe benutzen. (Foto: © Daniele Mezzadri/123RF.com)
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November 2025
Wer einen Teppichboden mit einem leicht entzündleichen Kleber anbringt, obwohl nebenan ein Gasofen mit offener Flamme läuft, handelt grob fahrlässig. Sein Arbeitgeber haftet für die anschließende Explosion.
Ein Handwerker führte Teppich-Klebearbeiten mit einem lösemittelhaltigen Klebstoff aus, obwohl im Nebenraum ein Propangas-Ofen mit offener Flamme lief. Es kam zu einer Explosion, Menschen wurden schwer verletzt. Die Berufsgenossenschaft nahm den Chef und die Firma in die Verantwortung. Mit Recht, entschied das Oberlandesgericht München.
Ein Betrieb, der auf Bodenlegearbeiten aller Art spezialisiert ist, hatte den Auftrag, im Keller eines Hauses einen Teppich zu verkleben. Der Geschäftsführer führte diese Arbeiten gemeinsam mit einem angestellten Parkettleger und einem Schülerpraktikanten aus. Für das Verkleben des Teppichs benutzten sie einen lösemittelhaltigen Klebstoff. Auf der Verpackung stand, dass der Kleber "leicht entzündlich" sei, weshalb man ihn von Zündquellen fernhalten und nur in "ausreichend belüfteten Bereichen" verarbeiten sollte.
Trotzdem blieb im Nebenraum des Kellers während der Arbeiten ein Heizofen in Betrieb. Dieser Ofen war an eine Propangasflasche angeschlossen und erzeugte eine offene Flamme. Der Geschäftsführer wusste, dass sich der Ofen dort befand, überprüfte aber nicht, ob er eingeschaltet war. Außerdem waren alle Kellerfenster zu diesem Zeitpunkt entweder geschlossen oder nur gekippt. Wegen der Dämpfe des leicht entzündlichen Klebstoffs und der offenen Flamme explodierte das Gas-Luft-Gemisch. Dabei erlitten alle Beteiligten schwerste Verbrennungen.
Die Berufsgenossenschaft erkannte für den Arbeiter und den Schülerpraktikanten die Versicherungsfälle an und regulierte den Schaden. Den Geschäftsführer nahm sie aber nach § 110 Sozialgesetzbuch (SGB) VII und die GmbH als Arbeitgeberin nach § 111 SGB VII in Regress.
Das Landgericht München und anschließend das Oberlandesgericht (OLG) München sahen eine grob fahrlässige Herbeiführung der Explosion durch den Geschäftsführer – ohne jegliches Mitverschulden des Arbeiters und des Schülerpraktikanten – und gaben der Berufsgenossenschaft Recht.
Die Unfallverhütungsvorschriften des § 2 Abs. 1 DGUV Vorschrift 1 (Grundsätze der Prävention) in Verbindung mit § 7 Abs. 4 Satz 1, 3, 4 Nr. 2 und § 12 Abs. 2 Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) seien schwerwiegend verletzt worden. Denn einerseits habe der Handwerker nicht für eine ausreichende Belüftung gesorgt, andererseits eine potenzielle Zündquelle nicht entfernt. Diese Unfallverhütungsvorschriften dienen dem Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer. Ein Verstoß gegen sie stellt laut Gericht nicht nur eine objektiv schwere Pflichtwidrigkeit dar, sondern lässt auch den Schluss auf ein subjektiv gesteigertes Verschulden zu.
Auch in subjektiver Hinsicht trage der Geschäftsführer hier eine deutlich gesteigerte Schuld, weil er die von dem lösemittelhaltigen Klebstoff ausgehende Gefahr kannte und wusste, welche Gefahrzeichen sich auf diesem Produkt befanden, erklärte das OLG. Zudem habe er seine Familie unter Hinweis auf den giftigen Kleber kurz vor dem Vorfall weggeschickt, nicht aber seine Mitarbeiter. Über die Gefahren des Klebstoffes hatte der Geschäftsführer den Schülerpraktikanten und seinen Mitarbeiter nicht aufgeklärt, und diese lediglich darauf hingewiesen, dass im Keller nicht geraucht werden dürfe.
Somit habe der Geschäftsführer auch als Bauleiter für die GmbH grob fahrlässig den Versicherungsfall verursacht. Die Berufsgenossenschaft kann ihn und die Firma in Regress nehmen.
Oberlandesgericht München, Hinweisbeschluss vom 3. März 2025, Az. 19 U 3486/24 e;
Vorinstanz: Landgericht München II, Urteil vom 17. September 2024, Az. 14 O 4947/20
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