Zwei Schülerinnen tragen eine VR-Brille und einen Controller in der rechten Hand. Sie stehen im Berufsinformationszentrum der Agentur für Arbeit Duisburg.

Virtuelle Realität (VR) ist ein starkes Medium, um Jugendliche mit der Berufswelt vertraut zu machen. Die Berufsberatung der Arbeitsagentur Duisburg bringt VR-Brillen in den Unterricht der neunten Klasse mit. Darauf sind 360-Grad-Filme der Reihe "Dein erster Tag" zu sehen. (Foto: © Agentur für Arbeit Duisburg)

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Berufsberatung der Arbeitsagentur setzt auf VR-Brillen und Cardboards

Schüler sollten die Berufswahl als etwas Positives und Spannendes erleben. Die Agentur für Arbeit Duisburg ermöglicht ihnen, mit VR-Brillen und Cardboards regelrecht in die Welt der Berufe einzutauchen.

Jugendliche verbringen viel Zeit mit ihrem Smartphone und am PC. Hoch im Kurs stehen Spiele und Videos auf Plattformen wie YouTube oder TikTok. Filme hat auch die Bundesagentur für Arbeit zu bieten. Das Portal Berufe TV informiert über die Vielfalt der Ausbildungs- und Studienberufe.

Seit rund drei Jahren geht die Arbeitsagentur Duisburg noch einen Schritt weiter. Sie verbindet das Visuelle mit dem Spielerischen. "Virtual Reality ist ein vielversprechender Ansatz, mit dem wir junge Menschen in der Berufsberatung zielgruppengerecht ansprechen", erklärt Geschäftsführer Marcus Zimmermann. 

Übergangssystem Schule-Beruf

In Nordrhein-Westfalen beginnt die Berufsorientierung an den allgemeinbildenden Schulen ab der achten Klasse. Das Übergangssystem Schule-Beruf "Kein Abschluss ohne Anschluss" besteht aus mehreren, aufeinander aufbauenden Elementen.

Am Anfang stehen die Potenzialanalyse und die Berufsfelderkundung. Mithilfe der Potenzialanalyse sollen die Jugendlichen ihre Fähigkeiten und Stärken erkennen. Die Berufsfelderkundung soll ihnen Einblicke in die betriebliche Praxis dreier verschiedener Berufsfelder geben. 

VR-Brillen in Klasse neun

Auf dieser Basis baut die Berufsberatung der Arbeitsagentur Duisburg auf, wenn sie in der neunten Klasse mit den VR-Brillen die Klassen besucht. "Idealerweise wissen die Schülerinnen und Schüler schon aus der Potenzialanalyse und aus der Berufsfelderkundung, zu welchen Berufen sie tendieren. Ansonsten können wir noch Interessenstests vorschalten oder wir beraten sie individuell", sagt Berufsberater Hubert Kathage. 

360°-Videos von "Dein erster Tag"

Auf den VR-Brillen sind die 360°-Filme aus der Reihe "Dein erster Tag" gespeichert. Für die Berufsberatung mit den VR-Brillen ist eine Doppelstunde vorgesehen. Bis zu 16 Oculus Go kann Hubert Kathage zu den Terminen mitbringen. In der Regel teilen sich zwei Schüler eine VR-Brille. Die Filme haben eine Länge von bis zu fünf Minuten. "In 45 Minuten bleibt also viel Zeit, um sich einige Videos anzuschauen."

 

360°-Videos Im Rahmen des Projekts "Dein erster Tag" produziert die Studio2B GmbH Videos über Ausbildungsberufe mit einer 360°-Kamera. Damit können die Filme auch über eine Virtual-Reality-Brille (VR-Brille) oder über Cardboards mit dem Smartphone abgespielt werden. 360°-Videos vermitteln den Schülern das Gefühl, mitten im Geschehen zu sein. Sie können von Schulen, Verbänden, Unternehmen und Berufsberatungen für die digitale Berufsorientierung genutzt werden.

Starke Wirkung der VR-Brillen

Berufsberatung mit VR-Brillen: Im Berufsinformationszentrum der Arbeitsagentur Duisburg können Schülerinnen und Schüler verschiedene Ausbildungsberufe in VR kennenlernen. Foto: © Agentur für Arbeit DuisburgBerufsberatung mit VR-Brillen: Im Berufsinformationszentrum der Arbeitsagentur Duisburg können Schülerinnen und Schüler verschiedene Ausbildungsberufe in VR kennenlernen. Foto: © Agentur für Arbeit Duisburg

Das Auswahlmenü ist nach Berufsfeldern sortiert. Mit einem Controller können sich die Neuntklässler in der VR-Brille durch das Angebot klicken. "In vielen Videos stellen Auszubildende ihren Beruf vor und sprechen die Jugendlichen an", erklärt Hubert Kathage.

Diese unmittelbaren Eindrücke zeigen Wirkung. Die Schülerinnen und Schüler sind Teil der Handlung. "Der Effekt der VR-Brillen ist stark. Man sieht, wie die Jugendlichen auf ihren Stühlen mitgehen", hat der Berufsberater beobachtet.

Von den direkt adressierten Botschaften der Azubis könne auch ein zusätzlicher Motivationsschub ausgehen. "Wenn sie sagen, dass man als Tischler eine gute Mathenote braucht, strengen sich die Schüler im Unterricht eventuell mehr an." 

Cardboards als Alternative

Als Alternative zu den VR-Brillen setzt die Arbeitsagentur Duisburg Cardboards in der Berufsberatung ein. Foto: © handwerksblatt.deAls Alternative zu den VR-Brillen setzt die Arbeitsagentur Duisburg Cardboards in der Berufsberatung ein. Foto: © handwerksblatt.de

Vor rund drei Jahren hat die Arbeitsagentur Duisburg die VR-Brillen angeschafft. Zuletzt war Hubert Kathage mit ihnen im Dezember 2021 unterwegs. Lockdowns und Schulschließungen haben eine kontinuierliche Berufsorientierung an den Schulen extrem erschwert.

Dank einer glücklichen Fügung konnten die Berufsberater ihre Arbeit dennoch fortsetzen. "Kurz vor dem Ausbruch der Pandemie haben wir ergänzend zu den VR-Brillen so genannte Cardboards besorgt." Die VR-Brillen zum Selberbauen sind eine praktische Alternative.

Cardboards bestehen aus fester, zusammenfaltbarer Pappe und zwei Linsen, hinter denen ein Smartphone platziert wird. "Wir haben den Schulklassen einige Sätze geschickt, so dass wir die Berufsorientierung trotz Corona online anbieten konnten."  

Werbewirksames Geschenk

Ein schöner Nebeneffekt: Nach der Berufsberatung dürfen die Schülerinnen und Schüler die Cardboards behalten. Die Arbeitsagentur Duisburg bleibt damit aber auch bei ihnen präsent. Sie hat die Papp-VR-Brillen nach ihren Vorstellungen gestalten lassen. Der Aufdruck "Blick in deine Zukunft" regt die Jugendlichen dazu an, bei der Berufswahl am Ball zu bleiben. Über aufgedruckte QR-Codes können sie direkt zur Internetseite der Arbeitsagentur und zum Jobcenter der Ruhrgebietsstadt gelangen.

 

VR und AR in der beruflichen Bildung Im Themen-Special "Digitale Medien in der Berufsausbildung" auf handwerksblatt.de berichten wir in einigen Artikeln über den Einsatz von Virtual Reality und Augmented Reality in der beruflichen Bildung. Handwerk hautnah erleben können "Elektroniker für Maschinen und Antriebstechnik im 360°-Film". Das Fraunhofer-Institut IGD berät Betriebe, Kammern und Verbände, "Wie AR und VR die Ausbildung bereichern können". Das Projekt "InKraFT ermöglicht Kfz-Ausbildung für Behinderte", indem es ihnen ein neues Lernerlebnis mittels VR und AR schafft. Das Erich-Gutenberg-Berufskolleg in Köln ermöglicht kaufmännischen Azubis einen "Kopfsprung in digitale Welten" mit VR- oder Mixed-Reality-Brillen.

Aus sicherer Distanz

"Die VR-Brillen sind ein niederschwelliges Angebot", ist Heike Börries, Pressesprecherin der Duisburger Arbeitsagentur überzeugt. Um erste Eindrücke der Berufswelt zu sammeln, bräuchten die jungen Menschen zunächst weder einen Betrieb zu besuchen noch ein Praktikum zu absolvieren. "Die VR-Brillen ermöglichen ihnen, sich aus geschützter Distanz an Berufe heranzutasten." So könne man auch Einblicke in gefährliche oder sensible Berufsfelder erhalten. 

Ungewöhnliche Berufe kennenlernen

Mitunter sorgen die Berufswahltests für fragende Gesichter. Marcus Zimmermann fällt dazu besonders ein Beruf aus dem Handwerk ein. Schülern, denen viel Empathie, Organisationstalent und Flexibilität attestiert wird, werde oft die Ausbildung zur Bestattungsfachkraft nahegelegt. "Die Jugendlichen sind erst überrascht, aber wenn sie sich ein Video dazu anschauen, sehen sie den Vorschlag durchaus positiv", sagt der Geschäftsführer der Arbeitsagentur Duisburg.

Jugendliche beeindrucken

Die VR-Brillen und Cardboards sind einer von vielen Bausteinen in der Berufsberatung der Arbeitsagentur Duisburg. Wie stark sie den Berufswahlprozess beeinflussen, kann Hubert Kathage nicht messen. Dem Berufsberater ist es wichtig, dass die Jugendlichen die Berufsorientierung als etwas Positives und Spannendes erleben. "Viele Jugendliche haben noch nie eine VR-Brille getragen. Wenn wir die 14-, 15-Jährigen damit in einer Phase ihres Lebens beeindrucken, in der sie mit vielen anderen Themen beschäftigt sind, haben wir schon viel erreicht."

 

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Text: / handwerksblatt.de