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Bilanzgespräche: Gute Argumente für Handwerker

Einmal im Jahr ist der Tag der Wahrheit. Dann kommen die Zahlen auf den Tisch, dann wird das Unternehmen aus Bankensicht durchleuchtet. Wichtig im Jahresabschluss-Gespräch sind für Handwerks-Unternehmer deshalb gute Vorbereitung und schlüssige Argumente.

Der Knackpunkt im Bilanzgespräch ist immer wieder das Umlaufvermögen. Offene Forderungen, alte Möhrchen im Warenlager oder unvollendete Arbeiten. Die bewertet der Firmenkundenbetreuer möglicherweise völlig anders als der Handwerker. "Irgendwann kommt schon noch ein Kunde, der das kauft ..." Ein beliebtes Argument, warum alte Möhrchen aus dem Lager immer noch zum Einkaufswert bilanziert werden, obwohl sie längst veraltet sind oder sogar nur noch Schrottwert haben. Der Posten wird als "Hoffnungswert" weitergeführt.

Im Bilanzgespräch spricht der Firmenkundenbetreuer dieses Thema zweifellos an. "Denn die größten Risiken der meisten Unternehmen stecken im Umlaufvermögen", weiß Unternehmensberater Carl-Dietrich Sander. Zum Beispiel im Lagerbestand. "Vielleicht findet der Betrieb sogar irgendwann noch einen Käufer, doch ein ordentlicher Kaufmann", so Sander, "muss Teilwertberichtigungen bilden, wenn er erkennt, dass ein Gegenstand im normalen Geschäftsbetrieb nicht mehr in normaler Zeit zu veräußern ist".

Typische Streitfrage: Offene Forderungen

"Normalität" sei natürlich interpretierbar. Aber man sollte es nicht übertreiben. "Kein Unternehmer will sich schließlich gegenüber seiner Hausbank dem Vorwurf der Bilanzschönung aussetzen", so der Neusser Unternehmensberater, der selbst lange hinter dem Bankschreibtisch gesessen hat – zuletzt als Vorstandsmitglied der Volksbank Neuss eG – und nun seit fast zehn Jahren Handwerker und Mittelständler in Bankfragen berät und sie unter anderem auf das Bilanzgespräch vorbereitet.

Typische Streitfrage im Jahresabschlussgespräch seien offene Forderungen. "Der Kunde wird schon zahlen", argumentiert der Handwerker. Weniger optimistisch ist meist sein Gegenüber. Bei einem üblichen Zahlungsziel von 30 Tagen wird der Banker spätestens stutzig, wenn Forderungen mehr als 90 Tage unbezahlt in der Liste stehen. Seiner Meinung nach sind sie dann in der Jahresbilanz nur noch unter Abschlägen als werthaltig anzusehen. "Der Unternehmer muss dann schlüssig darlegen können, wie er sein Mahnwesen organisiert und umsetzt", so Sander. Ein straff organisiertes Mahnwesen könnte die Sorgenfalten auf der Stirn des Firmenkundenbetreuers glätten.

Über den Daumen geschätzt?

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Noch kritischer sei die Bewertung von halbfertigen und fertigen Arbeiten, besonders bei Bau- und Ausbaubetrieben sowie Zulieferern. Wie werden hier Baustellen und Werkstücke bewertet, die zum Bilanzstichtag halbfertig sind oder noch nicht ausgeliefert und fakturiert wurden? Hier achten die Banken darauf, wie diese Bilanzwerte ermittelt werden, betont Banken-Experte Sander. "Wurden sie über den Daumen geschätzt, oder gibt es eine projekt- beziehungsweise werkstückbegleitende Kalkulation, die auch noch belegbar ist?"

Wer hier nicht überzeugend darlegen kann, dem wird die Bank Risiken in die Bilanz rechnen, die der Unternehmer selbst gar nicht sieht und vielleicht sogar auch gar nicht hat – oder nicht sehen will. Der Selbstständige müsse daher immer belegen können, wie er zu nachvollziehbaren Werten kommt.

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Im Bankgespräch muss immer der Unternehmer antworten

Welche Risiken in der Bilanz schlummern, sei im Übrigen nicht nur aus Bankensicht wichtig, denn irgendwann können sie auch das Unternehmen selbst einholen. Wenn die Risiken nicht mehr zu vertuschen sind, könnten gleich hohe Beträge auf einmal als Abschreibungen fällig werden, die dann oft direkt in Verluste münden. "Wer jedes Jahr seine Bestände vorsichtig bewertet, muss gegebenenfalls jedes Jahr eine kleinere Summe abschreiben, hat aber eine saubere Bilanz und kann ruhig schlafen."

Ganz klare Botschaft von Unternehmensberater Sander: Im Bankgespräch muss immer der Unternehmer antworten, nie der Steuerberater. Denn auch daran misst der Banker die kaufmännische Qualifikation des Unternehmers im Rahmen des Ratings. "Die Vorbereitungszeit ist deshalb eine gute Investition." Und wenn die Zahlen mal nicht so gut sind, dann sollte man sich Argumente zurechtlegen, was man dagegen tun will.

Die Themen des Bilanzgesprächs!

Ein Schwerpunkt des Jahresabschluss-Gesprächs ist die Analyse der Gewinn- und Verlustrechnung. Darauf sollte man sich besonders gut vorbereiten. Für die Banken und Sparkassen ist die Umsatzentwicklung wichtig. Steigende Umsätze freuen natürlich auch den Bankberater. Stagniert der Umsatz oder ist er sogar rückläufig, dann wird er nach den Gründen fragen und nach Maßnahmen, wie der Unternehmer die Entwicklung auffangen will. Wurde der Umsatzrückgang bewusst herbeigeführt, dann sollte man die Gründe schon bei der Übergabe des Jahresabschlusses beschreiben.

Der Banker wird nach der Entwicklung des Rohertrags und der Rohertragsquote fragen und sich erkundigen, ob Preisdruck besteht und wie der Unternehmer damit umgeht. Die Bank analysiert auch die Kosten  und natürlich den Jahreserfolg, also Gewinn oder Verlust.

Ein weiteres wichtiges Thema ist die Eigenkapitalquote im Unternehmen und wie sich diese zusammen gesetzt (Eigenkapitalstruktur). Hier liegt der Hase im Pfeffer, denn die Hausbank bezieht häufig weniger Positionen in die Eigenkapitalquote ein als der Unternehmer selbst (Beispiel: Mezzanine-Finanzierungen).

Im Jahresabschluss-Gespräch wird auch die Verschuldungs-Situation besprochen, und ein ganz wichtiger Punkt aus Sicht der Banken ist das Umlaufvermögen. Der Firmenkundenberater möchte zum Beispiel wissen: Gibt es Forderungen an Kunden? Wie sieht der Warenbestand aus? Wie viele fertige Produkte und wie viele halbfertige Arbeiten gibt es aktuell?

Oft fragt die Bank auch nach dem Anlagevermögen. Man möchte wissen, ob der Betrieb auf dem neuesten Stand ist oder ob es einen Investitions- oder Instandhaltungsstau gibt, der zu Problemen führen könnte.

Text: / handwerksblatt.de

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