Auch günstige Arbeit muss mangelfrei sein
Selbst wenn der Kunde unbedingt sparen will: Ein Handwerker muss einen Auftrag ablehnen, wenn er nicht die nötigen Fähigkeiten besitzt. Anderenfalls haftet er für die Folgen seiner Fehler.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Das aktuelle Baurecht
Wer nicht über die nötige Fachkunde als Dachdecker verfügt, darf einen Auftrag nicht übernehmen. Tut er das doch, muss er für die Folgen geradestehen. Das Oberlandesgericht (OLG) Rostock hat einen Handwerker zum Schadensersatz verurteilt.
Der Fall
Ein Bauherr ließ sein Dach sanieren und drei Schornsteine mit Schindeln verkleiden. Später reklamierte er die Arbeiten. Laut Gutachten eines Bausachverständigen waren sie äußerst mangelhaft ausgefallen und "alles verpfuscht". Deshalb forderte der Kunde von dem Handwerker einen Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung.
Der wehrte sich mit dem Argument, er und seine Helfer seien keine "ausgebildeten und versierten" Dachdecker. Der Hauseigentümer, den er schon lange persönlich kenne, habe schließlich gewusst, wen er engagiert habe. Man habe mit ihm alle Arbeitsschritte bis ins Detail besprochen. Außerdem habe der Bauherr unbedingt sparen wollen und verlangt, bei der Sanierung "bereits vorhandene Alt-Materialien" zu verwenden.
Das Urteil
Das Oberlandesgericht (OLG) Rostock ließ das nicht gelten. Wer einen Auftrag übernehme, signalisiere damit, dass er ihn auch durchführen könne, stellten die Richter klar. Fehlten dem Werkunternehmer die dafür nötigen Kenntnisse und Fähigkeiten, hätte er den Auftrag ablehnen oder sich die Sachkunde aneignen müssen. Der Auftragnehmer sei zwar ein "fachfremder" Handwerker. Deshalb könne er aber nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass der Auftraggeber mit ihm eine Leistung minderer Qualität vereinbart habe.
Günstiger Preis ist kein Argument bei Fehlern
Zwar habe der Bauherr die Vorgabe gemacht, die Sanierung absolut preisgünstig auszuführen. Dadurch entfalle aber nicht die Pflicht des Handwerkers, ein einwandfreies Werk abzuliefern, betonte das Gericht. Wenn das mit dem vorhandenen Material nicht möglich war, hätte er den Hauseigentümer darauf hinweisen und Bedenken anmelden müssen, so das Urteil. Der Handwerker hätte den Kunden unmissverständlich über Folgen und Risiken dieser Vorgehensweise informieren müssen. Die pauschale Aussage, er habe "alles" mit dem Kunden besprochen, beweise nicht, dass er dem Auftraggeber deutlich vor Augen geführt habe, dass er mit der "Billig-Variante" das angestrebte Ergebnis nicht erreichen könne.
Daher musste der Handwerker für die Folgen seiner schlechten Leistung geradestehen und zahlen.
Oberlandesgericht Rostock, Urteil vom 15. September 2020, Az. 4 U 16/20
Prüf- und Hinweispflicht: Möglichst früh und schriftlich
Der Bundesgerichtshof bestätigt immer wieder seine strenge Rechtsprechung zur Prüf- und Hinweispflicht des Werkunternehmers. Die Pflicht ist eine vertragliche Hauptpflicht, sie gilt gleichermaßen beim VOB- und beim BGB-Bauvertrag. Handwerker wüssten aber oft nicht genau, wie weit ihre Prüf- und Hinweispflichten gehen, sagt Michael Bier, Jurist und Abteilungsleiter bei der Handwerkskammer Düsseldorf. "Der Handwerker schuldet seinem Aufraggeber grundsätzlich ein mängelfreies Werk. Es muss im Ergebnis funktionstauglich sein. Die Mängelhaftung ist eine verschuldensunabhängige, das heißt, es ist egal, ob die Gründe im eigenen Verantwortungsbereich des Handwerkers oder außerhalb seiner Leistung liegen."
Bei Zweifeln an der Funktionsfähigkeit des Werkes muss der Handwerker dem Kunden möglichst früh einen schriftlichen Hinweis geben. Und er muss im Streitfall beweisen, dass er dies getan hat. Dann ist er von seiner Haftung befreit. Verletzt der Handwerksunternehmer seine Prüf- und Hinweispflicht, kann er für Mängel haften – auch wenn er selbst fehlerlos gearbeitet hat.
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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