Ein Rechtsgutachten zeigt, wie man die Kosten am Bau reduzieren kann. Die vertraglichen Standards sollten einfacher werden und die DIN-Normen sollten nicht mehr alleiniger Maßstab sein, fordert ein Baurechtsexperte.
So ist die derzeitige Lage: Das aktuelle Baurecht verlangt die Beachtung vieler technischer Regeln beim Wohnungsbau. Diese müssen befolgt werden, egal ob sie wirklich nötig sind oder nicht. Die DIN-Normen werden fast automatisch als die anerkannten Regeln der Technik angesehen. Es ist fast unmöglich, rechtssicher von diesen Normen abzuweichen. Bauherren und Projektentwickler riskieren sonst hohe Ansprüche bei Mängeln.
DIN-Normen und andere technische Bestimmungen sorgen für Sicherheit und Qualität. Doch manchmal haben sie unbeabsichtigte Nebeneffekte. Der Grund dafür ist die "Vermutungswirkung". Man nimmt an, dass diese Normen allgemein anerkannte Regeln der Technik(aRdT) sind. So bekommen sie dadurch eine faktische Rechtskraft für Bauverträge, weil angenommen wird, dass die Parteien diese Regeln und damit den Standard wollen. Dieser Standard ist jedoch nicht immer notwendig oder begründet. Es ist fast unmöglich, rechtssicher davon abzuweichen. Deshalb treiben viele DIN-Normen und Baubestimmungen die Kosten in die Höhe.
Neue Verträge zwischen Unternehmen ermöglichen
Der Lösungsansatz: In seinem Rechtsgutachten zeigt Prof. Stefan Leupertz, wie man günstiger mit einfacheren Standards bauen kann, um zu mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Die vertragliche Absenkung technischer Anforderungen sei ohne nennenswerte Abzüge bei der Wohnqualität möglich, erklärt er. Man müsse dafür vertragliche Spielräume schaffen.
Dafür müssten gesetzliche Änderungen im Bauvertragsrecht her: Werkverträge sollten per Gesetz nicht mehr an die allgemein anerkannten Regeln der Technik gekoppelt sein. Bei Verträgen, die keine Verbraucher betreffen, sollten die Vertragspartner per Gesetz flexibler sein können, besonders wenn es um technische Standards bei Bauprojekten geht. Sie sollten nichtzwingend den aRdT folgen müssen. Stattdessen sollten sie frei entscheiden können, welche Pläne und Bauarbeiten umgesetzt werden. Diese Freiheit sollte von Anfang an und auch während des Baus gelten.
B2B-Bauverträge
Leupertz schlägt konkret vor, dass für B2B-Verträge gesetzlich geregelt wird, dass die allgemeinen technischen Regeln nur dann gelten, wenn dies ausdrücklich vereinbart werden. Außerdem fordert er, dass es möglich sein sollte, Verträge später anzupassen, um das Bauziel zu erreichen, ohne dass zuvor eine Einigung (§ 650b BGB) gesucht wurde. Überdies sollte man Preisanpassungen erlauben, wenn sich der Vertrag ändert (§ 650c BGB). Das Gesetz sollte klarstellen, dass bei Bauablaufstörungen private Regelungen vorgehen. Die VOB/B soll nach Leupertz Ansicht an die vorgeschlagenen gesetzlichen Neuregelungen angepasst werden.
Verträge mit Verbrauchern
Das Gutachten des Baurechtlers macht auch Vorschläge zur Neuregelung von § 633 BGB. Bei Verbraucherverträgen sollen die allgemein aRdT weiterhin "automatisch" gelten, solange nichts anderes vereinbart wird. Es soll möglich werden, von den üblichen technischen Standards in Verträgen abzuweichen. Dabei müssen die Verbraucher jedoch klar darauf hingewiesen werden. Der Hinweis müsse schriftlich erfolgen, ähnlich wie die Belehrung über das Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen (§ 355 BGB). Dies sorge für Rechtssicherheit bei Abweichungen vom Standard. Zusätzlich sollten Verbraucher darauf hingewiesen werden, sich über die Details und möglichen Folgen der Abweichung zu informieren, falls sie es für notwendig halten.
Damit würden einerseits die Verbraucher vor Überraschungseffekten geschützt und andererseits könnten die Anbieter einfacher und kostengünstiger bauen.
In seinem Rechtsgutachten stellt Professor Leupertz fest: "Die Umsetzung dieser Vorschläge würde naturgemäß alleine kaum ausreichen, um die derzeitige Spannungssituation im Wohnungsbau zu bereinigen. Sie wäre aber zweifellos ein wesentlicher Bestandteil für eine Lösung in absehbarer Zeit." Die vorgeschlagene gesetzliche Konstruktion könne ohne großen Aufwand umgesetzt und in das bestehende Werkvertragsrechtintegriert werden.
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