Neues Bauvertragsrecht: Eine E-Mail genügt nicht zur Kündigung
Ein eingescanntes Schreiben, das per E-Mail verschickt wird, reicht bei neueren Bauverträgen nicht für die Kündigung. Das Oberlandesgericht München verlangt ein Schreiben in Papierform.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Das aktuelle Baurecht
Bauverträge schließt man häufig per E-Mail. Wer kündigen will, sollte das schriftlich tun. Ein eingescanntes Schreiben reicht bei neueren Verträgen nicht, stellte das Oberlandesgericht München klar.
Der Fall
Bauherr und Auftragnehmer schlossen nach dem 1.Januar 2018 einen Bauvertrag auf Grundlage der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil B (VOB/B). Der Auftraggeber kündigte den Vertrag vorzeitig. Seine Begründung: Der Auftragnehmer hätte die Arbeit teilweise verweigert. Das Kündigungsschreiben unterschrieb er, scannte es ein und schickte das Dokument per E-Mail. Der Auftragnehmer forderte daraufhin seinen restlichen Werklohn und klagte. Der Bauherer wiederum rechnete die Forderung mit den ihm entstandenen Kosten der Ersatzvornahme, also den erhöhten Kosten für die Fertigstellung des Bauvorhabens durch ein anderes Unternehmen, auf.
Das Urteil
Das Landgericht Traunstein und das Oberlandesgericht München stellten sich auf die Seite des Auftragnehmers. Zwar verlange § 8 Abs. 6 VOB/B keine Form, erklärten die Richter. Allerdings gilt nach dem neuen Bauvertragsrecht (§§ 650a bis 650 Bürgerliches Gesetzbuch ((BGB) für alle nach dem 1. Januar 2018 geschlossenen Bauverträge die Schriftform nach § 650 h BGB. Das Kündigungsschreiben ist demnach vom Verfasser eigenhändig mit Namen zu unterzeichnen (§ 126 BGB) und dem Empfänger zu übergeben. Wird das Schriftstück eingescannt, entspricht dies nicht den Vorgaben, so die Gerichte. Die Kündigung des Bauvertrags war damit unwirksam. Dem Auftraggeber standen daher auch keine aufrechenbaren Kosten der Ersatzvornahme zu.
Praxistipp
"Der Zeitpunkt der Vertragsunterschrift entscheidet", sagt Stefan Reichert, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht bei Ecovis. Bauverträge mit Abschluss vor dem 1. Januar 2018 bleiben weiterhin mittels einfacher E-Mail kündbar (siehe Urteil des OLG Frankfurt/Main, Az. 4 U 265/14). Der Rat der Experten: "Wer prinzipiell auf der sicheren Seite sein will, verschickt die Schreiben klassisch mit eigenhändiger Unterschrift per Post und am besten per Einschreiben. Der elektronische Weg kann zwar vielleicht einfacher sein. Die Kündigung scheitert so aber garantiert nicht an der fehlenden Schriftform wie in dem beschriebenen Fall."
Oberlandesgericht München, Beschluss vom 3.Februar 2022, Az. 28 U 3344/21 Bau;
Vorinstanz: Landgericht Traunstein, Urteil vom 30. April 2021, Az. 2 O 2621/20
Quelle: Ecovis
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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