Eine Teilabnahme kann auch Schlussabnahme genannt werden
Auch wenn der Bauherr ein "Schlussabnahme-Hausübergabe-Protokoll" unterschreibt, kommt es auf dessen wirklichen Willen an. Sind noch Leistungen offen, handelt es sich um eine Teilabnahme.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Die Abnahme: Dreh- und Angelpunkt für Handwerkerrechte
Die Abnahme der Werkleistung ist ein wichtiger Schritt, denn danach wird in der Regel die Zahlung fällig. Wenn der Bau aber noch nicht komplett fertig ist, sollte die Abnahme nur in Teilen erfolgen. Der Unternehmer kann bei einer Teilabnahme aber nicht sofort den Gesamtpreis verlangen. Vor allem bei Mängeln kann der Bauherr auch einen Teil des Werklohns zurückbehalten.
Der Fall
Der Bauherr bestellte ein Fertighaus. Es gab ein "Grundpaket" für das Haus sowie diverse Zusatzleistungen, vor allem ein "Elektropaket Keller" und ein "Technikpaket Heizung". Im Februar 2016 unterzeichnete der Bauherr ein "Schlussabnahme-Hausübergabe-Protokoll". Zu diesem Zeitpunkt waren aber die Arbeiten zu den technischen Gewerken noch nicht abgeschlossen, speziell der Einbau der Heizung lief noch. Diese Arbeiten wurden erst im Mai 2016 fertig gestellt.
Von der Schlussrechnung behielt der Bauherr einen großen Betrag ein, weil die Heizkreisverteiler waren nicht wie vereinbart unter, sondern über Putz verlegt waren. Das Bauunternehmen klagte den offenen Betrag ein. Ein Zurückbehaltungsrecht habe der Bauherr nicht, weil er das Werk vorbehaltlos abgenommen hätte.
Das Urteil
Das Oberlandesgericht gab dem Bauherrn recht. Die Richter legten dafür das "Übergabeprotokoll" aus. Danach ergebe sich, dass nur eine Teilabnahme gemeint war, nämlich im Hinblick auf das Grundpaket. Es stehe jedem Auftraggeber frei, solche Teile des Werks vor Fertigstellung des Gesamtwerkes abzunehmen. Voraussetzung für die Teilabnahme sei, dass diese sich abtrennen lassen und eine sinnvolle selbstständige Einheit darstelle.
Hier habe der Bauherr eine solche Zusatzleistung erkennbar nicht abnehmen wollen, da diese auch zu diesem Zeitpunkt noch nicht fertig gestellt waren. Denn dessen Erklärung bezog sich ausweislich des Protokolls nur auf bestimmte, genau bezeichnete Komponenten des Hauses. Eine ausdrückliche Abnahme von anderen, nach Errichtung des Hauses zu erbringenden Leistungen war hiermit ersichtlich nicht verbunden.
Der Bauherr sei auch nicht verpflichtet, einen Vorbehalt dieser Arbeiten in sein Abnahmeprotokoll aufzunehmen. Da die falsche Lage des Heizkreisverteilers tatsächlich einen wesentlichen Mangel darstelle, sei die Forderung des Bauunternehmens unbegründet und seine Klage damit erfolglos.
Oberlandesgericht München, Urteil vom 15. Januar 2020, Az. 20 U 1051/19
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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