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HWK des Saarlandes | Oktober 2024
htw saar lädt ein zum Technologietag
Die Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes lädt alle Interessierten am 24. Oktober herzlich zum Technologietag "Additive Fertigung" ein.
Alle Arbeitgeber sind verpflichtet, ihren in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmern mindestens auf 12 Euro Brutto-Stundenlohn zu zahlen. (Foto: © gwolters/123RF.com)
Vorlesen:
Zum 1. Oktober ist der gesetzliche Mindestlohn auf 12 Euro gestiegen. Die Erhöhung um fast 15 Prozent und neue Dokumentationspflichten belasten viele Handwerksbetriebe. Wir geben einen Überblick über die Gesetzeslage.
Zum 1. Oktober 2022 ist der gesetzliche Mindestlohn auf 12 Euro je Zeitstunde gestiegen, nachdem er zuletzt zum 1. Juli 2022 auf 10,45 Euro erhöht wurde. Die damit verbundene Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns um fast 15 Prozent innerhalb von drei Monaten bedeutet für viele Handwerksbetriebe eine spürbare Erhöhung der Personalkosten.
Zeitgleich mit der Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns wurden überdies die Schwellenwerte der Mindestlohndokumentationspflichten-Verordnung angepasst, die Ausnahmen von den Dokumentationspflichten nach dem Mindestlohngesetz vorsieht.
Alle Arbeitgeber sind verpflichtet, ihren in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmern mindestens auf 12 Euro Brutto-Stundenlohn zu zahlen. Der Mindestlohn stellt eine absolute Lohnuntergrenze dar. Geregelt ist der gesetzliche Mindestlohn im Mindestlohngesetz (MiLoG). Im Anschluss an die jetzige gesetzlich veranlasste Mindestlohnerhöhung soll die von der Bundesregierung als ständiges Gremium errichtete Mindestlohnkommission wieder alle zwei Jahre über eine Anpassung des gesetzlichen Mindestlohns, nächstmalig bis zum 30. Juni 2023 mit Wirkung zum 1. Januar 2024 entscheiden.
Arbeitgeber, für deren Branche auf der Grundlage des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AEntG) ein Branchen-Mindestlohntarifvertrag abgeschlossen wurde, sind zur Zahlung der in diesen Tarifverträgen vereinbarten höheren Mindestentgelte verpflichtet. Das betrifft etwa das Gerüstbauerhandwerk oder das Gebäudereiniger-Handwerk. Das gilt gleichermaßen für höhere Entgelte aufgrund eines Tarifvertrages, an die Arbeitgeber kraft Tarifbindung oder Allgemeinve-bindlicherklärung nach dem Tarifvertragsgesetz gebunden sind.
Zudem sind die Regelungen des AEntG und die auf dieser Grundlage erlassenen Rechtsverornungen gegenüber dem MiLoG spezieller. Sie gelten daher vorrangig vor den im MiLoG normierten Bestimmungen zur Unabdingbarkeit und Fälligkeit des gesetzlichen Mindestlohnanspruchs sowie den Sonderregelungen zum Führen von Arbeitszeitkonten und Arbeitszeitdokumentationen.
Alle in Deutschland beschäftigten inländischen und nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn (§ 22 Abs. 1 S. 1 MiLoG). Dies gilt auch für Teilzeitbeschäftigte und geringfügig Beschäftigte im Sinne des § 8 SGB IV sowie für mitarbeitende Familienangehörige, sofern diese als Arbeitnehmer anzusehen sind.
Achtung: Bei Minijobbern mit vertraglich fest vereinbarter Arbeitszeit ist bei Mindestlohnerhöhungen stets die Stundenanzahl entsprechend zu vermindern, damit die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschritten wird. Diese wird zum 1. Oktober 2022 auf 520 Euro pro Monat erhöht und steigt künftig mit jeder Anpassung des gesetzlichen Mindestlohns (mehr dazu siehe unten).
Keinen Mindestlohnanspruch haben:
Für bestimmte Praktika sieht das MiLoG einige Sonderregelungen vor. So unterfallen folgende Praktikanten nicht dem Mindestlohn:
• Pflichtpraktikum: Praktikanten, die ein Praktikum verpflichtend im Rahmen einer schulischen oder hochschulischen Bestimmung, einer Ausbildungsordnung oder im Rahmen einer Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie absolvieren (§ 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 MiLoG). Hier ergibt sich die zeitliche Beschränkung des Praktikums aus der Schul-, Ausbildungs- oder Studienordnung.
• Orientierungspraktikum: Praktikanten, die ein Praktikum freiwillig bis zu einer Dauer von drei Monaten ableisten, welches der Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums dient (§ 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 MiLoG). Wegen der Ausrichtung am Orientierungszweck des Praktikums muss dieses zeitlich vor der Aufnahme der darauf bezogenen Berufsausbildung bzw. des Studiums liegen. Spätestens nach Abschluss eines Bachelorstudiums ist kein Orientierungspraktikum mehr möglich.
• Berufs- oder hochschulbegleitendes Praktikum: Praktikanten, die ein Praktikum mit einer Dauer von bis zu drei Monaten begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung absolvieren, soweit nicht bereits zuvor mit demselben Ausbildenden ein solches Praktikumsverhältnis bestanden hat (§ 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 MiLoG). Unter "demselben Ausbildenden" ist nicht die Person des Ausbilders, sondern die rechtliche Persönlichkeit gemeint, also das ausbildende Unternehmen. Ein zuvor nach § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 MiLoG bei demselben Ausbilder abgeleistete Praktikum löst keinen Mindestlohnanspruch aus. Umso wichtiger ist es daher, den Zweck und den Zeitraum des Praktikums ausreichend zu dokumentieren.
Hinweis: Dauert ein freiwilliges Praktikum länger als drei Monate, ist es rückwirkend ab dem ersten Tag der Beschäftigung mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten. In sehr engen Grenzen kann ein Praktikum allerdings auch aus Gründen in der Person des Praktikanten rechtlich oder tatsächlich unterbrochen und um die Dauer der Unterbrechungszeit verlängert werden. Das setzt jedoch voraus, dass zwischen den einzelnen Abschnitten der Praktika ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht und deren Höchstdauer insgesamt drei Monate nicht überschritten wird. Dies ist in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen.
Der jeweils geltende gesetzliche Mindestlohn ist auch für Minijobber (geringfügig Beschäftigte) und Saisonkräfte/Aushilfen (kurzfristig Beschäftigte) zu zahlen, sofern individual- oder tarifvertraglich kein höheres Entgelt vereinbart wurde. Zeitgleich mit der Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro steigt auch die Geringfügigkeitsgrenze zum 1. Oktober 2022 von 450 Euro auf 520 Euro pro Monat. Bei der Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns zum 1. Oktober 2022 muss bei Minijobbern an der Verdienstgrenze, deren Arbeitszeit vertraglich vereinbart ist, die zu leistende Stundenanzahl verringert werden, wenn die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschritten werden soll. Wie viele Stunden Minijobber bei einer Verdienstgrenze von 520 Euro und einem Mindestlohn von 12 Euro maximal pro Monat arbeiten dürfen, lässt sich anhand folgender Formel errechnen:
Minijob-Geringfügigkeitsgrenze */* gesetzlicher Mindestlohn = Höchstzahl der Arbeitsstunden pro Monat
Also: 520 Euro im Monat */* 12 Euro = 43,33 Arbeitsstunden pro Monat
Hinweis: Ab dem 1. Oktober 2022 wird die Entgeltgrenze für Minijobs dynamisch ausgestaltet, so dass künftig eine Wochenarbeitszeit von durchschnittlich 10 Stunden zum gesetzlichen Mindestlohn ermöglicht wird.
Das MiLoG setzt den Mindestlohn als Brutto-Stundenlohn "je Zeitstunde" fest. Er ist unabhängig von der zeitlichen Lage der Arbeit oder den mit der Arbeitsleistung verbundenen Umständen oder Ergebnissen zu zahlen. Das MiLoG begründet keine Ansprüche für Zeiten ohne Arbeitsleistung, selbst wenn der Vergütungsanspruch fortbesteht, wie etwa im Fall der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, nach § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz, Urlaubsentgelt nach § 11 Bundesurlaubsgesetz oder Mutterschutzlohn nach § 18 Mutterschutzgesetz.
Für derartige Vergütungsansprüche ist der Mindestlohn jedoch der Höhe nach zu beachten, soweit die Vergütungsansprüche nach dem Referenzprinzip oder dem Lohnausfallprinzip zu berechnen sind. Das bedeutet im Ergebnis beispielsweise, dass der fortbestehende Vergütungsanspruch im Krankheitsfall nicht aus dem MiLoG, sondern aus der spezialgesetzlichen Regelung des Entgeltfortzahlungsgesetzes resultiert. Der gesetzliche Mindestlohnanspruch errechnet sich aus dem Produkt der im Abrechnungszeitraum tatsächlich erbrachten Arbeitsstunden und dem jeweils geltenden Mindestlohn je Zeitstunde. Erfüllt ist der Mindestlohnanspruch, wenn die für den Abrechnungszeitraum gezahlte anrechenbare Bruttovergütung den Betrag erreicht, der sich aus der Multiplikation der Anzahl der im Abrechnungszeitraum tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden mit dem gesetzlichen Mindestlohn ergibt.
Sonstige Entgeltbestandteile, die neben dem Grundlohn als verstetigtes Arbeitsentgelt geleistet werden, können auf den Mindestlohn angerechnet werden. Das MiLoG lässt es allerdings offen, welche Vergütungsbestandteile auf den gesetzlichen Mindestlohn konkret anrechenbar sind und – zusammen mit dem Grundlohn – den Mindestlohnanspruch erfüllen können. Nach der derzeitigen Rechtsprechung (vgl. dazu etwa Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. Dezember 2016, Az. 5 AZR 374/16) sind beispielsweise anrechenbar
Einmalzahlungen, die zu einem bestimmten Stichtag gezahlt werden, wie etwa eine Jahressonderzahlungen im November, sind nur im konkreten Auszahlungsmonat auf den gesetzlichen Mindestlohn anrechenbar.
Gänzlich nicht anrechenbar sind solche Zahlungen, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf die tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung beruhen. Dazu zählen etwa
Achtung: Nur bei Saisonarbeitern dürfen auf den Mindestlohnanspruch – neben dem Arbeitslohn in Geld – Sachleistungen des Arbeitgebers angerechnet werden! Der gesetzliche Mindestlohn darf in diesen Fällen nicht unterschritten werden. Auch darf die Anrechnung der Sachleistungen die Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts nicht übersteigen.
Ob ergänzend zum arbeits- bzw. tarifvertraglich festgelegten Entgelt dem Arbeitnehmer noch ein Differenzbetrag zu zahlen ist, um den zwingenden Vorgaben des MiLoG zu entsprechen, richtet sich nach dem Vergleich der Summe aus dem arbeits- bzw. tarifvertraglichen Entgelt und den anrechenbaren Entgeltbestandteilen mit der Höhe des Mindestlohnanspruchs, und zwar zu dem Fälligkeitszeitpunkt nach § 2 MiLoG.
Die gesetzliche Vergütungspflicht nach dem MiLoG unterscheidet nicht nach dem Grad der tatsächlichen Inanspruchnahme des Arbeitnehmers. Es ist daher nicht nur die Vollarbeit mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten, sondern auch die Bereitschaftszeit im Rahmen des sogenannten Bereitschaftsdienstes. Bereitschaftsdienst ist die Zeit, während derer sich der Arbeitnehmer auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle innerhalb oder außerhalb des Betriebes aufzuhalten hat, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen.
Leistet der Arbeitnehmer Vollarbeit und Bereitschaftsdienst, ist der Mindestlohnanspruch (nur) erfüllt, wenn er für die in einem Kalendermonat tatsächlich erbrachte Arbeitszeit – einschließlich der Zeiten des Bereitschaftsdienstes – mindestens die Bruttovergütung erhält, die dem Produkt der Gesamtstunden mit dem Mindestlohn entspricht.
Ein Beispiel: Der Arbeitnehmer hat eine reguläre monatliche Arbeitszeit von 170 Stunden. Zusätzlich erbringt er 10 Stunden Bereitschaftsdienst. Für die reguläre Arbeitszeit erhält er 12,50 Euro pro Stunde. Der Bereitschaftsdienst wird mit 11 Euro pro Stunde vergütet. Für seine Arbeitszeit von insgesamt 180 Stunden erhält der Arbeitnehmer einen (theoretischen) Mindestlohnanspruch von 2.160 Euro (180 Stunden x 12 Euro). Mit seinem tatsächlichen Monatsentgelt von 2.235 Euro (170 Stunden x 12,50 Euro/Stunde + 10 Stunden x 11,00 Euro/Stunde), liegt er unter Berücksichtigung seiner erbrachten Arbeitsstunden über seinem Mindestlohnanspruch, der damit erfüllt ist.
Der gesetzliche Mindestlohn ist zum Zeitpunkt der vertraglich vereinbarten Fälligkeit zu zahlen, spätestens jedoch zum letzten Bankarbeitstag (Frankfurt am Main) des Monats, der auf dem Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde (§ 2 Abs. 1 MiLoG). Das MiLoG regelt nur den Fälligkeitszeitpunkt in Bezug auf den gesetzlichen Mindestlohn. Darüber hinausgehende Entgeltansprüche werden von dieser Regelung nicht erfasst.
Achtung: Eine nicht oder nicht rechtzeitige Zahlung des Mindestlohns kann eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit darstellen!
Abweichende Fälligkeitsregelungen gelten beim Führen von Arbeitszeitkonten (sog. Flexi-Konten, vgl. § 2 Abs. 2 MiLoG): Betroffen sind Arbeitnehmer, die den Mindestlohn bzw. ein etwas höheres Entgelt als den Mindestlohn beziehen, also "mindestlohnnah" bezahlt werden. Leisten diese Arbeitnehmer Mehrarbeitsstunden (über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus), die auf ein Flexi-Konto gebucht werden, ist diese Mehrarbeit spätestens innerhalb von zwölf Kalendermonaten nach ihrer monatlichen Erfassung durch Freizeit oder Auszahlung auszugleichen. Auf das Flexi-Konto dürfen monatlich jeweils nicht mehr als 50 Prozent der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit verbucht werden, bei einem Monatssoll von 60 Arbeitsstunden also höchstens 30 Mehrarbeitsstunden monatlich. Darüber hinaus geleistete Mehrarbeit muss zwingend zum Zeitpunkt der vertraglich vereinbarten Fälligkeit bzw. spätestens im Folgemonat ausgezahlt werden.
Hinweis: Die Abrede zum Führen des mindestlohnrelevanten Flexi-Kontos muss auf einer schriftlichen individual- oder kollektivrechtlichen Vereinbarung beruhen. Endet das Arbeitsverhältnis, hat der Arbeitgeber auf dem Flexi-Konto verbliebene Arbeitsstunden spätestens in dem der Beendigung folgenden Kalendermonat auszugleichen.
Diese Vorgaben gelten nicht, wenn mit dem verstetigten, d.h. einem feststehenden regelmäßigen Bruttomonatsentgelt bereits der gesetzliche Mindestlohnanspruch auch für die Mehrarbeit erfüllt ist. Beispiel: Der Arbeitnehmer erhält bei einer vereinbarten monatlichen Arbeitszeit von 60 Stunden ein verstetigtes Monatsentgelt von 1.100 Euro brutto (= 21 Euro/Stunde). Im Januar 2023 leistet er 30 Stunden Mehrarbeit, die auf ein Flexi-Konto gebucht und im August 2023 abgebaut werden sollen. Da der rein theoretische Mindestlohnanspruch von 12 Euro/Stunde für die geleisteten Arbeitsstunden zzgl. Mehrarbeit (60 Arbeitsstunden + 30 Mehrarbeitsstunden = 90 Stunden) mit einem Monatswert von 1.080 Euro (90 Stunden x 12,00 Euro/Stunde = 1.080 Euro) bereits mit dem tatsächlich geleisteten verstetigten Arbeitsentgelt iHv. 1.100 Euro erfüllt wird, gelten die oben genannten Regelungen zur Führung der mindestlohnrelevanten Flexi-Konten für ihn nicht.
Die vorgenannten Ausführungen zu § 2 Abs. 1 und 2 MiLoG gelten ebenfalls nicht für Wertguthabenvereinbarungen im Sinne des SGB IV (vgl. § 2 Abs. 3 MiLoG).
Vereinbarungen, mit denen der Mindestlohnanspruch unterschritten oder in seiner Geltendmachung beschränkt wird, sind unzulässig (§ 3 S. 1 MiLoG). Außer im gerichtlichen Vergleich über bereits entstandene Ansprüche kann auf den Mindestlohnanspruch nicht verzichtet werden.
Hinsichtlich sogenannter Ausschlussfristen in Arbeits- und Tarifverträgen, welche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis an eine bestimmte Frist (z.B. drei Monate nach Fälligkeit) binden, ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wie folgt zu differenzieren: Verwendet der Arbeitgeber in einem einseitig von ihm vorgegebenen vorformulierten Arbeitsvertrag eine Ausschlussklausel, die keine Unterscheidung zwischen Ansprüchen auf den gesetzlichen Mindestlohn und sonstigen Ansprüchen vornimmt, ist die gesamte Klausel unwirksam. Das gilt jedenfalls für Arbeitsverträge, die nach dem 31. Dezember 2014 abgeschlossen wurden.
Dagegen sind tarifvertragliche Ausschlussfristen, die Ansprüche auf den gesetzlichen Mindestlohn ausschließen, nur zum Teil unwirksam, also nur insoweit, wie sie den Mindestlohnanspruch betreffen. Darüberhinausgehende Ansprüche bleiben von der Teilunwirksamkeit unberührt. Der Anspruch unterliegt einer gesetzlichen Verjährungsfrist von drei Jahren. Die Frist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist.
Das MiLoG schreibt eine Generalunternehmerhaftung vor (§ 13 MiLoG). Danach haftet der Generalunternehmer, der für die Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen einen anderen Unternehmer beauftragt, verschuldensunabhängig dafür, dass
den gesetzlichen Mindestlohn zahlen. Die Haftung beschränkt sich auf den Nettoentgeltanspruch (Bruttoentgelt unter Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen). Die Einstandspflicht für Subunternehmer umfasst alle Nachunternehmer, selbst die nicht unmittelbar von ihm beauftragten. Sie bewirkt auch, dass die Arbeitnehmer eines Sub- bzw. Nachunternehmens den ihnen vorenthaltenen Mindestlohn sofort und direkt bei dem Generalunternehmer geltend machen können. Sie müssen sich mit ihren Mindestlohnforderungen nicht zuerst klageweise an ihre eigenen Arbeitgeber wenden.
Der Auftraggeber kann sich von dieser Haftung nicht durch eine vertragliche Vereinbarung mit dem Sub- bzw. Nachunternehmer befreien.
Hinweis: Bereits aus eigenem Interesse sollten die Betriebe darauf achten, nur solche Subunternehmer einzusetzen, die den Mindestlohn an ihre Mitarbeiter zahlen und nicht von der Vergabe öffentlicher Aufträge nach dem MiLoG ausgeschlossen sind. Für die Vertragsgestaltung mit dem Subunternehmer wäre es daher jedenfalls die Aufnahme einer Bestätigung empfehlenswert, dass die Fremdfirma den gesetzlichen Mindestlohn gewährt und sie keinem Ausschluss vom öffentlichen Vergabeverfahren unterliegt.
Nach dem MiLoG müssen Arbeitgeber gewisse Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten erfüllen (§ 17 MiLoG):
Arbeitgeber sind branchenübergreifend verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit von geringfügig und kurzfristig Beschäftigten (sogenannte Minijobber, mit Ausnahme der Minijobber in Privathaushalten) spätestens zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertags aufzuzeichnen.
In den in § 2a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) aufgeführten Branchen, wie etwa dem Baugewerbe und dem Gebäudereinigungsgewerbe, sind für alle Arbeitnehmer Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit aufzuzeichnen. Nach der mit Wirkung zum 1. Oktober 2022 neu gefassten Mindestlohndokumentationspflichten-Verordnung (MiLoG-DokV) entfallen die Dokumentationspflichten allerdings, wenn das verstetigte regelmäßige Bruttomonatsentgelt des Arbeitnehmers einen Betrag von 4.176 Euro übersteigt oder alternativ 2.784 Euro übersteigt und der Arbeitgeber dieses Monatsentgelt für die letzten vollen zwölf Monate nachweislich gezahlt hat. Die genannten Stundengrenzen gelten als absolute Werte gleichermaßen für Beschäftigte in Voll- und Teilzeitarbeitsverhältnissen.
Hinweis: Der Arbeitgeber kann die Dokumentationen auf den einzelnen Arbeitnehmer delegieren, bleibt aber für deren Richtigkeit und Vollständigkeit verantwortlich. Die Doku-mentationen sind im Inland in deutscher Sprache für die gesamte Zeit der tatsächlichen Beschäftigung aufzubewahren, längstens jedoch zwei Jahre. Auf Verlangen des Zolls sind die Unterlagen auch am Ort der Beschäftigung bereitzuhalten. Verstöße gegen die Dokumentationspflichten können eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit darstellen!
Beschäftigt der Arbeitgeber in seinem Betrieb, der zu einer der im SchwarzArbG genannten Branchen zählt, enge Angehörige oder setzt er diese – branchenunabhängig – als geringfügig Beschäftigte ein, ist er in Bezug auf diese Personen von den Aufzeichnungspflichten befreit (§ 1 Abs. 2 MiLoGDokV). Zu den engen Angehörigen zählen mitarbeitende Ehegatten, eingetragene Lebenspartner sowie Kinder und Eltern des Arbeitgebers. Gleiches gilt analog für Angehörige von Organmitgliedern, wenn der Arbeitgeber eine juristische Person ist.
Überdies gelten erleichterte Arbeitszeitaufzeichnungspflichten für Arbeitnehmer, die ausschließlich mit mobilen Tätigkeiten beschäftigt sind, keinen Vorgaben zur konkreten täglichen Arbeitszeit (Beginn und Ende) unterliegen und sich ihre tägliche Arbeitszeit eigenverantwortlich einteilen (vgl. dazu die unveränderte sog. Mindestlohnaufzeichnungsverordnung – MiLoAufzV).
Die Behörden der Zollverwaltung sind befugt, zu kontrollieren, ob der Arbeitgeber seiner Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohns nachkommt (vgl. §§ 14, 15 MiLoG). Um die Kontrollen zu ermöglichen, ist es dem Zoll (Finanzkontrolle Schwarzarbeit) auch erlaubt, Grundstücke und Geschäftsräume des Arbeitgebers zu betreten, Personalien aufzunehmen und Personenbefragungen durchzuführen. Er ist dabei unter anderem berechtigt, Arbeitsverträge, Lohnabrechnungen, Nachweise über Lohnzahlungen, Arbeitszeitnachweise, Schicht- und Einsatzpläne, schriftliche Vereinbarungen über Arbeitszeitkonten sowie Geschäftsunterlagen einzusehen. Der Arbeitgeber muss die Kontrollen dulden und muss daran mitwirken.
Verstößt der Arbeitgeber gegen seine Pflichten aus dem MiLoG, begeht er eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld bis zu 500.000 Euro sanktioniert werden kann (§ 21 MiLoG). Arbeitgeber, die sich wegen eines erheblichen MiLoG-Verstoßes als unzuverlässig erwiesen haben, können vom öffentlichen Vergabeverfahren für eine gewisse Zeit bis zur nachgewiesenen Wiederherstellung ihrer Zuverlässigkeit ausgeschlossen werden. Dies ist bereits möglich, wenn der Unternehmer wegen eines entsprechenden Verstoßes mit einer Geldbuße von mindestens 2.500 Euro belegt wurde.
Hinweis: Der Unternehmer kann die Wiederherstellung seiner Zuverlässigkeit nachweisen, indem er nach Löschung des MiLoG-Verstoßes im Gewerbezentralregister (nach drei bis fünf Jahren) zum Beispiel einen neuen Registerauszug vorlegt.
Quelle: ZDH
Beratung zum Mindestlohn Handwerker sollten bei Fragen zum Mindestlohn auch die Beratungsangebote der Innungen, Fachverbände und Handwerkskammern nutzen!
Weitergehende Informationen rund um den gesetzlichen Mindestlohn gibt die Hotline des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) unter Tel. 030 / 60 28 00 28 und die Internetseiten des BMAS sowie des Zolls. DHB jetzt auch digital!Einfach hier klicken und für das digitale DHB registrieren!
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